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Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Zweites Quartal.

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Zur ältesten Geschichte der Mark Meißen.

matarien hatte ausschließlich oder doch zum größten Theile der gelehrte und
gewissenhafte Dr. von Posern-Kiele bearbeitet; ihm war auch seit 1872 durch den
Cultusminister Dr, vou Gerber, der sich der Oberleitung des Ganzen mit nicht
geringerm Interesse als sein Vorgänger annahm, die Redaction des Codex über¬
tragen worden.

Alle jene Bände gehörten der zweiten Hnuptabtheilnng an, und mehr und
mehr wurde der Wunsch rege, daß auch die erste, die wissenschaftlich ohne Frage
mehr Ausbeute versprach, bald in Angriff genommen werden möchte. Die Vor¬
arbeiten zu derselben wurden dem Verfasser des vorliegenden Buches übertragen,
der nach Pvscrn-Kieles zu frühem Tode auch die Redaetionsarbeiten übernahm,
während der Referent in die anderweite Erbschaft des Verstorbnen eintrat und
unter Mitwirkung andrer geschätzter Forscher die Publication der zweiten Ab¬
theilung fortsetzte. Hatte schou Gersdorf die Schwierigkeiten erkannt, die sich
der Herausgabe der landesgeschichtlichen Urkunden entgegenstellten, so ergaben
sie sich doch als noch größer als man vermuthet hatte. Ausgedehnte archivalische
Reisen, eine lange Reihe spinöser diplomatischer Untersuchungen, mit denen die
sorgfältigste Durchforschung des gesammten chronikalischen Materials Hand in
Hand gehen mußte, waren erforderlich. So entstand, während 1879 das Ur-
kundenbuch der Stadt Chemnitz (herausgegeben vom Referenten) und 1880 das
der Universität Leipzig (herausgegeben von Dr. Bruno Stubei) erschienen und
die Vorbereitungen zum letzten Bande des Leipziger Urknudenbuchs und zu Ur-
knndenbüchern der Städte Freiberg, Grimma, Löbau und Kcuuenz soweit vorschritte",
daß dieselben theilweise bereits unter der Presse sind, nicht bloß der (im Drucke
"och nicht vollendete) erste Band der ersten Abtheilung, sondern auch als Ein¬
leitung zu demselben eine zusammenfassende Darstellung der ältesten Geschichte
der Mark Meißen bis zum Anfange des 12. Jahrhunderts. Mag man auch
über die Nothwendigkeit ausführlicher Einleitungen zu Urknudeuwerkeu verschiedne
Ansichten haben können, jedenfalls wird man dem Verfasser dafür dankbar sein,
daß er die Resultate seiner Vorstudien uns nicht vorenthalten, auch nicht in An¬
merkungen zersplittert hat, und der Verlagshnudlung für die Veranstaltung der
vorliegenden elegant ausgestatteten Separatausgabe.

In diesen vielleicht etwas zu ausgedehnten Vorbemerkungen sind die nöthigen
Anhaltspunkte zu einer Beurtheilung von Posses Buch seinem allgemeinen Charakter
nach gegeben. Es will von kritisch gesichteter urkundlicher Grundlage aus, aber
unter Benutzung des gesammten chronikalischen Materials und unter sorgsamer
Beachtung aller bisherigen Forschungen, eine möglichst erschöpfende Darstellung
der altern Geschichte der Mark Meißen und ihrer Inhaber geben. Von einem
solchen Werke darf mau nicht ausnahmslos neue Resultate erwarten; auch bisher


Zur ältesten Geschichte der Mark Meißen.

matarien hatte ausschließlich oder doch zum größten Theile der gelehrte und
gewissenhafte Dr. von Posern-Kiele bearbeitet; ihm war auch seit 1872 durch den
Cultusminister Dr, vou Gerber, der sich der Oberleitung des Ganzen mit nicht
geringerm Interesse als sein Vorgänger annahm, die Redaction des Codex über¬
tragen worden.

Alle jene Bände gehörten der zweiten Hnuptabtheilnng an, und mehr und
mehr wurde der Wunsch rege, daß auch die erste, die wissenschaftlich ohne Frage
mehr Ausbeute versprach, bald in Angriff genommen werden möchte. Die Vor¬
arbeiten zu derselben wurden dem Verfasser des vorliegenden Buches übertragen,
der nach Pvscrn-Kieles zu frühem Tode auch die Redaetionsarbeiten übernahm,
während der Referent in die anderweite Erbschaft des Verstorbnen eintrat und
unter Mitwirkung andrer geschätzter Forscher die Publication der zweiten Ab¬
theilung fortsetzte. Hatte schou Gersdorf die Schwierigkeiten erkannt, die sich
der Herausgabe der landesgeschichtlichen Urkunden entgegenstellten, so ergaben
sie sich doch als noch größer als man vermuthet hatte. Ausgedehnte archivalische
Reisen, eine lange Reihe spinöser diplomatischer Untersuchungen, mit denen die
sorgfältigste Durchforschung des gesammten chronikalischen Materials Hand in
Hand gehen mußte, waren erforderlich. So entstand, während 1879 das Ur-
kundenbuch der Stadt Chemnitz (herausgegeben vom Referenten) und 1880 das
der Universität Leipzig (herausgegeben von Dr. Bruno Stubei) erschienen und
die Vorbereitungen zum letzten Bande des Leipziger Urknudenbuchs und zu Ur-
knndenbüchern der Städte Freiberg, Grimma, Löbau und Kcuuenz soweit vorschritte»,
daß dieselben theilweise bereits unter der Presse sind, nicht bloß der (im Drucke
»och nicht vollendete) erste Band der ersten Abtheilung, sondern auch als Ein¬
leitung zu demselben eine zusammenfassende Darstellung der ältesten Geschichte
der Mark Meißen bis zum Anfange des 12. Jahrhunderts. Mag man auch
über die Nothwendigkeit ausführlicher Einleitungen zu Urknudeuwerkeu verschiedne
Ansichten haben können, jedenfalls wird man dem Verfasser dafür dankbar sein,
daß er die Resultate seiner Vorstudien uns nicht vorenthalten, auch nicht in An¬
merkungen zersplittert hat, und der Verlagshnudlung für die Veranstaltung der
vorliegenden elegant ausgestatteten Separatausgabe.

