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Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Drittes Quartal.

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Die Lösung der wcülensteinfrage.

besaß. Dazu gesellten sich andre, die ans Neid oder Mißgunst, aus Furcht oder
Rache, wegen erlittener Zurechtweisung ihm feindlich gesinnt waren. Diese Gegner¬
schaft war nicht ungefährlich. Mächtige Herren gehörten zu ihr, darunter selbst
der Thronfolger, der König von Ungarn, der sich schmeichelte, nach Wallensteins
Sturz selbst den Commandostab führen zu können. Eine Stütze hatte diese Hof¬
partei ferner an Maximilian von Baiern, dem vor Wallensteins Plänen, des
Kaisers Macht wieder zu erhöhen, bangte. Zuletzt schlug sich auch Spanien zu
Wallensteins Feinden.

"So zahlreich und mächtig aber auch die Gegnerschaft Wallensteins war,"
sagt Schedel, "so ist es doch fraglich, ob es ihr gelungen wäre, ihn zu Falle zu
bringen, wenn es nicht einen vom Schicksal heraufbeschwornen Widersacher ge¬
geben hätte, welcher ohne Unterlaß an seinem Untergange arbeitete und mit der
List und Tücke eines Höllengeistes die feindlichen Elemente wachrief und leitete."
Als diese" Widersacher bezeichnet er den Grafen Wilhelm Slawata. Demselben
Manu, dessen Fenstersturz das Signal zum dreißigjährigen Kriege gegeben, ge¬
bühre vor allem der Ruhm, Wallensteins Sturz herbeigeführt zu haben, kein
andrer als er sei die Urquelle der Verfälschungen seiner Geschichte.

Freilich sind es nur wenige Angaben, die wir über Slawatas Leben habe".
Wilhelm Slawata von China und Koschumberg entstammt einer alten, ver¬
armten böhmischen Herrenfamilie und wurde im Glauben der Brüdergemeinde
erzogen. Nachdem er zum katholischen Bekenntniß übergetreten, zu Siena die
Rechte studirt und weite Reisen gemacht hatte, begann er unter Kaiser Rudolf,
der ihn zum Kämmerer und Hofmarschall machte und als Beisitzer ins Land-
recht berief, seine öffentliche Laufbahn. Daß er ein starrer Vertreter der ka¬
tholischen Kirche und der päpstlichen Macht war, beweist der Umstand, daß er bei
der Eintragung des Religionsbriefes in die Landtafel sich mit Martinitz weigerte,
als Relator zu fungiren und die vereinbarte Amnestie mit zu unterschreiben.
Die Erhebung Ferdinands auf den böhmischen Königsthron beförderte er eifrig,
und als er unter die zehn Statthalter gewählt worden war, drängte er lebhaft
zu entschiednen Maßregeln. Wenn von Wien aus die bekannten scharfen Be¬
fehle ergingen, so hat man nicht ohne Grund seine und Martinitz' Einwirkung
dahinter gesucht. Jene Befehle waren es aber, welche die zur böhmischen Re¬
volution führende Erbitterung hervorriefen.

Während Friedrichs vou der Pfalz kurzem Königthume trat Slawata in
den Hintergrund. Sobald jedoch die Schlacht am weißen Berge das Ueberge-
wicht der katholischen Waffen entschieden hatte, übernahm er wieder die alten
Aemter und Würden, um nun rasch zu den höchsten Stellen aufzusteigen. Am
19. Januar 1652 schloß er im Wiener Profeßhaus der Jesuiten die Augen. In
der Jesuitengruft zu Neuhaus wurde sein Leichnam beigesetzt.

Die Geschäftskenntniß und Gcschüftsgewandtheit des Grafen Slawata be¬
zeichnet Schedel als eine außerordentliche. Dabei habe sein Gesichtskreis keines-


Die Lösung der wcülensteinfrage.

besaß. Dazu gesellten sich andre, die ans Neid oder Mißgunst, aus Furcht oder
Rache, wegen erlittener Zurechtweisung ihm feindlich gesinnt waren. Diese Gegner¬
schaft war nicht ungefährlich. Mächtige Herren gehörten zu ihr, darunter selbst
der Thronfolger, der König von Ungarn, der sich schmeichelte, nach Wallensteins
Sturz selbst den Commandostab führen zu können. Eine Stütze hatte diese Hof¬
partei ferner an Maximilian von Baiern, dem vor Wallensteins Plänen, des
Kaisers Macht wieder zu erhöhen, bangte. Zuletzt schlug sich auch Spanien zu
Wallensteins Feinden.

„So zahlreich und mächtig aber auch die Gegnerschaft Wallensteins war,"
sagt Schedel, „so ist es doch fraglich, ob es ihr gelungen wäre, ihn zu Falle zu
bringen, wenn es nicht einen vom Schicksal heraufbeschwornen Widersacher ge¬
geben hätte, welcher ohne Unterlaß an seinem Untergange arbeitete und mit der
List und Tücke eines Höllengeistes die feindlichen Elemente wachrief und leitete."
Als diese« Widersacher bezeichnet er den Grafen Wilhelm Slawata. Demselben
Manu, dessen Fenstersturz das Signal zum dreißigjährigen Kriege gegeben, ge¬
bühre vor allem der Ruhm, Wallensteins Sturz herbeigeführt zu haben, kein
andrer als er sei die Urquelle der Verfälschungen seiner Geschichte.

