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Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Drittes Quartal.

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Die Lösung der Wallcnsteinfrage.

aber hervor, daß der Urheber or. Johann Matthäus Pricklmaier war, ein Reichs-
hofrath, der zu Slawata intime Beziehungen unterhielt und in der friedlän-
dischen Angelegenheit ihm diente. Eine Beeinflussung des Manifestes durch
Wallensteins Feind erscheint daher Schedel außer Zweifel,

Wir nennen endlich Seshma Naschins "Gründlichen und wahrhaftigen Be-
richt," dessen Original unter den Papieren SlawataS im Neuhauser Archive
gefunden worden ist. Ranke meint, daß Naschius Bericht den Eindruck einer
gewissen Naivität und Wahrhaftigkeit mache und deshalb nicht von der Hand
zu weisen sei, während Förster ihn für ein Gewebe von absichtlichen Lügen er¬
klärte, Schedel weist zunächst nach, daß es Slawata war, der Naschius sich
annahm und seinen Bericht an die höchste Stelle gelangen ließ und daß sich
der Verfasser eine gute Belohnung ausbedang, um die er also seine Relation
verkaufte. Die Glaubwürdigkeit Sesymas wird von ihm daher bestritten. Sesyma
Raschin führt Aeußerungen Wallensteins an, die an sich unwahrscheinlich sind,
z. B.: "Mir.....dabei verboten, ich sollte die Sachen ja in höchster Ge¬
heim halte", denu ich hätte nichts zu verliere", er und Terzka aber sehr viel",
ferner: "Ich sollte in den Sachen verschwiegen sein und niemand nichts ver¬
trauen, denn es laufe auch um ihn und den Terzka, wenn es der Kaiser er¬
fahren sollte," und dergleichen mehr. Die Anschuldigungen aber, die gegen Wallen¬
stein erhoben werden, klingen an das Votum, onMsäain eonÄligrii und das
1^ran<Mcmiiz viuos an. "So drängt sich der Verdacht ans, daß Slawata Vor¬
gänge in die Relation hineingetragen habe, um seinen früheren Aussprüchen
eine Bestätigung von anscheinend fremder Seite zu verschaffen, ja daß die Re¬
lation von Anfang bis zu Ende das Werk Slawatas sei und daß Jaroslaw Se¬
syma Raschin von Riesenbnrg daran weiter keinen Antheil gehabt habe, als daß
er die Waare mit seiner Flagge deckte," Diese Hypothese erscheint um so eher
möglich, als der in Diensten Thurms stehende Raschin niemals von Wallenstein
als Unterhändler verwendet wurde. Wir besitzen nämlich ein von der friedlän-
discheu Cvufiseationseomniission ans Anlaß des Sachseneinfalls geschöpftes Er¬
kenntniß vom 25. Januar 1634, welches Raschin wegen Theilnahme an der Plün¬
derung in Böhmen verurtheilt. War aber Raschin, wie er behauptet, Mitwisser
von Geheimnissen Wallensteins, war dann eine solche Verurtheilung möglich?

Die Thätigkeit Slawatas war aber, wenn wir Schedel glauben dürfen, noch
nicht abgeschlossen. Er stand auch dem Verfasser der .Vn"nK>>! 1?sMrmnägi, dem.
Grafen Khcveuhüller, in nahem Verhältnisse; auch das ?no"trmri lZurap^suo
dürfte seinen Inspirationen nicht entrückt geblieben sein. Ja Schedel macht ihn
zum Verfasser von Spottgedichten, wie sie damals über Wallenstein erschienen.
"Wir finden in der That," sagt er, "nicht wenige, die seinen Geist und seine
Anschauungen widerspiegeln und die wir ihm deshalb zuzuschreiben kein Bedenken
tragen," Wenn es zahlreiche Epitaphien und Epigramme ans Wallenstein giebt,
die von Gift lind Galle strotzen, so findet er eine Erklärung dafür, daß das


