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Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Drittes Quartal.

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Die Düsseldorfer Schule.

und nach dem Kampf zweier Hirsche oder diesen selbst weiß Kröner mit großer
Anschaulichkeit und mit dramatischer Energie zu schildern. Nicht minder lebhaft
sind seine Jngdsccneu dargestellt, wie z. B. das Wild bei einem eingesteckten
Jagen durch die Lappen geht oder bei einer Treibjagd ein starker Hirsch mit
mächtigem Satze über ein Rudel Wildschweine hinweg über das Gehege springt.
Die Feinheit der Detaillirung, die Schärfe der Charakteristik und die überaus
liebevolle Durchführung geben seinen Bildern den Vorzug vor denen Karl
Friedrich Deikers (geboren 1822 zu Wetzlar), der seit 1864 in Düsseldorf
thätig ist und nach Kröner der beste Thiermaler der Schule ist. An drama¬
tischer Kraft übertrifft er Kröner noch: seine Hirschkämpfe, seine Sanhetzen,
besonders der Kampf des angeschossenen Keilers mit der Meute, sind Bravour¬
stücke voll leidenschaftlichen Lebens, leider nur zu decorativ gemalt und auch
in der oft winterlichen Scenerie nicht so eingehend behandelt wie die Land¬
schaften Kröners.

Außer den Meistern, die wir in obigen, ausführlich besprochen haben, >se
in der Schule Schirmer-Gude uoch eine Anzahl von Malern herangebildet
worden, die eine achtbare Stellung in der Düsseldorfer Künstlerrepublik einnehmen.
Noch lebt und schafft in alter Rüstigkeit, unentwegt der Romantik huldigend
und unermüdlich die Herrlichkeiten des Rheinstroms schildernd, der greise Caspar
Scheuren (1810 in Aachen geboren), welcher einst durch Lessings "Klosterhof
im Schnee" und durch Schirmersche Landschaften so mächtig angeregt wurde,
daß er sich unter die Leitung dieser beiden Künstler begab und ihren Spuren
folgte. Seine leichte, elegante Technik begünstigte seine Productivität. Er malte
in ununterbrvchner Folge eine lange Reihe von meist rheinischen Landschaften,
deren Staffage die eifrige Lectüre von Walter Scott verrieth. Bekannter als
seine Oelgemälde sind jedoch seine zierlichen, von Arabesken umrahmten Aqua¬
rellen geworden, welche, durch Farben-Lithographie vervielfältigt, auch in den
Handel gekommen sind. Das "Rheinalbum" ist das bekannteste unter diesen Pu¬
blikationen. Auf einem Blatte sind gewöhnlich mehrere Ansichten vereinigt,
Bauwerke berühmt durch Sage und Geschichte, Denkmäler, Aussichtspunkte, bedeu¬
tende Müuner und Frauen, historische Scenen, umschlungen von Blumengewinden
und phantastischer Ornamentik, durchwebt von Sinnsprüchen und Versen. Ein
kleines, aber anmuthiges Genre, das vielen veraltet, naiv, auch wohl kindlich
vorkommt, in welchem sich aber ein tiefes Gemüth, eine leidenschaftliche Liebe
zur Heimat und ein unverwüstlicher Idealismus ausspricht.

Unter den Jüngeren sind die namhaftesten Carl Ludwig Fnhrb ach (1835
geboren), ein Schüler Schirmers, Johannes Duntze (1823 geboren), Heinrich
Deiters (1840 geboren), v. Bernuth, Hoppe, Hoffmann-Fallersleben.
Joseph Jansen, ein ausgezeichneter Gebirgsmaler von Stil und Kraft der
Schilderung, und Themistokles von Eckenbrecher (1842 in Athen geboren),
el" Schüler Oswald Acheubachs. der die halbe Welt durchreist hat und unter


Die Düsseldorfer Schule.

und nach dem Kampf zweier Hirsche oder diesen selbst weiß Kröner mit großer
Anschaulichkeit und mit dramatischer Energie zu schildern. Nicht minder lebhaft
sind seine Jngdsccneu dargestellt, wie z. B. das Wild bei einem eingesteckten
Jagen durch die Lappen geht oder bei einer Treibjagd ein starker Hirsch mit
mächtigem Satze über ein Rudel Wildschweine hinweg über das Gehege springt.
Die Feinheit der Detaillirung, die Schärfe der Charakteristik und die überaus
liebevolle Durchführung geben seinen Bildern den Vorzug vor denen Karl
Friedrich Deikers (geboren 1822 zu Wetzlar), der seit 1864 in Düsseldorf
thätig ist und nach Kröner der beste Thiermaler der Schule ist. An drama¬
tischer Kraft übertrifft er Kröner noch: seine Hirschkämpfe, seine Sanhetzen,
besonders der Kampf des angeschossenen Keilers mit der Meute, sind Bravour¬
stücke voll leidenschaftlichen Lebens, leider nur zu decorativ gemalt und auch
in der oft winterlichen Scenerie nicht so eingehend behandelt wie die Land¬
schaften Kröners.

