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Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Drittes Quartal.

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Die Lösung der wallensteinfragc.

tragische Geschick des Helden keine mildere Beurtheilung hervorrief, allein in
dein unauslöschlichen Haß, der in Slawatas Brust vulkanartig gelobt und sich
nur in so bittern und selbst gemeinen Ausbrüche" habe Luft machen können.

Es liegt in der Natur der Sache, daß der Nachweis des Ursprungs und
Zusammenhangs der Schriften über eine so tief in das Geheimniß gehüllte An¬
gelegenheit, wie das Slawatasche Ränkespiel, oft nicht anders als durch die
Verwandtschaft in Gedankengang und Ausdrucksweise geliefert werden kann.
Der Uebersicht wegen hat denn Schedel zum Schlüsse aus den Schriften, welche
er dem Grafen zuschreibt, eine Reihe von Stellen parallel drucken lassen. In
der That giebt es darunter Abschnitte, welche die ihnen zu Grunde liegenden
Gedanken in so ähnlicher Weise zum Ausdruck bringen, daß sie entweder den¬
selben Autor oder doch die Benutzung feiner Aufsätze verrathen.

Zum Schlüsse seines Werkes faßt Schedel nochmals das Resultat seiner
Untersuchung zusammen, und indem er andres, was wir von Slawata wissen,
damit zusammenstellt und darauf seine Hypothesen gründet, giebt er uns folgendes
Bild von dein Feinde Wallensteins und seinen Motiven,

"Es sind persönliche Gründe, von welchen Slawatas Auftreten gegen Wallen¬
stein bestimmt wird. Ein tiefer Haß bricht überall hervor. Woraus derselbe
aber entsprang, ist nicht zu entnehmen; vielleicht aus Rachsucht für eine frühere
Beleidigung oder aus Neid und Eifersucht; auf das letztere möchte man aus dein
öftern Hinweisen auf Wallensteins Reichthum und glänzende Stellung schließen.
Aus religiösen und politischen Motiven entsprang der Haß gewiß nicht, da die
Verfolgungswuth Slawatas bereits im Jahre 1624, also zu einer Zeit schon,
wo Wallenstein erst Commcmdirender zu Prag war, sich äußert und in unver¬
minderter Heftigkeit auftritt, wo auch nicht die leiseste Differenz mit dem kaiser¬
lichen Hofe in religiösen oder politischen Fragen bestand. Im Gegentheile bindet
Slawata selber mit Gegnern der kaiserlichen Politik an, um Wallenstein zu schade",
und er würde nach einen: vulgären Spruche kein Bedenken getragen haben, sich
dem Teufel zu verschreiben, wenn sein Ziel nicht anders zu erreichen war. Seine
Verfolgungswuth ist eine so anhaltende und blinde, daß die Möglichkeit einer
ihr zu Gründe liegenden Monomanie keineswegs abgeschlossen bleibt. Jnsolange
eine solche jedoch nicht sichergestellt ist, muß man ihn als zurechnungsfähig an¬
sehen und sein Verfahren vom sittlichen und rechtlichen Standpunkte auf das
strengste verurtheilen."

In der Wahl seiner Mittel habe er sich über alle Rücksichten hinweggesetzt,
welche Moral und amtliche Stellung auferlegten. Er habe sich in das Ver¬
trauen des Arglosen eingeschlichen, und was ihm dieser von seinen Absichten und
Plänen vertraulich eröffnet, verrathe er, entstellt oder übertrieben, denjenigen,
die es betroffen habe und deren Gegnerschaft ihm habe gefährlich werden können.
Er habe ihn zu Handlungen aufgestachelt, um ihn dann wegen derselben anzuklagen.
Ohne Auftrag nud Wissen seines Monarchen habe er mit auswärtigen Potentaten


Die Lösung der wallensteinfragc.

tragische Geschick des Helden keine mildere Beurtheilung hervorrief, allein in
dein unauslöschlichen Haß, der in Slawatas Brust vulkanartig gelobt und sich
nur in so bittern und selbst gemeinen Ausbrüche» habe Luft machen können.

Es liegt in der Natur der Sache, daß der Nachweis des Ursprungs und
Zusammenhangs der Schriften über eine so tief in das Geheimniß gehüllte An¬
gelegenheit, wie das Slawatasche Ränkespiel, oft nicht anders als durch die
Verwandtschaft in Gedankengang und Ausdrucksweise geliefert werden kann.
Der Uebersicht wegen hat denn Schedel zum Schlüsse aus den Schriften, welche
er dem Grafen zuschreibt, eine Reihe von Stellen parallel drucken lassen. In
der That giebt es darunter Abschnitte, welche die ihnen zu Grunde liegenden
Gedanken in so ähnlicher Weise zum Ausdruck bringen, daß sie entweder den¬
selben Autor oder doch die Benutzung feiner Aufsätze verrathen.