In diesen vielleicht etwas zu ausgedehnten Vorbemerkungen sind die nöthigen
Anhaltspunkte zu einer Beurtheilung von Posses Buch seinem allgemeinen Charakter
nach gegeben. Es will von kritisch gesichteter urkundlicher Grundlage aus, aber
unter Benutzung des gesammten chronikalischen Materials und unter sorgsamer
Beachtung aller bisherigen Forschungen, eine möglichst erschöpfende Darstellung
der altern Geschichte der Mark Meißen und ihrer Inhaber geben. Von einem
solchen Werke darf mau nicht ausnahmslos neue Resultate erwarten; auch bisher


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[0363] Zur ältesten Geschichte der Mark Meißen. matarien hatte ausschließlich oder doch zum größten Theile der gelehrte und gewissenhafte Dr. von Posern-Kiele bearbeitet; ihm war auch seit 1872 durch den Cultusminister Dr, vou Gerber, der sich der Oberleitung des Ganzen mit nicht geringerm Interesse als sein Vorgänger annahm, die Redaction des Codex über¬ tragen worden. Alle jene Bände gehörten der zweiten Hnuptabtheilnng an, und mehr und mehr wurde der Wunsch rege, daß auch die erste, die wissenschaftlich ohne Frage mehr Ausbeute versprach, bald in Angriff genommen werden möchte. Die Vor¬ arbeiten zu derselben wurden dem Verfasser des vorliegenden Buches übertragen, der nach Pvscrn-Kieles zu frühem Tode auch die Redaetionsarbeiten übernahm, während der Referent in die anderweite Erbschaft des Verstorbnen eintrat und unter Mitwirkung andrer geschätzter Forscher die Publication der zweiten Ab¬ theilung fortsetzte. Hatte schou Gersdorf die Schwierigkeiten erkannt, die sich der Herausgabe der landesgeschichtlichen Urkunden entgegenstellten, so ergaben sie sich doch als noch größer als man vermuthet hatte. Ausgedehnte archivalische Reisen, eine lange Reihe spinöser diplomatischer Untersuchungen, mit denen die sorgfältigste Durchforschung des gesammten chronikalischen Materials Hand in Hand gehen mußte, waren erforderlich. So entstand, während 1879 das Ur- kundenbuch der Stadt Chemnitz (herausgegeben vom Referenten) und 1880 das der Universität Leipzig (herausgegeben von Dr. Bruno Stubei) erschienen und die Vorbereitungen zum letzten Bande des Leipziger Urknudenbuchs und zu Ur- knndenbüchern der Städte Freiberg, Grimma, Löbau und Kcuuenz soweit vorschritte», daß dieselben theilweise bereits unter der Presse sind, nicht bloß der (im Drucke »och nicht vollendete) erste Band der ersten Abtheilung, sondern auch als Ein¬ leitung zu demselben eine zusammenfassende Darstellung der ältesten Geschichte der Mark Meißen bis zum Anfange des 12. Jahrhunderts. Mag man auch über die Nothwendigkeit ausführlicher Einleitungen zu Urknudeuwerkeu verschiedne Ansichten haben können, jedenfalls wird man dem Verfasser dafür dankbar sein, daß er die Resultate seiner Vorstudien uns nicht vorenthalten, auch nicht in An¬ merkungen zersplittert hat, und der Verlagshnudlung für die Veranstaltung der vorliegenden elegant ausgestatteten Separatausgabe. In diesen vielleicht etwas zu ausgedehnten Vorbemerkungen sind die nöthigen Anhaltspunkte zu einer Beurtheilung von Posses Buch seinem allgemeinen Charakter nach gegeben. Es will von kritisch gesichteter urkundlicher Grundlage aus, aber unter Benutzung des gesammten chronikalischen Materials und unter sorgsamer Beachtung aller bisherigen Forschungen, eine möglichst erschöpfende Darstellung der altern Geschichte der Mark Meißen und ihrer Inhaber geben. Von einem solchen Werke darf mau nicht ausnahmslos neue Resultate erwarten; auch bisher

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341833_157699/363>, abgerufen am 29.09.2024.