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Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Zweites Quartal.

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Serpa j)meos Wanderung durch Afrika.

neue reizt zwar jeden am meisten, den Fachmann und den Laien, aber nur der
oberflächlichste Beurtheiler wird eine Leistung lediglich nach dem Grade ihrer Neu¬
heit messen, vielmehr muß jedem, der die Zustände ihrer Wirklichkeit nach kennen
will, daran gelegen sein, sie von verschiednen Seiten betrachten zu können. Ist
doch selbst der fähigste und geschulteste Reisende gewissen Täuschungen und Irr¬
thümern ausgesetzt, die, einmal in das allgemeine Bewußtsein übergegangen,
um so schwerer sich ausrotten lassen, je größer die Geltung ihres Urhebers
bei den Zeitgenossen ist. Man denke nur an gewisse Einzelheiten aus den
Reiseberichten Alexanders von Humboldt. Das Odium später nicht mehr weg¬
zuleugnender Irrungen auf den Autor zu werfen, vermag nur ein kritikloser
Eiferer zu thun. Jedenfalls ist eine frühzeite Controle in allseitigem Interesse
erwünscht.

Die Berührungen von Plutos Wegen mit denen früherer Reisenden sind
nun im wesentlichen folgende. Die Abtheilung Benguella-Biss liegt zum größten
Theil im portugiesischen Colonialgebict. Die Strecke von Bakuma uach Katongo
am Zambesi, d. h. die Überschreitung der Wasserscheide der Atlantischen Ab¬
flüsse und des obern Zambesi war schon von dem Portugiesen silva Porto
18S3--S4 in gerader Linie ausgeführt worden; aber über seine Reisen sind keinerlei
Einzelheiten nach Europa gelangt, sondern er geht erst jetzt damit um, seine Er¬
gebnisse und Erfahrungen zu veröffentlichen. Pinto ging diesem etwa parallel
und zwar nördlich. Die Strecke von Biss nach Norden in das Reich des Muata
Jamwo hatte L. Magyar 1860 und 1831 zwei Mal zurückgelegt. Das Stück
des Zambesioberlcmfes von Katongo bis schadete hatte Livingstone 1865 besucht;
Livingstone kam von Süden, Pinto von Norden. Die höchst interessanten Victoria¬
fülle des Zambesi hat anßer Livingstone auch unser Landsmann Eduard Mohr
gesehen und mit lebhaften Farben geschildert. Die Abtheilung von den Victoria¬
fällen bis zu der Salzpfanne Tschucmssa oder, wie sie Pinto nennt, Maearicari
war dagegen zum allergrößten Theile unbekanntes Land, nur in Data wurde
diese Route von Baines 1862 gekreuzt, der vom Ngamisee aus den Zambesi
unterhalb der eben erwähnten Fülle erreichte. Das Stück von der Salzpfanne
Maearieari bis Schoschong, d. h. die Wasserscheide zwischen dem Zambesi und
dem Limpvpo hatte Chäpmcm 1834 zurückgelegt, und in Schoschong selbst war
Livingstone 18S3 gewesen, hatte aber damals von da aus eine nordwestliche
Richtung eingeschlagen. Von Schoschong aus erreichte Pinto in der Nähe des
Wendekreises das Limpopothal oder, wie er südlich vom Wendekreis heißt, des
Krokodilflusses und betrat damit ein Gebiet, das vor ihm besonders Carl Mauch
1866--67 untersucht hatte. Mit dem Eintritt in den Transvaalstaat und dem
Besuch seiner Hauptstadt Pretoria hört die eigentliche Forschungsreise auf, und


Serpa j)meos Wanderung durch Afrika.

neue reizt zwar jeden am meisten, den Fachmann und den Laien, aber nur der
oberflächlichste Beurtheiler wird eine Leistung lediglich nach dem Grade ihrer Neu¬
heit messen, vielmehr muß jedem, der die Zustände ihrer Wirklichkeit nach kennen
will, daran gelegen sein, sie von verschiednen Seiten betrachten zu können. Ist
doch selbst der fähigste und geschulteste Reisende gewissen Täuschungen und Irr¬
thümern ausgesetzt, die, einmal in das allgemeine Bewußtsein übergegangen,
um so schwerer sich ausrotten lassen, je größer die Geltung ihres Urhebers
bei den Zeitgenossen ist. Man denke nur an gewisse Einzelheiten aus den
Reiseberichten Alexanders von Humboldt. Das Odium später nicht mehr weg¬
zuleugnender Irrungen auf den Autor zu werfen, vermag nur ein kritikloser
Eiferer zu thun. Jedenfalls ist eine frühzeite Controle in allseitigem Interesse
erwünscht.

Die Berührungen von Plutos Wegen mit denen früherer Reisenden sind
nun im wesentlichen folgende. Die Abtheilung Benguella-Biss liegt zum größten
Theil im portugiesischen Colonialgebict. Die Strecke von Bakuma uach Katongo
am Zambesi, d. h. die Überschreitung der Wasserscheide der Atlantischen Ab¬
flüsse und des obern Zambesi war schon von dem Portugiesen silva Porto
18S3—S4 in gerader Linie ausgeführt worden; aber über seine Reisen sind keinerlei
Einzelheiten nach Europa gelangt, sondern er geht erst jetzt damit um, seine Er¬
gebnisse und Erfahrungen zu veröffentlichen. Pinto ging diesem etwa parallel
und zwar nördlich. Die Strecke von Biss nach Norden in das Reich des Muata
Jamwo hatte L. Magyar 1860 und 1831 zwei Mal zurückgelegt. Das Stück
des Zambesioberlcmfes von Katongo bis schadete hatte Livingstone 1865 besucht;
Livingstone kam von Süden, Pinto von Norden. Die höchst interessanten Victoria¬
fülle des Zambesi hat anßer Livingstone auch unser Landsmann Eduard Mohr
gesehen und mit lebhaften Farben geschildert. Die Abtheilung von den Victoria¬
fällen bis zu der Salzpfanne Tschucmssa oder, wie sie Pinto nennt, Maearicari
war dagegen zum allergrößten Theile unbekanntes Land, nur in Data wurde
diese Route von Baines 1862 gekreuzt, der vom Ngamisee aus den Zambesi
unterhalb der eben erwähnten Fülle erreichte. Das Stück von der Salzpfanne
Maearieari bis Schoschong, d. h. die Wasserscheide zwischen dem Zambesi und
dem Limpvpo hatte Chäpmcm 1834 zurückgelegt, und in Schoschong selbst war
Livingstone 18S3 gewesen, hatte aber damals von da aus eine nordwestliche
Richtung eingeschlagen. Von Schoschong aus erreichte Pinto in der Nähe des
Wendekreises das Limpopothal oder, wie er südlich vom Wendekreis heißt, des
Krokodilflusses und betrat damit ein Gebiet, das vor ihm besonders Carl Mauch
1866—67 untersucht hatte. Mit dem Eintritt in den Transvaalstaat und dem
Besuch seiner Hauptstadt Pretoria hört die eigentliche Forschungsreise auf, und


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341833_157699/508>, abgerufen am 23.07.2024.