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Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Drittes Quartal.

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Die Lntwicklnng darFendalität und das deutsche Kriegswesen irr frühen Mittelalter.

gebracht wurden zu sein, wobei der Verfertiger sich jedoch inhaltlich durchweg
an die Angaben der alten Vorlage hielt und sich lediglich auf erklärende Zusätze
und dergleichen beschränkte, ohne sogar offenbar antiquirte Angaben zu beseitige",
sodaß die Constitution in erster Reihe als Zeugniß für die Zustände des 11. Jahr¬
hunderts zu betrachten ist. Unter Zugrundelegung dieses Actenstücks sowie der
andern urkundlichen Zeugnisse ergiebt sich nun im wesentlichen folgendes Bild.

Grundlage der Reichsheerpflicht war im allgemeinen der Besitz von Grund
und Boden, sei es Allod, Reichslehen oder Herrenlehen. Gesetzlich ist dies wohl
niemals ausgesprochen worden; aber es ergab sich aus der Natur der Dinge,
jetzt wie schon früher in karlingischer Zeit. Nach der Romfahrtseonstitutivn hatte
jeder, welcher 1" manÄ (Hufen) als Mannlehen besaß, dafür eine "Brnuue" oder
"Halsberge," d. h. einen Vvllgewcippneten, sowie zwei soutÄrii, also Leichtbewaff¬
nete zu stellen. Der Ministerial dagegen hatte von seinem Dienstgute schou
auf je fünf Mausen eine Brünne und einen soutÄrms zu stellen. Daß diese
Bestimmungen für das ganze Reich und lange Zeit hindurch gegolten hätten, ist
allerdings nicht zu erweisen, und jedenfalls waren, wenn nicht die Lehensrechte,
so doch die Dienstrechte, landschaftlich und zeitlich mannichfach verschieden;*)
immerhin aber wird überall und jederzeit eine derartige auf dem Grundbesitz
oder dem Einkommen vom Grundbesitz beruhende Scala bestanden haben. Die
Belastung des freien Eigenthums, des Allodes, war natürlich geringer als die
des Lehens. Nach der Ooustiwtio waren überhaupt uur Allodialgüter von mehr
als 10 Hufen verpflichtet, einen loriv^of zu stellen, d. h. zur Romfahrt; zu
andern Heerfahrten wurden unzweifelhaft auch geringere Güter herangezogen.

Dem Könige standen unmittelbar uur die Inhaber von Reichslehen oder
Allod, nicht ihre Vassalten oder Ministerialen für die Reichsheerfährt zu Recht.
Inhaber von Reichslehen waren zunächst alle geistliche!", reichsunmittelbaren
Stifter, ferner die weltlichen Fürsten und endlich die freien Herren des Reiches.
An kriegsfähigen Allvdialgütern war großer Mangel; kaum ein verschwindender
Bruchtheil von Altfreieu wird, namentlich an den italischen Zügen, in eigner
Person als milllss theilgenommen haben. Daher kommt es wohl, daß im 12. Jahr¬
hundert bei Otto voll Freising und beim ^.uvlor vstus as lxzuglleiis nur Belehnte
als zur Romfahrt verpflichtet erwähnt werden und der Allodinlbesitzer gar nicht
mehr gedacht wird. Sie dürften auch früher schon an deu Zügen "über Berg"
nur in kaum nennenswerther Anzahl theilgenommen haben. Bei andern Heer¬
fahrten mochte es noch eher vorkommen; indeß bei der Spärlichkeit des Eigen-
gntes diente der größere Theil der Altfreien nicht als Ritter, sondern zu Fuße,
und kam schon deshalb kaum noch in Betracht. Oft aber zahlte der ärmere
Gcmcinfreie dem Grafen oder dem Bischof auch eine Summe, für welche jene



Das Cölner Dienstrecht (12. Jahrhundert) bestimmte z. B., daß bei der Kaiserfahrt
alle Ministerialen, welche 5 Mark und darüber Einkommen hätten, fahren sollten, wtthreud
die, welche weniger als 5 Mark Ertrag vom Lehen hätte", nur steuern sollten.
Die Lntwicklnng darFendalität und das deutsche Kriegswesen irr frühen Mittelalter.

