Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Drittes Quartal.Die Entwicklung der Feudcilität und das deutsche Ariegswesen im frühen Mittelalter. Kutte (cotes) oder Halsberge (ImubA't) derart ergänzt worden, daß MIN auch Jeder Gewappnete mußte zwei Rosse haben: einen Renner (ourrsns oder Die Musterung des Heeres geschah bei Römerfahrten gewöhnlich auf deu *) Geradeso erweiterte sich später der Begriff volbrro -- Halsband zu dein von "Koller." Im Cölner Dienstrechtc (12. Jahrhundert) ist von Pserdestcllung durch de" Herrn nicht die Rede. Schon im Wcißcubnrgcr Dienstrechtc (1029) steht der Ministerin! ganz anders; er hat selbst ein eignes Saumthier nebst zwei Knechten. f) Frz. tAonio, nat. und altspan. tollonia -- Ruchlosigkeit, Meineidigkeit, Lehnsfrevel.
Das Wort stammt von altfrz. tot, nat. Mo grausam, gottlos, ein Adjectiv vou zweifel¬ hafter Herkunft. Die Fclonic hat den Verlust des Lehens zur Folge. Ward einem Cleriker ein Lehen abgesprochen, das nicht seiner Person, sondern der Kirche gegeben worden, so ge¬ hörte es, so lange jener Prälat lebte, dem Könige; nach dessen Tode aber fiel es wieder dem Nachfolger im geistlichen Amte zu. So unter Conrad II. i. I. 10!'.7. Bei Fürsten galt das Nichtleisten schuldiger Heeresfolge zugleich als Hochverrnth (ro-Ms wsjost-rem), und darum konnten einem Fürsten, der sich, wie Heinrich der Löwe, dem Heerdienst entzog, nicht nur die Leben, sondern auch die Allode aberkannt werden. Die Entwicklung der Feudcilität und das deutsche Ariegswesen im frühen Mittelalter. Kutte (cotes) oder Halsberge (ImubA't) derart ergänzt worden, daß MIN auch Jeder Gewappnete mußte zwei Rosse haben: einen Renner (ourrsns oder Die Musterung des Heeres geschah bei Römerfahrten gewöhnlich auf deu *) Geradeso erweiterte sich später der Begriff volbrro — Halsband zu dein von „Koller." Im Cölner Dienstrechtc (12. Jahrhundert) ist von Pserdestcllung durch de» Herrn nicht die Rede. Schon im Wcißcubnrgcr Dienstrechtc (1029) steht der Ministerin! ganz anders; er hat selbst ein eignes Saumthier nebst zwei Knechten. f) Frz. tAonio, nat. und altspan. tollonia — Ruchlosigkeit, Meineidigkeit, Lehnsfrevel.
Das Wort stammt von altfrz. tot, nat. Mo grausam, gottlos, ein Adjectiv vou zweifel¬ hafter Herkunft. Die Fclonic hat den Verlust des Lehens zur Folge. Ward einem Cleriker ein Lehen abgesprochen, das nicht seiner Person, sondern der Kirche gegeben worden, so ge¬ hörte es, so lange jener Prälat lebte, dem Könige; nach dessen Tode aber fiel es wieder dem Nachfolger im geistlichen Amte zu. So unter Conrad II. i. I. 10!'.7. Bei Fürsten galt das Nichtleisten schuldiger Heeresfolge zugleich als Hochverrnth (ro-Ms wsjost-rem), und darum konnten einem Fürsten, der sich, wie Heinrich der Löwe, dem Heerdienst entzog, nicht nur die Leben, sondern auch die Allode aberkannt werden. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0248" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/150398"/> <fw type="header" place="top"> Die Entwicklung der Feudcilität und das deutsche Ariegswesen im frühen Mittelalter.</fw><lb/> <p xml:id="ID_802" prev="#ID_801"> Kutte (cotes) oder Halsberge (ImubA't) derart ergänzt worden, daß MIN auch<lb/> Kopf und Hals geschützt wurden. Endlich aber zog man Brünne und Halsberge<lb/> zu einem einzigen Stücke zusammen und nannte dann das Ganze (pM8 pro tot»)<lb/> ebenfalls Halsberge.