Freilich sind es nur wenige Angaben, die wir über Slawatas Leben habe».
Wilhelm Slawata von China und Koschumberg entstammt einer alten, ver¬
armten böhmischen Herrenfamilie und wurde im Glauben der Brüdergemeinde
erzogen. Nachdem er zum katholischen Bekenntniß übergetreten, zu Siena die
Rechte studirt und weite Reisen gemacht hatte, begann er unter Kaiser Rudolf,
der ihn zum Kämmerer und Hofmarschall machte und als Beisitzer ins Land-
recht berief, seine öffentliche Laufbahn. Daß er ein starrer Vertreter der ka¬
tholischen Kirche und der päpstlichen Macht war, beweist der Umstand, daß er bei
der Eintragung des Religionsbriefes in die Landtafel sich mit Martinitz weigerte,
als Relator zu fungiren und die vereinbarte Amnestie mit zu unterschreiben.
Die Erhebung Ferdinands auf den böhmischen Königsthron beförderte er eifrig,
und als er unter die zehn Statthalter gewählt worden war, drängte er lebhaft
zu entschiednen Maßregeln. Wenn von Wien aus die bekannten scharfen Be¬
fehle ergingen, so hat man nicht ohne Grund seine und Martinitz' Einwirkung
dahinter gesucht. Jene Befehle waren es aber, welche die zur böhmischen Re¬
volution führende Erbitterung hervorriefen.

Während Friedrichs vou der Pfalz kurzem Königthume trat Slawata in
den Hintergrund. Sobald jedoch die Schlacht am weißen Berge das Ueberge-
wicht der katholischen Waffen entschieden hatte, übernahm er wieder die alten
Aemter und Würden, um nun rasch zu den höchsten Stellen aufzusteigen. Am
19. Januar 1652 schloß er im Wiener Profeßhaus der Jesuiten die Augen. In
der Jesuitengruft zu Neuhaus wurde sein Leichnam beigesetzt.

Die Geschäftskenntniß und Gcschüftsgewandtheit des Grafen Slawata be¬
zeichnet Schedel als eine außerordentliche. Dabei habe sein Gesichtskreis keines-


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[0368] Die Lösung der wcülensteinfrage. besaß. Dazu gesellten sich andre, die ans Neid oder Mißgunst, aus Furcht oder Rache, wegen erlittener Zurechtweisung ihm feindlich gesinnt waren. Diese Gegner¬ schaft war nicht ungefährlich. Mächtige Herren gehörten zu ihr, darunter selbst der Thronfolger, der König von Ungarn, der sich schmeichelte, nach Wallensteins Sturz selbst den Commandostab führen zu können. Eine Stütze hatte diese Hof¬ partei ferner an Maximilian von Baiern, dem vor Wallensteins Plänen, des Kaisers Macht wieder zu erhöhen, bangte. Zuletzt schlug sich auch Spanien zu Wallensteins Feinden. „So zahlreich und mächtig aber auch die Gegnerschaft Wallensteins war," sagt Schedel, „so ist es doch fraglich, ob es ihr gelungen wäre, ihn zu Falle zu bringen, wenn es nicht einen vom Schicksal heraufbeschwornen Widersacher ge¬ geben hätte, welcher ohne Unterlaß an seinem Untergange arbeitete und mit der List und Tücke eines Höllengeistes die feindlichen Elemente wachrief und leitete." Als diese« Widersacher bezeichnet er den Grafen Wilhelm Slawata. Demselben Manu, dessen Fenstersturz das Signal zum dreißigjährigen Kriege gegeben, ge¬ bühre vor allem der Ruhm, Wallensteins Sturz herbeigeführt zu haben, kein andrer als er sei die Urquelle der Verfälschungen seiner Geschichte. Freilich sind es nur wenige Angaben, die wir über Slawatas Leben habe». Wilhelm Slawata von China und Koschumberg entstammt einer alten, ver¬ armten böhmischen Herrenfamilie und wurde im Glauben der Brüdergemeinde erzogen. Nachdem er zum katholischen Bekenntniß übergetreten, zu Siena die Rechte studirt und weite Reisen gemacht hatte, begann er unter Kaiser Rudolf, der ihn zum Kämmerer und Hofmarschall machte und als Beisitzer ins Land- recht berief, seine öffentliche Laufbahn. Daß er ein starrer Vertreter der ka¬ tholischen Kirche und der päpstlichen Macht war, beweist der Umstand, daß er bei der Eintragung des Religionsbriefes in die Landtafel sich mit Martinitz weigerte, als Relator zu fungiren und die vereinbarte Amnestie mit zu unterschreiben. Die Erhebung Ferdinands auf den böhmischen Königsthron beförderte er eifrig, und als er unter die zehn Statthalter gewählt worden war, drängte er lebhaft zu entschiednen Maßregeln. Wenn von Wien aus die bekannten scharfen Be¬ fehle ergingen, so hat man nicht ohne Grund seine und Martinitz' Einwirkung dahinter gesucht. Jene Befehle waren es aber, welche die zur böhmischen Re¬ volution führende Erbitterung hervorriefen. Während Friedrichs vou der Pfalz kurzem Königthume trat Slawata in den Hintergrund. Sobald jedoch die Schlacht am weißen Berge das Ueberge- wicht der katholischen Waffen entschieden hatte, übernahm er wieder die alten Aemter und Würden, um nun rasch zu den höchsten Stellen aufzusteigen. Am 19. Januar 1652 schloß er im Wiener Profeßhaus der Jesuiten die Augen. In der Jesuitengruft zu Neuhaus wurde sein Leichnam beigesetzt. Die Geschäftskenntniß und Gcschüftsgewandtheit des Grafen Slawata be¬ zeichnet Schedel als eine außerordentliche. Dabei habe sein Gesichtskreis keines-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341833_157968/368>, abgerufen am 25.11.2024.