Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Drittes Quartal.Die ^utwicklung der Fcudalitcit und tels deutsche Ariegsmesen im frühen Mittelalter. häufigen Wechsel des Aufenthaltsortes der Könige weit kürzere Deiner hatten Liegt in der aus unrthschaftlichen Gründen nothwendig gewordnen Aen¬ Die ^utwicklung der Fcudalitcit und tels deutsche Ariegsmesen im frühen Mittelalter. häufigen Wechsel des Aufenthaltsortes der Könige weit kürzere Deiner hatten Liegt in der aus unrthschaftlichen Gründen nothwendig gewordnen Aen¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0204" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/150354"/> <fw type="header" place="top"> Die ^utwicklung der Fcudalitcit und tels deutsche Ariegsmesen im frühen Mittelalter.</fw><lb/> <p xml:id="ID_678" prev="#ID_677"> häufigen Wechsel des Aufenthaltsortes der Könige weit kürzere Deiner hatten<lb/> als die alten Reichstage; die Verhandlungen wurden tumultuarischer; um die<lb/> Stelle der schriftlichen Instructionen der Capitularien, dieser wesentlichen Grund¬<lb/> lage einer consequenten Verwaltung, trat großentheils die mündliche und daher<lb/> weniger gesicherte, uüllkürlichere Entscheidung. Es liegt auf der Hand, wie sehr<lb/> alle diese Momente den Einfluß der Territorialgewalten steigern mußte», und<lb/> diese Territorialgewalten waren durchweg feudal constituirt.</p><lb/> <p xml:id="ID_679" next="#ID_680"> Liegt in der aus unrthschaftlichen Gründen nothwendig gewordnen Aen¬<lb/> derung der Formen des königlichen Hofhaltes ein Anlaß zu weiterer Stärkung der<lb/> particulären Mächte, so brachte die Durchführung der wirtschaftlichen Selbst-<lb/> regierung in kleinen Kreisen ebenfalls Ergebnisse, die der Bedeutung des König¬<lb/> thums Abbruch thäte». Zwar hatte der tüchtige karlingische Landwirth an dein<lb/> großen Kaiser einen aufmerksamen Beschützer seiner Interessen gehabt, der gewissen¬<lb/> hafte Ministcriale deu Mittelpunkt eines Wohl durchdachten, kräftig arbeitenden<lb/> Nerwaltuugsshstems; aber sie hatten doch auch oft empfindlich gelitten unter<lb/> jenem unruhigen Universalismus der Centralgewalt, die überall als Regulator<lb/> eines wirthschaftlichen Lebens eingriff, dessen Kräfte sich doch eben erst in un¬<lb/> endlich mannigfaltigen und engen Kreisen hervorzuthun begannen. Nunmehr<lb/> vermochte die deutsche Wirthschaft sich individuell, der jedesmaligen Oertlichkeit<lb/> und Gütervertheilung gemäß zu gestalten, und seitdem gelangen ihr große und<lb/> unerwartete Fortschritte, welche zunächst besonders den Ccnsnalen zugute kamen,<lb/> d. h. jener Klasse abhängiger Leute, die sich nicht auf Gnade und Ungnade,<lb/> sondern mit dem bewußten Umblick eines verständigen Entschlusses den wachsenden<lb/> Herrschaften angeschlossen hatten. Diesen Censualen gelang es (wenigstens bis<lb/> zum 12. Jahrhundert), ihre Zinssätze und Pflichtleistungen den Herren gegen¬<lb/> über genau festzustellen, und dies gab ihnen eine wirthschaftliche Sicherheit, welche<lb/> die französischen villiM, die in entsprechender Stellung waren, niemals zu er¬<lb/> reichen vermochten. Auf diese Sicherheit gestützt wahrten sich die Censualen auch<lb/> das Recht der alten Freien, nur von ihresgleichen gerichtet zu werden, während<lb/> die eigentlichen Hörigen, die k^inili^s, unmittelbar vom Herren selbst gerichtet<lb/> und gestraft wurden. Diese sichere Stellung der Censualcu gewährleistete die<lb/> Existenz eines tüchtigen Mittelstandes in Deutschland, befähigte die Bauern und<lb/> Bürger, jene wunderbar energische Kolonisation des Ostens durchzuführen, welche<lb/> einen so großen Kreis slavisch gewordner Länder dem Deutschthum zurückgewann,<lb/> und gestattete, daheim eine Menge fcstgeschlvssener und wohl geordneter Hofrechte<lb/> zu schaffen. Aber eben die Ordnung und Sicherheit dieser Verhältnisse ließ<lb/> damals in Deutschland nicht so wie in den Nachbarreichen das Bedürfniß einer<lb/> straffen Centralregierung von normannischer oder capetingischer Art hervortreten,<lb/> und damit entbehrte das deutsche Königthum jenes überaus wirksamen Macht¬<lb/> hebels, dessen sich die französischen Könige ihrer Aristokratie gegenüber mit<lb/> so großem Erfolge bedient haben. So schlug selbst eine der glücklichsten</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0204]
Die ^utwicklung der Fcudalitcit und tels deutsche Ariegsmesen im frühen Mittelalter.