*) Eine solche gesteht das Romfahrtsgcsetz den Ministerialen<lb/> nur ausnahmsweise, nur als besondre Gunst des Herrn zu; was sie fordert,<lb/> ist nur die Brünne. Offenbar ist die moderne Halsbergc genau an diejenige<lb/> Stelle getreten, welche zu Karls d. Gr. Tagen die Brünne eingenommen hatte,<lb/> die damals auch nur bevorzugten Dienstleuten aus den Vorräthen der Herren<lb/> zugewiesen worden war.</p><lb/> <p xml:id="ID_803"> Jeder Gewappnete mußte zwei Rosse haben: einen Renner (ourrsns oder<lb/> (löxtrarins) sür den Kampf und einen Klepper lamtmlims oder Mskricku«) für<lb/> den Marsch. Dies gilt auch von den reisigen Ministerialen. Diesen werden,<lb/> der Romfahrtsconstitution zufolge, von ihrem Herrn gewährt ano faul, unus<lb/> um'vns g,llvr g-mvnlims, g,actu.ut,ur g,o ÄuovU8 sooiis 8ouing,rin8 evmmitttlntur,<lb/> Hui ich ipsi8 g>et opu8 äominnrnm einig'Suevi' en8t,oäig,neur. Diese Bestimmung<lb/> zeigt den Ministerialen doch noch in ziemlich untergeordneter und abhängiger<lb/> Stellung, welche deutlich auf den frühen Ursprung der Constitution schließen<lb/> läßt. Denn sie nimmt an, daß der Mmisterial aus eignen Mitteln nicht gut<lb/> genug beritten sei, um den Heerfahrtsdieust thun zu können, und verpflichtet<lb/> daher den Herrn, für die Remvutirung seines Mannes zu sorgen.^) Ueberdies<lb/> aber wird je zwei Ministerialen auch noch ein Saumthier zugewiesen, das sie<lb/> zu hüten haben, und eben darin tritt noch einmal unverkennbar die alte Ministe-<lb/> rialenverpflichtuug der 8LMÄrii und eltdallttrü im Sinne einer Troßwache höchst<lb/> alterthümlich hervor. ***)</p><lb/> <p xml:id="ID_804" next="#ID_805"> Die Musterung des Heeres geschah bei Römerfahrten gewöhnlich auf deu<lb/> Feldern von Roneaglia östlich von Piacenza, wo die deutschen Könige ihr erstes<lb/> Nachtlager auf dem Boden Italiens zu nehmen pflegten. Wer hier beim Wacht-<lb/> dienste fehlte, der bewies dadurch, falls er gegen seines Herren Willen zurück¬<lb/> geblieben war, seiue Felonie und ging rechtlich seines Lehens verlustig.f) Für</p><lb/> <note xml:id="FID_63" place="foot"> *) Geradeso erweiterte sich später der Begriff volbrro — Halsband zu dein von „Koller."</note><lb/> <note xml:id="FID_64" place="foot"> Im Cölner Dienstrechtc (12. Jahrhundert) ist von Pserdestcllung durch de» Herrn<lb/> nicht die Rede.</note><lb/> <note xml:id="FID_65" place="foot"> Schon im Wcißcubnrgcr Dienstrechtc (1029) steht der Ministerin! ganz anders; er<lb/> hat selbst ein eignes Saumthier nebst zwei Knechten.</note><lb/> <note xml:id="FID_66" place="foot"> f) Frz. tAonio, nat. und altspan. tollonia — Ruchlosigkeit, Meineidigkeit, Lehnsfrevel.<lb/> Das Wort stammt von altfrz. tot, nat. Mo grausam, gottlos, ein Adjectiv vou zweifel¬<lb/> hafter Herkunft. Die Fclonic hat den Verlust des Lehens zur Folge. Ward einem Cleriker<lb/> ein Lehen abgesprochen, das nicht seiner Person, sondern der Kirche gegeben worden, so ge¬<lb/> hörte es, so lange jener Prälat lebte, dem Könige; nach dessen Tode aber fiel es wieder dem<lb/> Nachfolger im geistlichen Amte zu. So unter Conrad II. i. I. 10!'.7. Bei Fürsten galt<lb/> das Nichtleisten schuldiger Heeresfolge zugleich als Hochverrnth (ro-Ms wsjost-rem), und darum<lb/> konnten einem Fürsten, der sich, wie Heinrich der Löwe, dem Heerdienst entzog, nicht nur<lb/> die Leben, sondern auch die Allode aberkannt werden.</note><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0248]
Die Entwicklung der Feudcilität und das deutsche Ariegswesen im frühen Mittelalter.
