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Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Drittes Quartal.

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Die Entwicklung der Feudalität und das deutsche Kriegswesen in, frühen Mittelalter.

Allodialbesitzer wie für Söldner, welche den schuldigen Dienst nicht leisten, findet
sich weder in der Nomfahrtsconstitutivn noch in spätern Reichsgcsetzen eine
entsprechende Strafe angedroht.

In Bezug auf die Dauer der Heerfahrt nehmen die spätern Lehen¬
rechte an, daß eine Romfahrt ende, sobald der König zum Kaiser gekrönt sei,
und daß der Vassall bei einer Heerfahrt "binnen deutscher Zunge" zu nicht mehr
als sechs Wochen unentgeltlichen Dienstes verpflichtet sei. Das sind jedoch will¬
kürliche Satzungen. Der Beirath der Fürsten kam bei der Beschlußfassung über
die Heerfahrt zu gebührender Geltung; ebenda erwog man gewiß auch die muth-
maßliche Dauer des Feldzugs. Hatten die Fürsten aber einmal ihre Zustimmung
zur Unternehmung gegeben, so stand es allein beim Könige, zu entscheide",
wann er sie wieder beinfarben wollte. Meist war der Act der Entlassung Ein¬
zelner oder des ganzen Heeres mit besondrer Feierlichkeit verbunden. Uebrigens
leisteten die Fürsten zuweilen über das geforderte Maß hinaus, indem sie mehr
Mannen stellten als der Usus erwarten ließ, oder indem sie während ein und
desselben Jahres wiederholt zum Aufgebot erschienen. In einer Hinsicht aber
ist der König streng gebunden: er darf ein zu bestimmtem Zwecke gegen einen
bestimmten Feind bewilligtes Heer zu andern Zwecken nicht verwenden. Das
zeigt sich schon unter Heinrich IV.

Der Vassall diente wegen seines Lehens, der Ministeriell wegen seines Dienst-
gutes, der Freie wegen seines Allvdes. Frühzeitig aber schon begannen die
Könige, den Hcergenossen auch noch besondere stixenäis. (Sold oder Unter¬
haltungskosten) für den jedesmaligen Feldzug zu zahlen. Ursprünglich er¬
scheint das als ein Act königlicher Freigebigkeit; aber die gewohnheitsmäßige
Wiederkehr solcher Zahlungen ließ das freiwillig gebotene bald genug als ein
Recht in Auspruch nehmen. Schon unter Heinrich IV. fordern die Truppen
nach dem Sommerfeldzuge gegen Sachsen (1075) stürmisch ihr xr^inium. An¬
fangs haftete wohl der ursprüngliche Charakter solcher Spenden als eines Ge¬
schenkes noch im Bewußtsein, wie denn statt des Ausdrucks stixsnÄwm gelegent¬
lich auch das Wort äoimtivuin, gebraucht wird; aber im 12. Jahrhundert erscheint
die Zahlung des Stipendiums durchaus als obligatorisch. Die (Zonstitutio av
kxMitionv KomÄim billigt dem Vasallen, wie schon erwähnt, für die Hals¬
berge 3, für jeden Schildträger 1 Mark zu; die Ministerialen erhalten ihr zu¬
folge 5 Pfund Stipendium, nach dem Weißenburger Dienstrechte 10 Talente,
nach dem Bamberger von 1060 nur 3 Pfund, nach dem Kölner Dicnstrechte
dagegen 10 Mark. Die wahren Werthe dieser Beträge dürften schwierig fest¬
zustellen sein.

Wenn die Fürsten ihre Zustimmung zur Rcichsheerfahrt verweigerten, so
war der König, da ein Aufgebot der Gemeinfreien jedenfalls ganz ungenügend
zur Kriegführung sein mußte, lediglich auf seine eignen rnillw und auf Söldner
angewiesen. Die eignen irMtss des Königs waren solche Vassallen oder Mini-


Grenzbotcn III. 1381. 31
Die Entwicklung der Feudalität und das deutsche Kriegswesen in, frühen Mittelalter.

