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Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Drittes Quartal.

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Zur Charakteristik des Manchesterthums.

Stelle eine nothleidende und unzufriedene Bevölkerung setzen. So ist mit dem
Schutze die erste unerläßliche Vorbedingung für den Handel mit dein Auslande,
das Vorhandensein von Tanschobjectcn für den auswärtigen Handel, so sind mit
andern Worten die Mittel zum Kaufe, Ausfuhrgcgenstände entstanden."

Ferner: ein verständig organisirtes Schutzsystem wird ausländische Waaren
weder unterschiedslos ausschließen, noch unterschiedslos zulassen. Es wird deu
Anspruch jeder einzelnen fremden Waare auf Zulaß sowohl in Betreff der Plätze,
ans welche", als in Betreff der Bedingungen, unter welchen sie zuzulassen sind,
einer strengen Untersuchung unterwerfen. "Folgende Waaren würden," sagt unsre
Quelle mit Bezug auf England, "bei dieser Prüfung als berechigt erscheinen, zu¬
gelassen zu werden: Erstens solche Artikel, welche unser Boden und Klima nicht
erzeugen kaun, also etwa Thee, Kaffee, Zucker, Indigo, Gewürze, Harze, Oele u. tgi.
Zweitens solche, die wir zu Hause produciren könnten, aber nur in gerincr Güte
und mit unverhältnißmäßigen Kosten. Wein z. B. könnte in England zur Noth ge¬
baut werden, aber er würde viel theurer zu stehen kommen als spanischer, portugiesischer
und französischer, von seiner schlechten Qualität ganz zu schweigen. Es kann vollkommen
begründet sein, daß die Nation durch Kauf fremder Waaren statt heimischer unter ge¬
wöhnlichen Umständen den ganzen Werth auf der einen Seite des Austausches verliert,
und doch andrerseits wahr, daß die Nation, wenn sie Wein baute, statt ihn von aus¬
wärts zu kaufen, als Ganzes Verluste haben würde. Drittens solche Artikel, die den
Fabriken als Rohmaterial dienen, z. B. Baumwolle, Wolle, Seide, Häute und
Holz. Einige davon können aber nur von auswärts bezogen werden, andre nicht
in genügender Menge aus dem Inlands. Die alte Regel war, sie zuzulassen, aber
in so wenig verarbeiteten Zustande als möglich. Endlich viertens die Erzeugnisse
unsrer Colonien. Wir führen jährlich aus den Vereinigten Staaten Amerikas
rohe Baumwolle im Werthe von mehr als zehn Millionen Pfund Sterling ein.
Aber diese Zufuhr ist precär, sie hängt von politischen und andern Ursachen ab,
und es wird behauptet, daß die Fruchtbarkeit der amerikanischen Landstriche, welche
die beste Baumwolle liefern, erschöpft oder doch im Abnehmen begriffen sei. Der
ganze Betrag dieser Baumwollenzufuhr und noch einmal so viel, wenn es erforderlich
wäre, könnte unter einem zweckmäßigen Colonialsystem von unsern indischen Co¬
lonien geliefert werden.*) Diese Summe vou zehn Millionen Pfund ist jetzt
gänzlich amerikanisches Einkommen. Sie und noch mehr könnte Einkommen bri¬
tischer Unterthanen in Asien sein. Sie schafft jetzt einen Markt für amerikanische
Erzeugnisse und gegenwärtig auch für einige englische, obwohl zu befürchten steht,
nur für kurze Zeit >eine Befürchtung, die vor dreißig Jahren schon gehegt wurde,
und seitdem sich verwirklicht hat^. Sie und noch viel mehr könnte einen dauernden,



*) Das ist wahr, aber die indische Baumwolle ist bei weitem nicht so gut wie die
amerikanische. Besser dagegen ist die, welche seit etwa fünfundzwanzig Jahren massenhaft
in Aegypten gebaut wird.
Zur Charakteristik des Manchesterthums.

Stelle eine nothleidende und unzufriedene Bevölkerung setzen. So ist mit dem
Schutze die erste unerläßliche Vorbedingung für den Handel mit dein Auslande,
das Vorhandensein von Tanschobjectcn für den auswärtigen Handel, so sind mit
andern Worten die Mittel zum Kaufe, Ausfuhrgcgenstände entstanden."

