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Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Zweites Quartal.

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Zur ältesten Geschichte der Mark Meißen.

Wollen wir den Plan des Verfassers und die Anlage seiner Arbeit würdigen,
so empfiehlt es sich am meisten, mit einigen Worten über die Entstehung der¬
selben und über ihren engen Zusammenhang mit dem großen sächsischen Qnellen-
wertc, dem ^velox clixlomativus 8g,xonmö rc^ins, zu beginnen. Wir thun dies
um so lieber, als der letztre in weitern und selbst in Fachkreisen noch immer
weit weniger bekannt ist, als man von einem der hervorragendsten unter den
zahlreichen specialgeschichtlichen Urkundcnbüchern, die unsre Zeit hervorgebracht
hat, erwarten sollte. Konnte doch noch vor wenigen Monaten ein namhafter
Historiker die Geschichte einer bedeutenden Leipziger Innung veröffentlichen, ohne
das einen Theil des erwähnten Lioclsx äiplnumtiouL bildende, musterhaft gearbeitete
Leipziger Urkundenbuch zu Rathe zu ziehen!

Die Ueberzeugung, daß jeder Staat, dem die eigne Ehre lieb ist, auch für
seine Geschichte und die Erhaltung ihrer Denkmäler sorgt, bestimmte vor nun¬
mehr zwanzig Jahren den damaligen Cultusminister Freiherrn von Falkenstein,
die Anregung zu einer Publication sämmtlicher urkundlicher Quellen der sächsischen
Geschichte zu geben; die Ausführung wurde dem Oberbibliothekar Dr. Gersdorf
in Leipzig übertragen. Das Programm, das dieser entwarf und das der Haupt¬
sache nach unverändert geblieben ist, theilte den Stoff, dessen Umfang sich mehr
und mehr als ein sehr bedeutender herausstellte, in drei Haupttheile. Die erste
Abtheilung sollte in fortlaufender chronologischer Ordnung die Urkunden zur Ge¬
schichte des Herrscherhauses und zur allgemeinen Landesgeschichte, die zweite Ab¬
theilung Diplomatnrien der einzelnen Stifter und Klöster und der geschichtlich
bedeutendem Städte des Landes, die dritte Abtheilung in einzelnen großen localen
Gruppen die Urkunden kleinerer Ortschaften, die für die Adelsgeschichte wichtigen
Documente, überhaupt alles, was in den ersten beideu Abtheilungen nicht Platz
finden konnte, enthalten.

Zunächst in Angriff genommen wurde die zweite Abtheilung; die Schwierig¬
keiten waren hier insofern am geringsten, als das Material am leichtesten zu¬
sammengebracht werden konnte. Den ersten, die ältere Geschichte des Hochstifts
Meißen umfassenden Band dieser Abtheilung veröffentlichte Gersdorf im Jahre
1864, kurz nach dem Erscheinen des ersten Bandes des von Karl von Weber
und Wilhelm Wnchsmuth begründete" "Archivs für die Sächsische Geschichte,"
des zweiten, in etwas veränderter Gestalt ebenfalls bis jetzt fortbestehenden Unter¬
nehmens, durch welches die sächsische Staatsregierung die Erforschung der heimischen
Geschichte fördert. Ihm folgten dann 1865 und 1867 der 2. und 3. Band
des Hochstifts Meißen; ferner 1868 und 1870 die beideu ersten Bände des Ur-
kundenbuchs vou Leipzig, 1873 das Urkundenbuch der Stadt Meißen, 1875 die
Urkundenbücher von Dresden und Pirna. Die letztgenannten städtischen Diplo-


Zur ältesten Geschichte der Mark Meißen.

Wollen wir den Plan des Verfassers und die Anlage seiner Arbeit würdigen,
so empfiehlt es sich am meisten, mit einigen Worten über die Entstehung der¬
selben und über ihren engen Zusammenhang mit dem großen sächsischen Qnellen-
wertc, dem ^velox clixlomativus 8g,xonmö rc^ins, zu beginnen. Wir thun dies
um so lieber, als der letztre in weitern und selbst in Fachkreisen noch immer
weit weniger bekannt ist, als man von einem der hervorragendsten unter den
zahlreichen specialgeschichtlichen Urkundcnbüchern, die unsre Zeit hervorgebracht
hat, erwarten sollte. Konnte doch noch vor wenigen Monaten ein namhafter
Historiker die Geschichte einer bedeutenden Leipziger Innung veröffentlichen, ohne
das einen Theil des erwähnten Lioclsx äiplnumtiouL bildende, musterhaft gearbeitete
Leipziger Urkundenbuch zu Rathe zu ziehen!

Die Ueberzeugung, daß jeder Staat, dem die eigne Ehre lieb ist, auch für
seine Geschichte und die Erhaltung ihrer Denkmäler sorgt, bestimmte vor nun¬
mehr zwanzig Jahren den damaligen Cultusminister Freiherrn von Falkenstein,
die Anregung zu einer Publication sämmtlicher urkundlicher Quellen der sächsischen
Geschichte zu geben; die Ausführung wurde dem Oberbibliothekar Dr. Gersdorf
in Leipzig übertragen. Das Programm, das dieser entwarf und das der Haupt¬
sache nach unverändert geblieben ist, theilte den Stoff, dessen Umfang sich mehr
und mehr als ein sehr bedeutender herausstellte, in drei Haupttheile. Die erste
Abtheilung sollte in fortlaufender chronologischer Ordnung die Urkunden zur Ge¬
schichte des Herrscherhauses und zur allgemeinen Landesgeschichte, die zweite Ab¬
theilung Diplomatnrien der einzelnen Stifter und Klöster und der geschichtlich
bedeutendem Städte des Landes, die dritte Abtheilung in einzelnen großen localen
Gruppen die Urkunden kleinerer Ortschaften, die für die Adelsgeschichte wichtigen
Documente, überhaupt alles, was in den ersten beideu Abtheilungen nicht Platz
finden konnte, enthalten.

