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Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Zweites Quartal.

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j)om Torpedowesen.

bis vier Tage gefechtsfähig. Durch das Maß der Oeffnung des Ventils wird
die Geschwindigkeit für den Torpedo bestimmt, und daraus ergiebt sich auch die
erreichbare Schußweite. Bei 7 Meter Geschwindigkeit in der Secunde oder
14 Knoten pro Stunde erreicht man 1300 Meter, bei 8 Meter resp. 16 Knoten
760 Meter und bei 11 Meter resp. 22 Knoten nur noch 200 Meter Ent¬
fernung.

Contra-Admiral Werner bezeichnet als vornehmliche Schwächen dieses Tor¬
pedos die geringe Geschwindigkeit und die außerordentlich künstliche Znsammen¬
setzung aller arbeitenden Theile, aber er betont in sehr treffender Weise, welche
Schwierigkeiten für die Jnnchaltung der beabsichtigten Bahn aus der Bewegung
in dem Wasser als dem sehr viel dichter" Medium erwachsen, da doch schon die
Bewegung der Artillerie-Geschosse in der Luft die peinlichste Sorgfalt der An¬
ordnungen erheische, um bei vierzigmal größrer Aufangsgeschwiudigkeit der Jnne-
haltung der normalen Bahn annähernd gewiß zu sein. Er meint, man wäre bei
einem Torpedo nie sicher vor Abweichungen in ganz unvorherzusehender Curven,
seitlich sowohl wie nach der Tiefe oder geradezu umkehrend gegen das eigne
Schiff. Ein französischer Schriftsteller sagt ganz ebenso neuerdings: "Es ist eine
sehr delicate Waffe, sie entzieht sich oft den besten Combinationen für eine zu¬
verlässige Verwendung."

Die Whitehead-Torpedos müssen vor dem Ernstgebrauch ungeladen mehrere
Male lancirt werden, um die angemessne Ruderstellung zu ermitteln. Es wird
hierüber genau Buch geführt, und die sich darnach gezeigte Specialcurve muß
bei der wirklichen Verwendung genau berücksichtigt werden. Und doch geht man
dabei nicht sicher, denn nach jedem Einschießen müssen die Theile cmseinander-
genvmmen, sorgsam revidirt und gereinigt werden, und kleine Abweichungen bei
dem Zusammensetzen, wie eine kleine Verbiegung, ein etwas mehr vorstehender
Schraubenkopf können alles wieder ändern, und die Zahl der einflußreichen Theile
an Hebeln, feinen Rädchen, Ventilen ?e. ist groß. Es ist auch nicht außer Acht
zu lassen, daß es bei der verhältnißmäßig geringen Geschwindigkeit seine Schwierig¬
keit haben wird, gegen ein in Bewegung befindliches Schiff das Maß des Ver¬
haltens richtig zu bestimmen. Um der Selbstgeführlichkeit willen ist es auch
nothwendig, Anordnung zu treffen, daß der lcmcirte Torpedo von selbst sinkt,
sofern er sein Ziel nicht erreicht hat.

Contre - Admiral Werner erklärt bestimmt, daß diese Offensiv - Torpedos
doch nicht so gefährlich sind, wie sie erscheinen; es mangele ihnen die Zu¬
verlässigkeit, und ihr Verhalten in einer Seeschlacht ans offnem Meere bei See¬
gang sei doch sehr zweifelhaft; man müsse daher sagen, daß der Kriegswerth
der Torpedos noch ganz im dunkeln liege. Ans solche bestimmt ausgedrückten


j)om Torpedowesen.

bis vier Tage gefechtsfähig. Durch das Maß der Oeffnung des Ventils wird
die Geschwindigkeit für den Torpedo bestimmt, und daraus ergiebt sich auch die
erreichbare Schußweite. Bei 7 Meter Geschwindigkeit in der Secunde oder
14 Knoten pro Stunde erreicht man 1300 Meter, bei 8 Meter resp. 16 Knoten
760 Meter und bei 11 Meter resp. 22 Knoten nur noch 200 Meter Ent¬
fernung.

Contra-Admiral Werner bezeichnet als vornehmliche Schwächen dieses Tor¬
pedos die geringe Geschwindigkeit und die außerordentlich künstliche Znsammen¬
setzung aller arbeitenden Theile, aber er betont in sehr treffender Weise, welche
Schwierigkeiten für die Jnnchaltung der beabsichtigten Bahn aus der Bewegung
in dem Wasser als dem sehr viel dichter» Medium erwachsen, da doch schon die
Bewegung der Artillerie-Geschosse in der Luft die peinlichste Sorgfalt der An¬
ordnungen erheische, um bei vierzigmal größrer Aufangsgeschwiudigkeit der Jnne-
haltung der normalen Bahn annähernd gewiß zu sein. Er meint, man wäre bei
einem Torpedo nie sicher vor Abweichungen in ganz unvorherzusehender Curven,
seitlich sowohl wie nach der Tiefe oder geradezu umkehrend gegen das eigne
Schiff. Ein französischer Schriftsteller sagt ganz ebenso neuerdings: „Es ist eine
sehr delicate Waffe, sie entzieht sich oft den besten Combinationen für eine zu¬
verlässige Verwendung."

Die Whitehead-Torpedos müssen vor dem Ernstgebrauch ungeladen mehrere
Male lancirt werden, um die angemessne Ruderstellung zu ermitteln. Es wird
hierüber genau Buch geführt, und die sich darnach gezeigte Specialcurve muß
bei der wirklichen Verwendung genau berücksichtigt werden. Und doch geht man
dabei nicht sicher, denn nach jedem Einschießen müssen die Theile cmseinander-
genvmmen, sorgsam revidirt und gereinigt werden, und kleine Abweichungen bei
dem Zusammensetzen, wie eine kleine Verbiegung, ein etwas mehr vorstehender
Schraubenkopf können alles wieder ändern, und die Zahl der einflußreichen Theile
an Hebeln, feinen Rädchen, Ventilen ?e. ist groß. Es ist auch nicht außer Acht
zu lassen, daß es bei der verhältnißmäßig geringen Geschwindigkeit seine Schwierig¬
keit haben wird, gegen ein in Bewegung befindliches Schiff das Maß des Ver¬
haltens richtig zu bestimmen. Um der Selbstgeführlichkeit willen ist es auch
nothwendig, Anordnung zu treffen, daß der lcmcirte Torpedo von selbst sinkt,
sofern er sein Ziel nicht erreicht hat.

Contre - Admiral Werner erklärt bestimmt, daß diese Offensiv - Torpedos
doch nicht so gefährlich sind, wie sie erscheinen; es mangele ihnen die Zu¬
verlässigkeit, und ihr Verhalten in einer Seeschlacht ans offnem Meere bei See¬
gang sei doch sehr zweifelhaft; man müsse daher sagen, daß der Kriegswerth
der Torpedos noch ganz im dunkeln liege. Ans solche bestimmt ausgedrückten


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341833_157699/110>, abgerufen am 23.07.2024.