Ferner: ein verständig organisirtes Schutzsystem wird ausländische Waaren
weder unterschiedslos ausschließen, noch unterschiedslos zulassen. Es wird deu
Anspruch jeder einzelnen fremden Waare auf Zulaß sowohl in Betreff der Plätze,
ans welche«, als in Betreff der Bedingungen, unter welchen sie zuzulassen sind,
einer strengen Untersuchung unterwerfen. „Folgende Waaren würden," sagt unsre
Quelle mit Bezug auf England, „bei dieser Prüfung als berechigt erscheinen, zu¬
gelassen zu werden: Erstens solche Artikel, welche unser Boden und Klima nicht
erzeugen kaun, also etwa Thee, Kaffee, Zucker, Indigo, Gewürze, Harze, Oele u. tgi.
Zweitens solche, die wir zu Hause produciren könnten, aber nur in gerincr Güte
und mit unverhältnißmäßigen Kosten. Wein z. B. könnte in England zur Noth ge¬
baut werden, aber er würde viel theurer zu stehen kommen als spanischer, portugiesischer
und französischer, von seiner schlechten Qualität ganz zu schweigen. Es kann vollkommen
begründet sein, daß die Nation durch Kauf fremder Waaren statt heimischer unter ge¬
wöhnlichen Umständen den ganzen Werth auf der einen Seite des Austausches verliert,
und doch andrerseits wahr, daß die Nation, wenn sie Wein baute, statt ihn von aus¬
wärts zu kaufen, als Ganzes Verluste haben würde. Drittens solche Artikel, die den
Fabriken als Rohmaterial dienen, z. B. Baumwolle, Wolle, Seide, Häute und
Holz. Einige davon können aber nur von auswärts bezogen werden, andre nicht
in genügender Menge aus dem Inlands. Die alte Regel war, sie zuzulassen, aber
in so wenig verarbeiteten Zustande als möglich. Endlich viertens die Erzeugnisse
unsrer Colonien. Wir führen jährlich aus den Vereinigten Staaten Amerikas
rohe Baumwolle im Werthe von mehr als zehn Millionen Pfund Sterling ein.
Aber diese Zufuhr ist precär, sie hängt von politischen und andern Ursachen ab,
und es wird behauptet, daß die Fruchtbarkeit der amerikanischen Landstriche, welche
die beste Baumwolle liefern, erschöpft oder doch im Abnehmen begriffen sei. Der
ganze Betrag dieser Baumwollenzufuhr und noch einmal so viel, wenn es erforderlich
wäre, könnte unter einem zweckmäßigen Colonialsystem von unsern indischen Co¬
lonien geliefert werden.*) Diese Summe vou zehn Millionen Pfund ist jetzt
gänzlich amerikanisches Einkommen. Sie und noch mehr könnte Einkommen bri¬
tischer Unterthanen in Asien sein. Sie schafft jetzt einen Markt für amerikanische
Erzeugnisse und gegenwärtig auch für einige englische, obwohl zu befürchten steht,
nur für kurze Zeit >eine Befürchtung, die vor dreißig Jahren schon gehegt wurde,
und seitdem sich verwirklicht hat^. Sie und noch viel mehr könnte einen dauernden,



*) Das ist wahr, aber die indische Baumwolle ist bei weitem nicht so gut wie die
amerikanische. Besser dagegen ist die, welche seit etwa fünfundzwanzig Jahren massenhaft
in Aegypten gebaut wird.
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[0467] Zur Charakteristik des Manchesterthums. Stelle eine nothleidende und unzufriedene Bevölkerung setzen. So ist mit dem Schutze die erste unerläßliche Vorbedingung für den Handel mit dein Auslande, das Vorhandensein von Tanschobjectcn für den auswärtigen Handel, so sind mit andern Worten die Mittel zum Kaufe, Ausfuhrgcgenstände entstanden." Ferner: ein verständig organisirtes Schutzsystem wird ausländische Waaren weder unterschiedslos ausschließen, noch unterschiedslos zulassen. Es wird deu Anspruch jeder einzelnen fremden Waare auf Zulaß sowohl in Betreff der Plätze, ans welche«, als in Betreff der Bedingungen, unter welchen sie zuzulassen sind, einer strengen Untersuchung unterwerfen. „Folgende Waaren würden," sagt unsre Quelle mit Bezug auf England, „bei dieser Prüfung als berechigt erscheinen, zu¬ gelassen zu werden: Erstens solche Artikel, welche unser Boden und Klima nicht erzeugen kaun, also etwa Thee, Kaffee, Zucker, Indigo, Gewürze, Harze, Oele u. tgi. Zweitens solche, die wir zu Hause produciren könnten, aber nur in gerincr Güte und mit unverhältnißmäßigen Kosten. Wein z. B. könnte in England zur Noth ge¬ baut werden, aber er würde viel theurer zu stehen kommen als spanischer, portugiesischer und französischer, von seiner schlechten Qualität ganz zu schweigen. Es kann vollkommen begründet sein, daß die Nation durch Kauf fremder Waaren statt heimischer unter ge¬ wöhnlichen Umständen den ganzen Werth auf der einen Seite des Austausches verliert, und doch andrerseits wahr, daß die Nation, wenn sie Wein baute, statt ihn von aus¬ wärts zu kaufen, als Ganzes Verluste haben würde. Drittens solche Artikel, die den Fabriken als Rohmaterial dienen, z. B. Baumwolle, Wolle, Seide, Häute und Holz. Einige davon können aber nur von auswärts bezogen werden, andre nicht in genügender Menge aus dem Inlands. Die alte Regel war, sie zuzulassen, aber in so wenig verarbeiteten Zustande als möglich. Endlich viertens die Erzeugnisse unsrer Colonien. Wir führen jährlich aus den Vereinigten Staaten Amerikas rohe Baumwolle im Werthe von mehr als zehn Millionen Pfund Sterling ein. Aber diese Zufuhr ist precär, sie hängt von politischen und andern Ursachen ab, und es wird behauptet, daß die Fruchtbarkeit der amerikanischen Landstriche, welche die beste Baumwolle liefern, erschöpft oder doch im Abnehmen begriffen sei. Der ganze Betrag dieser Baumwollenzufuhr und noch einmal so viel, wenn es erforderlich wäre, könnte unter einem zweckmäßigen Colonialsystem von unsern indischen Co¬ lonien geliefert werden.*) Diese Summe vou zehn Millionen Pfund ist jetzt gänzlich amerikanisches Einkommen. Sie und noch mehr könnte Einkommen bri¬ tischer Unterthanen in Asien sein. Sie schafft jetzt einen Markt für amerikanische Erzeugnisse und gegenwärtig auch für einige englische, obwohl zu befürchten steht, nur für kurze Zeit >eine Befürchtung, die vor dreißig Jahren schon gehegt wurde, und seitdem sich verwirklicht hat^. Sie und noch viel mehr könnte einen dauernden, *) Das ist wahr, aber die indische Baumwolle ist bei weitem nicht so gut wie die amerikanische. Besser dagegen ist die, welche seit etwa fünfundzwanzig Jahren massenhaft in Aegypten gebaut wird.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341833_157968/467>, abgerufen am 01.09.2024.