Außer den Meistern, die wir in obigen, ausführlich besprochen haben, >se
in der Schule Schirmer-Gude uoch eine Anzahl von Malern herangebildet
worden, die eine achtbare Stellung in der Düsseldorfer Künstlerrepublik einnehmen.
Noch lebt und schafft in alter Rüstigkeit, unentwegt der Romantik huldigend
und unermüdlich die Herrlichkeiten des Rheinstroms schildernd, der greise Caspar
Scheuren (1810 in Aachen geboren), welcher einst durch Lessings „Klosterhof
im Schnee" und durch Schirmersche Landschaften so mächtig angeregt wurde,
daß er sich unter die Leitung dieser beiden Künstler begab und ihren Spuren
folgte. Seine leichte, elegante Technik begünstigte seine Productivität. Er malte
in ununterbrvchner Folge eine lange Reihe von meist rheinischen Landschaften,
deren Staffage die eifrige Lectüre von Walter Scott verrieth. Bekannter als
seine Oelgemälde sind jedoch seine zierlichen, von Arabesken umrahmten Aqua¬
rellen geworden, welche, durch Farben-Lithographie vervielfältigt, auch in den
Handel gekommen sind. Das „Rheinalbum" ist das bekannteste unter diesen Pu¬
blikationen. Auf einem Blatte sind gewöhnlich mehrere Ansichten vereinigt,
Bauwerke berühmt durch Sage und Geschichte, Denkmäler, Aussichtspunkte, bedeu¬
tende Müuner und Frauen, historische Scenen, umschlungen von Blumengewinden
und phantastischer Ornamentik, durchwebt von Sinnsprüchen und Versen. Ein
kleines, aber anmuthiges Genre, das vielen veraltet, naiv, auch wohl kindlich
vorkommt, in welchem sich aber ein tiefes Gemüth, eine leidenschaftliche Liebe
zur Heimat und ein unverwüstlicher Idealismus ausspricht.

Unter den Jüngeren sind die namhaftesten Carl Ludwig Fnhrb ach (1835
geboren), ein Schüler Schirmers, Johannes Duntze (1823 geboren), Heinrich
Deiters (1840 geboren), v. Bernuth, Hoppe, Hoffmann-Fallersleben.
Joseph Jansen, ein ausgezeichneter Gebirgsmaler von Stil und Kraft der
Schilderung, und Themistokles von Eckenbrecher (1842 in Athen geboren),
el» Schüler Oswald Acheubachs. der die halbe Welt durchreist hat und unter


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[0399] Die Düsseldorfer Schule. und nach dem Kampf zweier Hirsche oder diesen selbst weiß Kröner mit großer Anschaulichkeit und mit dramatischer Energie zu schildern. Nicht minder lebhaft sind seine Jngdsccneu dargestellt, wie z. B. das Wild bei einem eingesteckten Jagen durch die Lappen geht oder bei einer Treibjagd ein starker Hirsch mit mächtigem Satze über ein Rudel Wildschweine hinweg über das Gehege springt. Die Feinheit der Detaillirung, die Schärfe der Charakteristik und die überaus liebevolle Durchführung geben seinen Bildern den Vorzug vor denen Karl Friedrich Deikers (geboren 1822 zu Wetzlar), der seit 1864 in Düsseldorf thätig ist und nach Kröner der beste Thiermaler der Schule ist. An drama¬ tischer Kraft übertrifft er Kröner noch: seine Hirschkämpfe, seine Sanhetzen, besonders der Kampf des angeschossenen Keilers mit der Meute, sind Bravour¬ stücke voll leidenschaftlichen Lebens, leider nur zu decorativ gemalt und auch in der oft winterlichen Scenerie nicht so eingehend behandelt wie die Land¬ schaften Kröners. Außer den Meistern, die wir in obigen, ausführlich besprochen haben, >se in der Schule Schirmer-Gude uoch eine Anzahl von Malern herangebildet worden, die eine achtbare Stellung in der Düsseldorfer Künstlerrepublik einnehmen. Noch lebt und schafft in alter Rüstigkeit, unentwegt der Romantik huldigend und unermüdlich die Herrlichkeiten des Rheinstroms schildernd, der greise Caspar Scheuren (1810 in Aachen geboren), welcher einst durch Lessings „Klosterhof im Schnee" und durch Schirmersche Landschaften so mächtig angeregt wurde, daß er sich unter die Leitung dieser beiden Künstler begab und ihren Spuren folgte. Seine leichte, elegante Technik begünstigte seine Productivität. Er malte in ununterbrvchner Folge eine lange Reihe von meist rheinischen Landschaften, deren Staffage die eifrige Lectüre von Walter Scott verrieth. Bekannter als seine Oelgemälde sind jedoch seine zierlichen, von Arabesken umrahmten Aqua¬ rellen geworden, welche, durch Farben-Lithographie vervielfältigt, auch in den Handel gekommen sind. Das „Rheinalbum" ist das bekannteste unter diesen Pu¬ blikationen. Auf einem Blatte sind gewöhnlich mehrere Ansichten vereinigt, Bauwerke berühmt durch Sage und Geschichte, Denkmäler, Aussichtspunkte, bedeu¬ tende Müuner und Frauen, historische Scenen, umschlungen von Blumengewinden und phantastischer Ornamentik, durchwebt von Sinnsprüchen und Versen. Ein kleines, aber anmuthiges Genre, das vielen veraltet, naiv, auch wohl kindlich vorkommt, in welchem sich aber ein tiefes Gemüth, eine leidenschaftliche Liebe zur Heimat und ein unverwüstlicher Idealismus ausspricht. Unter den Jüngeren sind die namhaftesten Carl Ludwig Fnhrb ach (1835 geboren), ein Schüler Schirmers, Johannes Duntze (1823 geboren), Heinrich Deiters (1840 geboren), v. Bernuth, Hoppe, Hoffmann-Fallersleben. Joseph Jansen, ein ausgezeichneter Gebirgsmaler von Stil und Kraft der Schilderung, und Themistokles von Eckenbrecher (1842 in Athen geboren), el» Schüler Oswald Acheubachs. der die halbe Welt durchreist hat und unter

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341833_157968/399>, abgerufen am 01.09.2024.