Kutte (cotes) oder Halsberge (ImubA't) derart ergänzt worden, daß MIN auch
Kopf und Hals geschützt wurden. Endlich aber zog man Brünne und Halsberge
zu einem einzigen Stücke zusammen und nannte dann das Ganze (pM8 pro tot»)
ebenfalls Halsberge.*) Eine solche gesteht das Romfahrtsgcsetz den Ministerialen
nur ausnahmsweise, nur als besondre Gunst des Herrn zu; was sie fordert,
ist nur die Brünne. Offenbar ist die moderne Halsbergc genau an diejenige
Stelle getreten, welche zu Karls d. Gr. Tagen die Brünne eingenommen hatte,
die damals auch nur bevorzugten Dienstleuten aus den Vorräthen der Herren
zugewiesen worden war.
Jeder Gewappnete mußte zwei Rosse haben: einen Renner (ourrsns oder
(löxtrarins) sür den Kampf und einen Klepper lamtmlims oder Mskricku«) für
den Marsch. Dies gilt auch von den reisigen Ministerialen. Diesen werden,
der Romfahrtsconstitution zufolge, von ihrem Herrn gewährt ano faul, unus
um'vns g,llvr g-mvnlims, g,actu.ut,ur g,o ÄuovU8 sooiis 8ouing,rin8 evmmitttlntur,
Hui ich ipsi8 g>et opu8 äominnrnm einig'Suevi' en8t,oäig,neur. Diese Bestimmung
zeigt den Ministerialen doch noch in ziemlich untergeordneter und abhängiger
Stellung, welche deutlich auf den frühen Ursprung der Constitution schließen
läßt. Denn sie nimmt an, daß der Mmisterial aus eignen Mitteln nicht gut
genug beritten sei, um den Heerfahrtsdieust thun zu können, und verpflichtet
daher den Herrn, für die Remvutirung seines Mannes zu sorgen.^) Ueberdies
aber wird je zwei Ministerialen auch noch ein Saumthier zugewiesen, das sie
zu hüten haben, und eben darin tritt noch einmal unverkennbar die alte Ministe-
rialenverpflichtuug der 8LMÄrii und eltdallttrü im Sinne einer Troßwache höchst
alterthümlich hervor. ***)
Die Musterung des Heeres geschah bei Römerfahrten gewöhnlich auf deu
Feldern von Roneaglia östlich von Piacenza, wo die deutschen Könige ihr erstes
Nachtlager auf dem Boden Italiens zu nehmen pflegten. Wer hier beim Wacht-
dienste fehlte, der bewies dadurch, falls er gegen seines Herren Willen zurück¬
geblieben war, seiue Felonie und ging rechtlich seines Lehens verlustig.f) Für
*) Geradeso erweiterte sich später der Begriff volbrro — Halsband zu dein von „Koller."
Im Cölner Dienstrechtc (12. Jahrhundert) ist von Pserdestcllung durch de» Herrn
nicht die Rede.
Schon im Wcißcubnrgcr Dienstrechtc (1029) steht der Ministerin! ganz anders; er
hat selbst ein eignes Saumthier nebst zwei Knechten.
f) Frz. tAonio, nat. und altspan. tollonia — Ruchlosigkeit, Meineidigkeit, Lehnsfrevel.
Das Wort stammt von altfrz. tot, nat. Mo grausam, gottlos, ein Adjectiv vou zweifel¬
hafter Herkunft. Die Fclonic hat den Verlust des Lehens zur Folge. Ward einem Cleriker
ein Lehen abgesprochen, das nicht seiner Person, sondern der Kirche gegeben worden, so ge¬
hörte es, so lange jener Prälat lebte, dem Könige; nach dessen Tode aber fiel es wieder dem
Nachfolger im geistlichen Amte zu. So unter Conrad II. i. I. 10!'.7. Bei Fürsten galt
das Nichtleisten schuldiger Heeresfolge zugleich als Hochverrnth (ro-Ms wsjost-rem), und darum
konnten einem Fürsten, der sich, wie Heinrich der Löwe, dem Heerdienst entzog, nicht nur
die Leben, sondern auch die Allode aberkannt werden.
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