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Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Zweites Quartal.

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vom Torpedowoseli,

Einiges Aufsehen machte im Jahre 1809 der von Lord Cochrane mit Bran¬
dern ausgefiihrte Angriff auf die französische Flotte auf der Rhede von Nochefort
lJusel Aix). Es Ware" dies zum Theil sehr große Fahrzeuge; die Explosionen
waren so gewaltig, daß die nahe liegenden Inseln erschüttert zu werde" schienen,
Sie brachten eine große Unordnung hervor, dennoch verursachten sie wenig Un-
heil, und es wurde von sachkundiger Seite behauptet, es hätte sich sehr leicht er¬
eignen können, daß sie gar keinen Schaden unter der Flotte anrichteten. Endlich
sind noch in den griechischen Befreiungskriegen in den zwanziger Jahren Brander
mit großen Erfolgen aufgetreten, Constantin Cmurris und Georg Repinis von
Hydra zeichneten sich vornehmlich als Brandcrführcr durch Kühnheit und über¬
listendes Geschick aus, doch erleichterte ihnen auch die türkische Sorglosigkeit und
Unbeholfenheit die Ausführungen ihrer verwegnen Unternehmungen,

Noch im Jahre 1702 waren in einer einzigen englischen Flotte 87 Brander
vorhanden. Man hatte besondre Vorschriften für ihre Verwendung zum Kampfe,
Dies waren sicherlich noch sehr unvollkommne Brnndmittel, und doch hatten sie
diejenigen verdrängt, deren sich das Alterthum und das Mittelalter bedienten,
obgleich die Griechen, als sie zum erstenmale das griechische Feuer anwandten,
im siebenten Jahrhundert, bei Cyzikus am Hellespont eine ganze Flotte mit
30 000 Muselmännern vernichtet haben sollen. Und das griechische Feuer war
doch ausgestattet und umgeben gewesen mit dem zauberhaften Nimbus einer
geheimnißvollen Uebergewalt, welcher in jenen Zeiten geeignet war, den Glauben
an eine dunkle, verhängnißvolle Macht mit allen Potenzen der Furcht und des
Schreckens auszustatten. Dennoch war es nichts geblieben als eine alternde
Sage, Wahrscheinlich ist das griechische Feuer nichts andres gewesen als ein
Brandsatz von pnlvcrähnlicher Composition, welcher eben mit Heller Flammen-
erschcinung abbrannte und eine große Zündfähigkeit besaß, vielleicht in Verbindung
mit Naphta, das bei deu Pontischen Völkern schon sehr zeitig bekannt gewesen
sein dürfte. So werden die ziemlich unzuverlässigen und obendrein recht theuren
Brander bald ebenso von der Bühne verschwunden sein wie einstens das griechische
Feuer, und um so mehr vor berechenbaren Mitteln weichen, als der Eisenban
der modernen Kriegsflotten ihnen eigentlich den Boden unter den Füßen ganz
entzogen hat.

Was dagegen die Höllenmaschinen betrifft, so erscheint es fast, als könnten
sie für die Folge eher mehr als weniger zur Verwendung kommen. Sollte es
nicht denkbar sein, daß man ein ganzes Schiff daran setzt, wenn es auf einen
hervorragend wichtigen Zweck ankommt, ein Schiff mit gewaltiger Sprengmasse
versehen, mit treibender Maschiucukraft, geräuschlos im Gange, bei Nacht, das
Ruder bestimmt eingestellt, von der Mannschaft rechtzeitig verlassen? Wir sahen


vom Torpedowoseli,

Einiges Aufsehen machte im Jahre 1809 der von Lord Cochrane mit Bran¬
dern ausgefiihrte Angriff auf die französische Flotte auf der Rhede von Nochefort
lJusel Aix). Es Ware» dies zum Theil sehr große Fahrzeuge; die Explosionen
waren so gewaltig, daß die nahe liegenden Inseln erschüttert zu werde» schienen,
Sie brachten eine große Unordnung hervor, dennoch verursachten sie wenig Un-
heil, und es wurde von sachkundiger Seite behauptet, es hätte sich sehr leicht er¬
eignen können, daß sie gar keinen Schaden unter der Flotte anrichteten. Endlich
sind noch in den griechischen Befreiungskriegen in den zwanziger Jahren Brander
mit großen Erfolgen aufgetreten, Constantin Cmurris und Georg Repinis von
Hydra zeichneten sich vornehmlich als Brandcrführcr durch Kühnheit und über¬
listendes Geschick aus, doch erleichterte ihnen auch die türkische Sorglosigkeit und
Unbeholfenheit die Ausführungen ihrer verwegnen Unternehmungen,

Noch im Jahre 1702 waren in einer einzigen englischen Flotte 87 Brander
vorhanden. Man hatte besondre Vorschriften für ihre Verwendung zum Kampfe,
Dies waren sicherlich noch sehr unvollkommne Brnndmittel, und doch hatten sie
diejenigen verdrängt, deren sich das Alterthum und das Mittelalter bedienten,
obgleich die Griechen, als sie zum erstenmale das griechische Feuer anwandten,
im siebenten Jahrhundert, bei Cyzikus am Hellespont eine ganze Flotte mit
30 000 Muselmännern vernichtet haben sollen. Und das griechische Feuer war
doch ausgestattet und umgeben gewesen mit dem zauberhaften Nimbus einer
geheimnißvollen Uebergewalt, welcher in jenen Zeiten geeignet war, den Glauben
an eine dunkle, verhängnißvolle Macht mit allen Potenzen der Furcht und des
Schreckens auszustatten. Dennoch war es nichts geblieben als eine alternde
Sage, Wahrscheinlich ist das griechische Feuer nichts andres gewesen als ein
Brandsatz von pnlvcrähnlicher Composition, welcher eben mit Heller Flammen-
erschcinung abbrannte und eine große Zündfähigkeit besaß, vielleicht in Verbindung
mit Naphta, das bei deu Pontischen Völkern schon sehr zeitig bekannt gewesen
sein dürfte. So werden die ziemlich unzuverlässigen und obendrein recht theuren
Brander bald ebenso von der Bühne verschwunden sein wie einstens das griechische
Feuer, und um so mehr vor berechenbaren Mitteln weichen, als der Eisenban
der modernen Kriegsflotten ihnen eigentlich den Boden unter den Füßen ganz
entzogen hat.

Was dagegen die Höllenmaschinen betrifft, so erscheint es fast, als könnten
sie für die Folge eher mehr als weniger zur Verwendung kommen. Sollte es
nicht denkbar sein, daß man ein ganzes Schiff daran setzt, wenn es auf einen
hervorragend wichtigen Zweck ankommt, ein Schiff mit gewaltiger Sprengmasse
versehen, mit treibender Maschiucukraft, geräuschlos im Gange, bei Nacht, das
Ruder bestimmt eingestellt, von der Mannschaft rechtzeitig verlassen? Wir sahen


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341833_157699/12>, abgerufen am 03.07.2024.