Allodialbesitzer wie für Söldner, welche den schuldigen Dienst nicht leisten, findet
sich weder in der Nomfahrtsconstitutivn noch in spätern Reichsgcsetzen eine
entsprechende Strafe angedroht.

In Bezug auf die Dauer der Heerfahrt nehmen die spätern Lehen¬
rechte an, daß eine Romfahrt ende, sobald der König zum Kaiser gekrönt sei,
und daß der Vassall bei einer Heerfahrt „binnen deutscher Zunge" zu nicht mehr
als sechs Wochen unentgeltlichen Dienstes verpflichtet sei. Das sind jedoch will¬
kürliche Satzungen. Der Beirath der Fürsten kam bei der Beschlußfassung über
die Heerfahrt zu gebührender Geltung; ebenda erwog man gewiß auch die muth-
maßliche Dauer des Feldzugs. Hatten die Fürsten aber einmal ihre Zustimmung
zur Unternehmung gegeben, so stand es allein beim Könige, zu entscheide»,
wann er sie wieder beinfarben wollte. Meist war der Act der Entlassung Ein¬
zelner oder des ganzen Heeres mit besondrer Feierlichkeit verbunden. Uebrigens
leisteten die Fürsten zuweilen über das geforderte Maß hinaus, indem sie mehr
Mannen stellten als der Usus erwarten ließ, oder indem sie während ein und
desselben Jahres wiederholt zum Aufgebot erschienen. In einer Hinsicht aber
ist der König streng gebunden: er darf ein zu bestimmtem Zwecke gegen einen
bestimmten Feind bewilligtes Heer zu andern Zwecken nicht verwenden. Das
zeigt sich schon unter Heinrich IV.

Der Vassall diente wegen seines Lehens, der Ministeriell wegen seines Dienst-
gutes, der Freie wegen seines Allvdes. Frühzeitig aber schon begannen die
Könige, den Hcergenossen auch noch besondere stixenäis. (Sold oder Unter¬
haltungskosten) für den jedesmaligen Feldzug zu zahlen. Ursprünglich er¬
scheint das als ein Act königlicher Freigebigkeit; aber die gewohnheitsmäßige
Wiederkehr solcher Zahlungen ließ das freiwillig gebotene bald genug als ein
Recht in Auspruch nehmen. Schon unter Heinrich IV. fordern die Truppen
nach dem Sommerfeldzuge gegen Sachsen (1075) stürmisch ihr xr^inium. An¬
fangs haftete wohl der ursprüngliche Charakter solcher Spenden als eines Ge¬
schenkes noch im Bewußtsein, wie denn statt des Ausdrucks stixsnÄwm gelegent¬
lich auch das Wort äoimtivuin, gebraucht wird; aber im 12. Jahrhundert erscheint
die Zahlung des Stipendiums durchaus als obligatorisch. Die (Zonstitutio av
kxMitionv KomÄim billigt dem Vasallen, wie schon erwähnt, für die Hals¬
berge 3, für jeden Schildträger 1 Mark zu; die Ministerialen erhalten ihr zu¬
folge 5 Pfund Stipendium, nach dem Weißenburger Dienstrechte 10 Talente,
nach dem Bamberger von 1060 nur 3 Pfund, nach dem Kölner Dicnstrechte
dagegen 10 Mark. Die wahren Werthe dieser Beträge dürften schwierig fest¬
zustellen sein.