Zum Schlüsse seines Werkes faßt Schedel nochmals das Resultat seiner
Untersuchung zusammen, und indem er andres, was wir von Slawata wissen,
damit zusammenstellt und darauf seine Hypothesen gründet, giebt er uns folgendes
Bild von dein Feinde Wallensteins und seinen Motiven,

„Es sind persönliche Gründe, von welchen Slawatas Auftreten gegen Wallen¬
stein bestimmt wird. Ein tiefer Haß bricht überall hervor. Woraus derselbe
aber entsprang, ist nicht zu entnehmen; vielleicht aus Rachsucht für eine frühere
Beleidigung oder aus Neid und Eifersucht; auf das letztere möchte man aus dein
öftern Hinweisen auf Wallensteins Reichthum und glänzende Stellung schließen.
Aus religiösen und politischen Motiven entsprang der Haß gewiß nicht, da die
Verfolgungswuth Slawatas bereits im Jahre 1624, also zu einer Zeit schon,
wo Wallenstein erst Commcmdirender zu Prag war, sich äußert und in unver¬
minderter Heftigkeit auftritt, wo auch nicht die leiseste Differenz mit dem kaiser¬
lichen Hofe in religiösen oder politischen Fragen bestand. Im Gegentheile bindet
Slawata selber mit Gegnern der kaiserlichen Politik an, um Wallenstein zu schade»,
und er würde nach einen: vulgären Spruche kein Bedenken getragen haben, sich
dem Teufel zu verschreiben, wenn sein Ziel nicht anders zu erreichen war. Seine
Verfolgungswuth ist eine so anhaltende und blinde, daß die Möglichkeit einer
ihr zu Gründe liegenden Monomanie keineswegs abgeschlossen bleibt. Jnsolange
eine solche jedoch nicht sichergestellt ist, muß man ihn als zurechnungsfähig an¬
sehen und sein Verfahren vom sittlichen und rechtlichen Standpunkte auf das
strengste verurtheilen."

In der Wahl seiner Mittel habe er sich über alle Rücksichten hinweggesetzt,
welche Moral und amtliche Stellung auferlegten. Er habe sich in das Ver¬
trauen des Arglosen eingeschlichen, und was ihm dieser von seinen Absichten und
Plänen vertraulich eröffnet, verrathe er, entstellt oder übertrieben, denjenigen,
die es betroffen habe und deren Gegnerschaft ihm habe gefährlich werden können.
Er habe ihn zu Handlungen aufgestachelt, um ihn dann wegen derselben anzuklagen.
Ohne Auftrag nud Wissen seines Monarchen habe er mit auswärtigen Potentaten


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[0376] Die Lösung der wallensteinfragc. tragische Geschick des Helden keine mildere Beurtheilung hervorrief, allein in dein unauslöschlichen Haß, der in Slawatas Brust vulkanartig gelobt und sich nur in so bittern und selbst gemeinen Ausbrüche» habe Luft machen können. Es liegt in der Natur der Sache, daß der Nachweis des Ursprungs und Zusammenhangs der Schriften über eine so tief in das Geheimniß gehüllte An¬ gelegenheit, wie das Slawatasche Ränkespiel, oft nicht anders als durch die Verwandtschaft in Gedankengang und Ausdrucksweise geliefert werden kann. Der Uebersicht wegen hat denn Schedel zum Schlüsse aus den Schriften, welche er dem Grafen zuschreibt, eine Reihe von Stellen parallel drucken lassen. In der That giebt es darunter Abschnitte, welche die ihnen zu Grunde liegenden Gedanken in so ähnlicher Weise zum Ausdruck bringen, daß sie entweder den¬ selben Autor oder doch die Benutzung feiner Aufsätze verrathen. Zum Schlüsse seines Werkes faßt Schedel nochmals das Resultat seiner Untersuchung zusammen, und indem er andres, was wir von Slawata wissen, damit zusammenstellt und darauf seine Hypothesen gründet, giebt er uns folgendes Bild von dein Feinde Wallensteins und seinen Motiven, „Es sind persönliche Gründe, von welchen Slawatas Auftreten gegen Wallen¬ stein bestimmt wird. Ein tiefer Haß bricht überall hervor. Woraus derselbe aber entsprang, ist nicht zu entnehmen; vielleicht aus Rachsucht für eine frühere Beleidigung oder aus Neid und Eifersucht; auf das letztere möchte man aus dein öftern Hinweisen auf Wallensteins Reichthum und glänzende Stellung schließen. Aus religiösen und politischen Motiven entsprang der Haß gewiß nicht, da die Verfolgungswuth Slawatas bereits im Jahre 1624, also zu einer Zeit schon, wo Wallenstein erst Commcmdirender zu Prag war, sich äußert und in unver¬ minderter Heftigkeit auftritt, wo auch nicht die leiseste Differenz mit dem kaiser¬ lichen Hofe in religiösen oder politischen Fragen bestand. Im Gegentheile bindet Slawata selber mit Gegnern der kaiserlichen Politik an, um Wallenstein zu schade», und er würde nach einen: vulgären Spruche kein Bedenken getragen haben, sich dem Teufel zu verschreiben, wenn sein Ziel nicht anders zu erreichen war. Seine Verfolgungswuth ist eine so anhaltende und blinde, daß die Möglichkeit einer ihr zu Gründe liegenden Monomanie keineswegs abgeschlossen bleibt. Jnsolange eine solche jedoch nicht sichergestellt ist, muß man ihn als zurechnungsfähig an¬ sehen und sein Verfahren vom sittlichen und rechtlichen Standpunkte auf das strengste verurtheilen." In der Wahl seiner Mittel habe er sich über alle Rücksichten hinweggesetzt, welche Moral und amtliche Stellung auferlegten. Er habe sich in das Ver¬ trauen des Arglosen eingeschlichen, und was ihm dieser von seinen Absichten und Plänen vertraulich eröffnet, verrathe er, entstellt oder übertrieben, denjenigen, die es betroffen habe und deren Gegnerschaft ihm habe gefährlich werden können. Er habe ihn zu Handlungen aufgestachelt, um ihn dann wegen derselben anzuklagen. Ohne Auftrag nud Wissen seines Monarchen habe er mit auswärtigen Potentaten

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341833_157968/376>, abgerufen am 01.09.2024.