Zunächst in Angriff genommen wurde die zweite Abtheilung; die Schwierig¬
keiten waren hier insofern am geringsten, als das Material am leichtesten zu¬
sammengebracht werden konnte. Den ersten, die ältere Geschichte des Hochstifts
Meißen umfassenden Band dieser Abtheilung veröffentlichte Gersdorf im Jahre
1864, kurz nach dem Erscheinen des ersten Bandes des von Karl von Weber
und Wilhelm Wnchsmuth begründete» „Archivs für die Sächsische Geschichte,"
des zweiten, in etwas veränderter Gestalt ebenfalls bis jetzt fortbestehenden Unter¬
nehmens, durch welches die sächsische Staatsregierung die Erforschung der heimischen
Geschichte fördert. Ihm folgten dann 1865 und 1867 der 2. und 3. Band
des Hochstifts Meißen; ferner 1868 und 1870 die beideu ersten Bände des Ur-
kundenbuchs vou Leipzig, 1873 das Urkundenbuch der Stadt Meißen, 1875 die
Urkundenbücher von Dresden und Pirna. Die letztgenannten städtischen Diplo-


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[0362] Zur ältesten Geschichte der Mark Meißen. Wollen wir den Plan des Verfassers und die Anlage seiner Arbeit würdigen, so empfiehlt es sich am meisten, mit einigen Worten über die Entstehung der¬ selben und über ihren engen Zusammenhang mit dem großen sächsischen Qnellen- wertc, dem ^velox clixlomativus 8g,xonmö rc^ins, zu beginnen. Wir thun dies um so lieber, als der letztre in weitern und selbst in Fachkreisen noch immer weit weniger bekannt ist, als man von einem der hervorragendsten unter den zahlreichen specialgeschichtlichen Urkundcnbüchern, die unsre Zeit hervorgebracht hat, erwarten sollte. Konnte doch noch vor wenigen Monaten ein namhafter Historiker die Geschichte einer bedeutenden Leipziger Innung veröffentlichen, ohne das einen Theil des erwähnten Lioclsx äiplnumtiouL bildende, musterhaft gearbeitete Leipziger Urkundenbuch zu Rathe zu ziehen! Die Ueberzeugung, daß jeder Staat, dem die eigne Ehre lieb ist, auch für seine Geschichte und die Erhaltung ihrer Denkmäler sorgt, bestimmte vor nun¬ mehr zwanzig Jahren den damaligen Cultusminister Freiherrn von Falkenstein, die Anregung zu einer Publication sämmtlicher urkundlicher Quellen der sächsischen Geschichte zu geben; die Ausführung wurde dem Oberbibliothekar Dr. Gersdorf in Leipzig übertragen. Das Programm, das dieser entwarf und das der Haupt¬ sache nach unverändert geblieben ist, theilte den Stoff, dessen Umfang sich mehr und mehr als ein sehr bedeutender herausstellte, in drei Haupttheile. Die erste Abtheilung sollte in fortlaufender chronologischer Ordnung die Urkunden zur Ge¬ schichte des Herrscherhauses und zur allgemeinen Landesgeschichte, die zweite Ab¬ theilung Diplomatnrien der einzelnen Stifter und Klöster und der geschichtlich bedeutendem Städte des Landes, die dritte Abtheilung in einzelnen großen localen Gruppen die Urkunden kleinerer Ortschaften, die für die Adelsgeschichte wichtigen Documente, überhaupt alles, was in den ersten beideu Abtheilungen nicht Platz finden konnte, enthalten. Zunächst in Angriff genommen wurde die zweite Abtheilung; die Schwierig¬ keiten waren hier insofern am geringsten, als das Material am leichtesten zu¬ sammengebracht werden konnte. Den ersten, die ältere Geschichte des Hochstifts Meißen umfassenden Band dieser Abtheilung veröffentlichte Gersdorf im Jahre 1864, kurz nach dem Erscheinen des ersten Bandes des von Karl von Weber und Wilhelm Wnchsmuth begründete» „Archivs für die Sächsische Geschichte," des zweiten, in etwas veränderter Gestalt ebenfalls bis jetzt fortbestehenden Unter¬ nehmens, durch welches die sächsische Staatsregierung die Erforschung der heimischen Geschichte fördert. Ihm folgten dann 1865 und 1867 der 2. und 3. Band des Hochstifts Meißen; ferner 1868 und 1870 die beideu ersten Bände des Ur- kundenbuchs vou Leipzig, 1873 das Urkundenbuch der Stadt Meißen, 1875 die Urkundenbücher von Dresden und Pirna. Die letztgenannten städtischen Diplo-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341833_157699/362>, abgerufen am 10.02.2025.