häufigen Wechsel des Aufenthaltsortes der Könige weit kürzere Deiner hatten
als die alten Reichstage; die Verhandlungen wurden tumultuarischer; um die
Stelle der schriftlichen Instructionen der Capitularien, dieser wesentlichen Grund¬
lage einer consequenten Verwaltung, trat großentheils die mündliche und daher
weniger gesicherte, uüllkürlichere Entscheidung. Es liegt auf der Hand, wie sehr
alle diese Momente den Einfluß der Territorialgewalten steigern mußte», und
diese Territorialgewalten waren durchweg feudal constituirt.
Liegt in der aus unrthschaftlichen Gründen nothwendig gewordnen Aen¬
derung der Formen des königlichen Hofhaltes ein Anlaß zu weiterer Stärkung der
particulären Mächte, so brachte die Durchführung der wirtschaftlichen Selbst-
regierung in kleinen Kreisen ebenfalls Ergebnisse, die der Bedeutung des König¬
thums Abbruch thäte». Zwar hatte der tüchtige karlingische Landwirth an dein
großen Kaiser einen aufmerksamen Beschützer seiner Interessen gehabt, der gewissen¬
hafte Ministcriale deu Mittelpunkt eines Wohl durchdachten, kräftig arbeitenden
Nerwaltuugsshstems; aber sie hatten doch auch oft empfindlich gelitten unter
jenem unruhigen Universalismus der Centralgewalt, die überall als Regulator
eines wirthschaftlichen Lebens eingriff, dessen Kräfte sich doch eben erst in un¬
endlich mannigfaltigen und engen Kreisen hervorzuthun begannen. Nunmehr
vermochte die deutsche Wirthschaft sich individuell, der jedesmaligen Oertlichkeit
und Gütervertheilung gemäß zu gestalten, und seitdem gelangen ihr große und
unerwartete Fortschritte, welche zunächst besonders den Ccnsnalen zugute kamen,
d. h. jener Klasse abhängiger Leute, die sich nicht auf Gnade und Ungnade,
sondern mit dem bewußten Umblick eines verständigen Entschlusses den wachsenden
Herrschaften angeschlossen hatten. Diesen Censualen gelang es (wenigstens bis
zum 12. Jahrhundert), ihre Zinssätze und Pflichtleistungen den Herren gegen¬
über genau festzustellen, und dies gab ihnen eine wirthschaftliche Sicherheit, welche
die französischen villiM, die in entsprechender Stellung waren, niemals zu er¬
reichen vermochten. Auf diese Sicherheit gestützt wahrten sich die Censualen auch
das Recht der alten Freien, nur von ihresgleichen gerichtet zu werden, während
die eigentlichen Hörigen, die k^inili^s, unmittelbar vom Herren selbst gerichtet
und gestraft wurden. Diese sichere Stellung der Censualcu gewährleistete die
Existenz eines tüchtigen Mittelstandes in Deutschland, befähigte die Bauern und
Bürger, jene wunderbar energische Kolonisation des Ostens durchzuführen, welche
einen so großen Kreis slavisch gewordner Länder dem Deutschthum zurückgewann,
und gestattete, daheim eine Menge fcstgeschlvssener und wohl geordneter Hofrechte
zu schaffen. Aber eben die Ordnung und Sicherheit dieser Verhältnisse ließ
damals in Deutschland nicht so wie in den Nachbarreichen das Bedürfniß einer
straffen Centralregierung von normannischer oder capetingischer Art hervortreten,
und damit entbehrte das deutsche Königthum jenes überaus wirksamen Macht¬
hebels, dessen sich die französischen Könige ihrer Aristokratie gegenüber mit
so großem Erfolge bedient haben. So schlug selbst eine der glücklichsten
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