gebracht wurden zu sein, wobei der Verfertiger sich jedoch inhaltlich durchweg
an die Angaben der alten Vorlage hielt und sich lediglich auf erklärende Zusätze
und dergleichen beschränkte, ohne sogar offenbar antiquirte Angaben zu beseitige»,
sodaß die Constitution in erster Reihe als Zeugniß für die Zustände des 11. Jahr¬
hunderts zu betrachten ist. Unter Zugrundelegung dieses Actenstücks sowie der
andern urkundlichen Zeugnisse ergiebt sich nun im wesentlichen folgendes Bild.

Grundlage der Reichsheerpflicht war im allgemeinen der Besitz von Grund
und Boden, sei es Allod, Reichslehen oder Herrenlehen. Gesetzlich ist dies wohl
niemals ausgesprochen worden; aber es ergab sich aus der Natur der Dinge,
jetzt wie schon früher in karlingischer Zeit. Nach der Romfahrtseonstitutivn hatte
jeder, welcher 1» manÄ (Hufen) als Mannlehen besaß, dafür eine „Brnuue" oder
„Halsberge," d. h. einen Vvllgewcippneten, sowie zwei soutÄrii, also Leichtbewaff¬
nete zu stellen. Der Ministerial dagegen hatte von seinem Dienstgute schou
auf je fünf Mausen eine Brünne und einen soutÄrms zu stellen. Daß diese
Bestimmungen für das ganze Reich und lange Zeit hindurch gegolten hätten, ist
allerdings nicht zu erweisen, und jedenfalls waren, wenn nicht die Lehensrechte,
so doch die Dienstrechte, landschaftlich und zeitlich mannichfach verschieden;*)
immerhin aber wird überall und jederzeit eine derartige auf dem Grundbesitz
oder dem Einkommen vom Grundbesitz beruhende Scala bestanden haben. Die
Belastung des freien Eigenthums, des Allodes, war natürlich geringer als die
des Lehens. Nach der Ooustiwtio waren überhaupt uur Allodialgüter von mehr
als 10 Hufen verpflichtet, einen loriv^of zu stellen, d. h. zur Romfahrt; zu
andern Heerfahrten wurden unzweifelhaft auch geringere Güter herangezogen.

Dem Könige standen unmittelbar uur die Inhaber von Reichslehen oder
Allod, nicht ihre Vassalten oder Ministerialen für die Reichsheerfährt zu Recht.
Inhaber von Reichslehen waren zunächst alle geistliche!«, reichsunmittelbaren
Stifter, ferner die weltlichen Fürsten und endlich die freien Herren des Reiches.
An kriegsfähigen Allvdialgütern war großer Mangel; kaum ein verschwindender
Bruchtheil von Altfreieu wird, namentlich an den italischen Zügen, in eigner
Person als milllss theilgenommen haben. Daher kommt es wohl, daß im 12. Jahr¬
hundert bei Otto voll Freising und beim ^.uvlor vstus as lxzuglleiis nur Belehnte
als zur Romfahrt verpflichtet erwähnt werden und der Allodinlbesitzer gar nicht
mehr gedacht wird. Sie dürften auch früher schon an deu Zügen „über Berg"
nur in kaum nennenswerther Anzahl theilgenommen haben. Bei andern Heer¬
fahrten mochte es noch eher vorkommen; indeß bei der Spärlichkeit des Eigen-
gntes diente der größere Theil der Altfreien nicht als Ritter, sondern zu Fuße,
und kam schon deshalb kaum noch in Betracht. Oft aber zahlte der ärmere
Gcmcinfreie dem Grafen oder dem Bischof auch eine Summe, für welche jene



Das Cölner Dienstrecht (12. Jahrhundert) bestimmte z. B., daß bei der Kaiserfahrt
alle Ministerialen, welche 5 Mark und darüber Einkommen hätten, fahren sollten, wtthreud
die, welche weniger als 5 Mark Ertrag vom Lehen hätte», nur steuern sollten.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341833_157968/244>, abgerufen am 25.11.2024.