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Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Zweites Quartal.

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Serpa Plutos Wanderung dnrch Afrika.

es ist nicht "veiter nöthig, die Männer aufzuzählen, welche vor Pinto diese Land¬
schaften bereist haben.

Nach dieser kurzen Orientirung über die Reise und ihr Verhältniß zu der
übrigen Afrikafvrschung möge es gestattet sein, der persönlichen Schicksale Plutos
und einiger Einzelheiten Erwähnung zu thun.

Major Serpa Pinto gehört seinem Stande nach in die Kategorie Payer
und Wehprecht, er ist von Hause aus Offizier, und die erste Anregung zu einer
wissenschaftlichen Afrikareise wurde ihm auf dienstlichen Wege gegeben. Während
des Jahres 1869 hatte er am untern Zambesi gegen die Eingebornen von Mnssaugano
gefochten und damals von den Behörden den Auftrag empfangen, den obern Lauf
des Znmbesi zu untersuchen. Obgleich dieser Plan nicht zur Ausführung ge¬
langte, wirkte doch die gegebne Anregung in Pinto fort, so daß er sich neben
seinen dienstlichen Obliegenheiten beständig mit der Geographie dieses Gebietes
beschäftigte, bis endlich dnrch seine eignen und der portugiesischen Behörden fort¬
gesetzte Bemühungen die Expedition ins Leben trat. Dieser Expedition, an welcher
außer Pinto noch zwei andre Portugiesen, Capello und Jvens, theilnahmen, war
die Summe von 30 Conto Reis (---- 135 000 Mark) mit dem Auftrag bewilligt,
die hhdrographischeu Beziehungen zwischen dem Becken des Congo und dem des
Zambesi festzustellen und die Erforschung der Länder zwischen den portugiesischen
Colonien an beiden Küsten Südafrikas (Benguella und Mvznmbiqne) auszu¬
führen. Dieseiu ursprünglichen Plan wurde später die Bestimmung hinzugefügt,
den Fluß Cuango zu vermessen und die Länder zu studiren, in welchen der Cuanza,
Cnnene und Cubcmgo entspringen.

Wie es die Natur einer Reise in völlig oder fast unbekannte Gebiete mit
sich bringt, handelte es sich nicht um absolute, unwandelbare Vorschriften, sondern
es war den Mitgliedern genügend freier Spielraum gelassen, nach Zeit und Um¬
ständen die Marschrouten zu bestimmen und die Forschungsanfgabe zu modifi-
ciren. Solche Aenderungen machten sich schon in Benguella dem Ausgangs¬
punkte der Reise nöthig; die wichtigste derselben trat ein, als Capello und Jvens
dem auf dem Marsche nach Biho befindlichen Pinto ihre Absicht mittheilten, für
sich allein eine Reise machen zu wollen. Ursprünglich hatten sie nämlich vor¬
gehabt, MH6 auf verschleimen Wegen zu erreichen und von da ans die eigent¬
liche Arbeit zu beginnen. Pinto kam dadurch in die erste jener Verlegenheiten
und Gefahren, von denen er während seines staunenswerthen Marsches so häufig
betroffen wurde und die das schließliche Gelingen desselben als eine Art Wunder
erscheinen lassen, so gehäuft und scheinbar unüberwindlich traten ihm die Schwierig¬
keiten entgegen, bestehend in heftigen Fieberanfällen, in der Unzuverlässigkeit,
Unredlichkeit und Flucht der Führer, im Mangel an Proviant, Tauschmitteln


Grcnzlwtm II. 1881. "4
Serpa Plutos Wanderung dnrch Afrika.

es ist nicht »veiter nöthig, die Männer aufzuzählen, welche vor Pinto diese Land¬
schaften bereist haben.

Nach dieser kurzen Orientirung über die Reise und ihr Verhältniß zu der
übrigen Afrikafvrschung möge es gestattet sein, der persönlichen Schicksale Plutos
und einiger Einzelheiten Erwähnung zu thun.

Major Serpa Pinto gehört seinem Stande nach in die Kategorie Payer
und Wehprecht, er ist von Hause aus Offizier, und die erste Anregung zu einer
wissenschaftlichen Afrikareise wurde ihm auf dienstlichen Wege gegeben. Während
des Jahres 1869 hatte er am untern Zambesi gegen die Eingebornen von Mnssaugano
gefochten und damals von den Behörden den Auftrag empfangen, den obern Lauf
des Znmbesi zu untersuchen. Obgleich dieser Plan nicht zur Ausführung ge¬
langte, wirkte doch die gegebne Anregung in Pinto fort, so daß er sich neben
seinen dienstlichen Obliegenheiten beständig mit der Geographie dieses Gebietes
beschäftigte, bis endlich dnrch seine eignen und der portugiesischen Behörden fort¬
gesetzte Bemühungen die Expedition ins Leben trat. Dieser Expedition, an welcher
außer Pinto noch zwei andre Portugiesen, Capello und Jvens, theilnahmen, war
die Summe von 30 Conto Reis (---- 135 000 Mark) mit dem Auftrag bewilligt,
die hhdrographischeu Beziehungen zwischen dem Becken des Congo und dem des
Zambesi festzustellen und die Erforschung der Länder zwischen den portugiesischen
Colonien an beiden Küsten Südafrikas (Benguella und Mvznmbiqne) auszu¬
führen. Dieseiu ursprünglichen Plan wurde später die Bestimmung hinzugefügt,
den Fluß Cuango zu vermessen und die Länder zu studiren, in welchen der Cuanza,
Cnnene und Cubcmgo entspringen.

