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Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Zweites Quartal.

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Lin Jugendfreund Goethes.

Dann singet in des Waldes Unehe ^
Ein Dichter mit berauschten Sinnen
Vom Zauber der Natur, der ihm entgegen lacht; --
Wird sein Gesang, wird Philomelens Lied gewinnen?
Wie hoch steigt sein Gesang! Wie schmelzend ist ihr Lied!
Verwegen spräche nnr, wer diesen Streit entschied. --
O dürft' ich hohen Stoff mir wühlen,
Und wüßte kühner Töne Gang,
Dann wären nur die schönen Seelen,
Franz und Louise mein Gesang.

An dieses Gedicht schließe sich ein andres an, daß von F. W, Ruft componirt
sich nnter dessen Oden und Liedern (2. Sammlung, Leipzig bei GrieShanuner, 1796)
befindet und zu den wenigen gehört, die bei Lebzeiten des Dichters unter dem Ruinen
desselben gedruckt worden sind.


Gesellschaftslied.
Unser Leben, sagen Weise,
Sey ein kurzer Morgentraum;
Andre sagen, eine Reise,
Ja nur einer Welle Schaum. Ist es leichter Schaum der Welle,
Die der Zeiten Lauf verschlingt,
Sey Champagner-Wein die Quelle,
Der sich dieser Schaum enlschwingt. Ist das Leben eine Reise,
Nehmt die leicht'sten Wagen uur,
Folget auf dem flachsten Gleise
Immer des Vergnügens Spur. In der Lieb' und Freundschaft Armen
Träumt des Lebens kurzen Traum;
Glückt es euch so zu erwärmen,
Seel'ger ist das Wachen kaum. Traum und Reise, flucht'ge Wette,
Laßt, was auch das Leben sey,
Ungenuzt auf alle Fülle,
Uugeuvssen uicht vorbey. Stärker durch den Saft der Reben
Fliehet Trägheit und Verdruß;
Eilet Freunde, eilt zu leben,
Eilt zur That und zum Genuß.

Bcrisch.

Aus dem Jahre 1735 erwähnt K. Elze einer in Handschrift vorhandnen Er¬
zählung Behrischs, welche derselbe zur Feier eines Geburtsfestes im Wcüdersceischcn
Hause (natürlich einige Jahre. später) vorlas. Am Schlüsse dieses, nach K. Elze


Lin Jugendfreund Goethes.

Dann singet in des Waldes Unehe ^
Ein Dichter mit berauschten Sinnen
Vom Zauber der Natur, der ihm entgegen lacht; —
Wird sein Gesang, wird Philomelens Lied gewinnen?
Wie hoch steigt sein Gesang! Wie schmelzend ist ihr Lied!
Verwegen spräche nnr, wer diesen Streit entschied. —
O dürft' ich hohen Stoff mir wühlen,
Und wüßte kühner Töne Gang,
Dann wären nur die schönen Seelen,
Franz und Louise mein Gesang.

An dieses Gedicht schließe sich ein andres an, daß von F. W, Ruft componirt
sich nnter dessen Oden und Liedern (2. Sammlung, Leipzig bei GrieShanuner, 1796)
befindet und zu den wenigen gehört, die bei Lebzeiten des Dichters unter dem Ruinen
desselben gedruckt worden sind.


Gesellschaftslied.
Unser Leben, sagen Weise,
Sey ein kurzer Morgentraum;
Andre sagen, eine Reise,
Ja nur einer Welle Schaum. Ist es leichter Schaum der Welle,
Die der Zeiten Lauf verschlingt,
Sey Champagner-Wein die Quelle,
Der sich dieser Schaum enlschwingt. Ist das Leben eine Reise,
Nehmt die leicht'sten Wagen uur,
Folget auf dem flachsten Gleise
Immer des Vergnügens Spur. In der Lieb' und Freundschaft Armen
Träumt des Lebens kurzen Traum;
Glückt es euch so zu erwärmen,
Seel'ger ist das Wachen kaum. Traum und Reise, flucht'ge Wette,
Laßt, was auch das Leben sey,
Ungenuzt auf alle Fülle,
Uugeuvssen uicht vorbey. Stärker durch den Saft der Reben
Fliehet Trägheit und Verdruß;
Eilet Freunde, eilt zu leben,
Eilt zur That und zum Genuß.

Bcrisch.

Aus dem Jahre 1735 erwähnt K. Elze einer in Handschrift vorhandnen Er¬
zählung Behrischs, welche derselbe zur Feier eines Geburtsfestes im Wcüdersceischcn
Hause (natürlich einige Jahre. später) vorlas. Am Schlüsse dieses, nach K. Elze


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[0160] Lin Jugendfreund Goethes. Dann singet in des Waldes Unehe ^ Ein Dichter mit berauschten Sinnen Vom Zauber der Natur, der ihm entgegen lacht; — Wird sein Gesang, wird Philomelens Lied gewinnen? Wie hoch steigt sein Gesang! Wie schmelzend ist ihr Lied! Verwegen spräche nnr, wer diesen Streit entschied. — O dürft' ich hohen Stoff mir wühlen, Und wüßte kühner Töne Gang, Dann wären nur die schönen Seelen, Franz und Louise mein Gesang. An dieses Gedicht schließe sich ein andres an, daß von F. W, Ruft componirt sich nnter dessen Oden und Liedern (2. Sammlung, Leipzig bei GrieShanuner, 1796) befindet und zu den wenigen gehört, die bei Lebzeiten des Dichters unter dem Ruinen desselben gedruckt worden sind. Gesellschaftslied. Unser Leben, sagen Weise, Sey ein kurzer Morgentraum; Andre sagen, eine Reise, Ja nur einer Welle Schaum. Ist es leichter Schaum der Welle, Die der Zeiten Lauf verschlingt, Sey Champagner-Wein die Quelle, Der sich dieser Schaum enlschwingt. Ist das Leben eine Reise, Nehmt die leicht'sten Wagen uur, Folget auf dem flachsten Gleise Immer des Vergnügens Spur. In der Lieb' und Freundschaft Armen Träumt des Lebens kurzen Traum; Glückt es euch so zu erwärmen, Seel'ger ist das Wachen kaum. Traum und Reise, flucht'ge Wette, Laßt, was auch das Leben sey, Ungenuzt auf alle Fülle, Uugeuvssen uicht vorbey. Stärker durch den Saft der Reben Fliehet Trägheit und Verdruß; Eilet Freunde, eilt zu leben, Eilt zur That und zum Genuß. Bcrisch. Aus dem Jahre 1735 erwähnt K. Elze einer in Handschrift vorhandnen Er¬ zählung Behrischs, welche derselbe zur Feier eines Geburtsfestes im Wcüdersceischcn Hause (natürlich einige Jahre. später) vorlas. Am Schlüsse dieses, nach K. Elze

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341833_157699/160>, abgerufen am 03.07.2024.