Wenn die Fürsten ihre Zustimmung zur Rcichsheerfahrt verweigerten, so
war der König, da ein Aufgebot der Gemeinfreien jedenfalls ganz ungenügend
zur Kriegführung sein mußte, lediglich auf seine eignen rnillw und auf Söldner
angewiesen. Die eignen irMtss des Königs waren solche Vassallen oder Mini-


Grenzbotcn III. 1381. 31
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[0249] Die Entwicklung der Feudalität und das deutsche Kriegswesen in, frühen Mittelalter. Allodialbesitzer wie für Söldner, welche den schuldigen Dienst nicht leisten, findet sich weder in der Nomfahrtsconstitutivn noch in spätern Reichsgcsetzen eine entsprechende Strafe angedroht. In Bezug auf die Dauer der Heerfahrt nehmen die spätern Lehen¬ rechte an, daß eine Romfahrt ende, sobald der König zum Kaiser gekrönt sei, und daß der Vassall bei einer Heerfahrt „binnen deutscher Zunge" zu nicht mehr als sechs Wochen unentgeltlichen Dienstes verpflichtet sei. Das sind jedoch will¬ kürliche Satzungen. Der Beirath der Fürsten kam bei der Beschlußfassung über die Heerfahrt zu gebührender Geltung; ebenda erwog man gewiß auch die muth- maßliche Dauer des Feldzugs. Hatten die Fürsten aber einmal ihre Zustimmung zur Unternehmung gegeben, so stand es allein beim Könige, zu entscheide», wann er sie wieder beinfarben wollte. Meist war der Act der Entlassung Ein¬ zelner oder des ganzen Heeres mit besondrer Feierlichkeit verbunden. Uebrigens leisteten die Fürsten zuweilen über das geforderte Maß hinaus, indem sie mehr Mannen stellten als der Usus erwarten ließ, oder indem sie während ein und desselben Jahres wiederholt zum Aufgebot erschienen. In einer Hinsicht aber ist der König streng gebunden: er darf ein zu bestimmtem Zwecke gegen einen bestimmten Feind bewilligtes Heer zu andern Zwecken nicht verwenden. Das zeigt sich schon unter Heinrich IV. Der Vassall diente wegen seines Lehens, der Ministeriell wegen seines Dienst- gutes, der Freie wegen seines Allvdes. Frühzeitig aber schon begannen die Könige, den Hcergenossen auch noch besondere stixenäis. (Sold oder Unter¬ haltungskosten) für den jedesmaligen Feldzug zu zahlen. Ursprünglich er¬ scheint das als ein Act königlicher Freigebigkeit; aber die gewohnheitsmäßige Wiederkehr solcher Zahlungen ließ das freiwillig gebotene bald genug als ein Recht in Auspruch nehmen. Schon unter Heinrich IV. fordern die Truppen nach dem Sommerfeldzuge gegen Sachsen (1075) stürmisch ihr xr^inium. An¬ fangs haftete wohl der ursprüngliche Charakter solcher Spenden als eines Ge¬ schenkes noch im Bewußtsein, wie denn statt des Ausdrucks stixsnÄwm gelegent¬ lich auch das Wort äoimtivuin, gebraucht wird; aber im 12. Jahrhundert erscheint die Zahlung des Stipendiums durchaus als obligatorisch. Die (Zonstitutio av kxMitionv KomÄim billigt dem Vasallen, wie schon erwähnt, für die Hals¬ berge 3, für jeden Schildträger 1 Mark zu; die Ministerialen erhalten ihr zu¬ folge 5 Pfund Stipendium, nach dem Weißenburger Dienstrechte 10 Talente, nach dem Bamberger von 1060 nur 3 Pfund, nach dem Kölner Dicnstrechte dagegen 10 Mark. Die wahren Werthe dieser Beträge dürften schwierig fest¬ zustellen sein. Wenn die Fürsten ihre Zustimmung zur Rcichsheerfahrt verweigerten, so war der König, da ein Aufgebot der Gemeinfreien jedenfalls ganz ungenügend zur Kriegführung sein mußte, lediglich auf seine eignen rnillw und auf Söldner angewiesen. Die eignen irMtss des Königs waren solche Vassallen oder Mini- Grenzbotcn III. 1381. 31

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341833_157968/249>, abgerufen am 24.11.2024.