Wie es die Natur einer Reise in völlig oder fast unbekannte Gebiete mit
sich bringt, handelte es sich nicht um absolute, unwandelbare Vorschriften, sondern
es war den Mitgliedern genügend freier Spielraum gelassen, nach Zeit und Um¬
ständen die Marschrouten zu bestimmen und die Forschungsanfgabe zu modifi-
ciren. Solche Aenderungen machten sich schon in Benguella dem Ausgangs¬
punkte der Reise nöthig; die wichtigste derselben trat ein, als Capello und Jvens
dem auf dem Marsche nach Biho befindlichen Pinto ihre Absicht mittheilten, für
sich allein eine Reise machen zu wollen. Ursprünglich hatten sie nämlich vor¬
gehabt, MH6 auf verschleimen Wegen zu erreichen und von da ans die eigent¬
liche Arbeit zu beginnen. Pinto kam dadurch in die erste jener Verlegenheiten
und Gefahren, von denen er während seines staunenswerthen Marsches so häufig
betroffen wurde und die das schließliche Gelingen desselben als eine Art Wunder
erscheinen lassen, so gehäuft und scheinbar unüberwindlich traten ihm die Schwierig¬
keiten entgegen, bestehend in heftigen Fieberanfällen, in der Unzuverlässigkeit,
Unredlichkeit und Flucht der Führer, im Mangel an Proviant, Tauschmitteln


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[0509] Serpa Plutos Wanderung dnrch Afrika. es ist nicht »veiter nöthig, die Männer aufzuzählen, welche vor Pinto diese Land¬ schaften bereist haben. Nach dieser kurzen Orientirung über die Reise und ihr Verhältniß zu der übrigen Afrikafvrschung möge es gestattet sein, der persönlichen Schicksale Plutos und einiger Einzelheiten Erwähnung zu thun. Major Serpa Pinto gehört seinem Stande nach in die Kategorie Payer und Wehprecht, er ist von Hause aus Offizier, und die erste Anregung zu einer wissenschaftlichen Afrikareise wurde ihm auf dienstlichen Wege gegeben. Während des Jahres 1869 hatte er am untern Zambesi gegen die Eingebornen von Mnssaugano gefochten und damals von den Behörden den Auftrag empfangen, den obern Lauf des Znmbesi zu untersuchen. Obgleich dieser Plan nicht zur Ausführung ge¬ langte, wirkte doch die gegebne Anregung in Pinto fort, so daß er sich neben seinen dienstlichen Obliegenheiten beständig mit der Geographie dieses Gebietes beschäftigte, bis endlich dnrch seine eignen und der portugiesischen Behörden fort¬ gesetzte Bemühungen die Expedition ins Leben trat. Dieser Expedition, an welcher außer Pinto noch zwei andre Portugiesen, Capello und Jvens, theilnahmen, war die Summe von 30 Conto Reis (---- 135 000 Mark) mit dem Auftrag bewilligt, die hhdrographischeu Beziehungen zwischen dem Becken des Congo und dem des Zambesi festzustellen und die Erforschung der Länder zwischen den portugiesischen Colonien an beiden Küsten Südafrikas (Benguella und Mvznmbiqne) auszu¬ führen. Dieseiu ursprünglichen Plan wurde später die Bestimmung hinzugefügt, den Fluß Cuango zu vermessen und die Länder zu studiren, in welchen der Cuanza, Cnnene und Cubcmgo entspringen. Wie es die Natur einer Reise in völlig oder fast unbekannte Gebiete mit sich bringt, handelte es sich nicht um absolute, unwandelbare Vorschriften, sondern es war den Mitgliedern genügend freier Spielraum gelassen, nach Zeit und Um¬ ständen die Marschrouten zu bestimmen und die Forschungsanfgabe zu modifi- ciren. Solche Aenderungen machten sich schon in Benguella dem Ausgangs¬ punkte der Reise nöthig; die wichtigste derselben trat ein, als Capello und Jvens dem auf dem Marsche nach Biho befindlichen Pinto ihre Absicht mittheilten, für sich allein eine Reise machen zu wollen. Ursprünglich hatten sie nämlich vor¬ gehabt, MH6 auf verschleimen Wegen zu erreichen und von da ans die eigent¬ liche Arbeit zu beginnen. Pinto kam dadurch in die erste jener Verlegenheiten und Gefahren, von denen er während seines staunenswerthen Marsches so häufig betroffen wurde und die das schließliche Gelingen desselben als eine Art Wunder erscheinen lassen, so gehäuft und scheinbar unüberwindlich traten ihm die Schwierig¬ keiten entgegen, bestehend in heftigen Fieberanfällen, in der Unzuverlässigkeit, Unredlichkeit und Flucht der Führer, im Mangel an Proviant, Tauschmitteln Grcnzlwtm II. 1881. «4

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341833_157699/509>, abgerufen am 23.07.2024.