Die Lösung der Wallcnsteinfrage.

aber hervor, daß der Urheber or. Johann Matthäus Pricklmaier war, ein Reichs-
hofrath, der zu Slawata intime Beziehungen unterhielt und in der friedlän-
dischen Angelegenheit ihm diente. Eine Beeinflussung des Manifestes durch
Wallensteins Feind erscheint daher Schedel außer Zweifel,

Wir nennen endlich Seshma Naschins „Gründlichen und wahrhaftigen Be-
richt," dessen Original unter den Papieren SlawataS im Neuhauser Archive
gefunden worden ist. Ranke meint, daß Naschius Bericht den Eindruck einer
gewissen Naivität und Wahrhaftigkeit mache und deshalb nicht von der Hand
zu weisen sei, während Förster ihn für ein Gewebe von absichtlichen Lügen er¬
klärte, Schedel weist zunächst nach, daß es Slawata war, der Naschius sich
annahm und seinen Bericht an die höchste Stelle gelangen ließ und daß sich
der Verfasser eine gute Belohnung ausbedang, um die er also seine Relation
verkaufte. Die Glaubwürdigkeit Sesymas wird von ihm daher bestritten. Sesyma
Raschin führt Aeußerungen Wallensteins an, die an sich unwahrscheinlich sind,
z. B.: „Mir.....dabei verboten, ich sollte die Sachen ja in höchster Ge¬
heim halte», denu ich hätte nichts zu verliere», er und Terzka aber sehr viel",
ferner: „Ich sollte in den Sachen verschwiegen sein und niemand nichts ver¬
trauen, denn es laufe auch um ihn und den Terzka, wenn es der Kaiser er¬
fahren sollte," und dergleichen mehr. Die Anschuldigungen aber, die gegen Wallen¬
stein erhoben werden, klingen an das Votum, onMsäain eonÄligrii und das
1^ran<Mcmiiz viuos an. „So drängt sich der Verdacht ans, daß Slawata Vor¬
gänge in die Relation hineingetragen habe, um seinen früheren Aussprüchen
eine Bestätigung von anscheinend fremder Seite zu verschaffen, ja daß die Re¬
lation von Anfang bis zu Ende das Werk Slawatas sei und daß Jaroslaw Se¬
syma Raschin von Riesenbnrg daran weiter keinen Antheil gehabt habe, als daß
er die Waare mit seiner Flagge deckte," Diese Hypothese erscheint um so eher
möglich, als der in Diensten Thurms stehende Raschin niemals von Wallenstein
als Unterhändler verwendet wurde. Wir besitzen nämlich ein von der friedlän-
discheu Cvufiseationseomniission ans Anlaß des Sachseneinfalls geschöpftes Er¬
kenntniß vom 25. Januar 1634, welches Raschin wegen Theilnahme an der Plün¬
derung in Böhmen verurtheilt. War aber Raschin, wie er behauptet, Mitwisser
von Geheimnissen Wallensteins, war dann eine solche Verurtheilung möglich?

Die Thätigkeit Slawatas war aber, wenn wir Schedel glauben dürfen, noch
nicht abgeschlossen. Er stand auch dem Verfasser der .Vn»nK>>! 1?sMrmnägi, dem.
Grafen Khcveuhüller, in nahem Verhältnisse; auch das ?no»trmri lZurap^suo
dürfte seinen Inspirationen nicht entrückt geblieben sein. Ja Schedel macht ihn
zum Verfasser von Spottgedichten, wie sie damals über Wallenstein erschienen.
„Wir finden in der That," sagt er, „nicht wenige, die seinen Geist und seine
Anschauungen widerspiegeln und die wir ihm deshalb zuzuschreiben kein Bedenken
tragen," Wenn es zahlreiche Epitaphien und Epigramme ans Wallenstein giebt,
die von Gift lind Galle strotzen, so findet er eine Erklärung dafür, daß das


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341833_157968/375>, abgerufen am 01.09.2024.