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Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Erstes Quartal.

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Lin neues Prnchtwerk.

eines unsrer guten Schriftsteller und der Sprache einer politischen Tageszeitung
keine größere Aehnlichleit mehr als zwischen zwei Pflanzen desselben Stockes,
von denen die eine, sorgsam von Gärtnershand gepflegt und ausgeschnitten, herr¬
liche Blüthen treibt, während die andere, sich selbst überlassen, zahllose gemeine
Wildlinge cmporschickt, die jede Blüthe verweigern. Dieser Gegensatz verschärft
sich von Jahr zu Jahr mit größerer Schnelligkeit. Wo das am Ende hinaus
soll, ist nicht abzusehen. Es fehlt für diesen Verwilderuugsprveeß an jeder Ana¬
logie in der Sprachgeschichte, denn es ist ein Factor dabei thätig, der aller Be¬
rechnung spottet: die Tagespresse mit der ganzen Unsumme von Halb- und
Vicrtclöbildnng und van gedankenloser Hast, die an ihr arbeitet.

Abhilfe, Minderung des Uebels ist vielleicht später einmal von der Schule
zu erwarten. Nicht vou der jetzigen Schule. Die Jugend, die gegenwärtig
unsre Gymnasien verläßt, ist in sprachlichen Dingen so unfertig, so haltlos, daß
sie allen Einflüssen von außen preisgegeben ist. So lange noch die höchste und
feinste Blüthe unserer Gymnasialbildung durch den sogenannten "freien lateinischen
Aufsatz" dargestellt wird, so lange der erste beste Latinist, Hellenist, Germanist
oder gar Theolog für befähigt gilt, den deutschen Unterricht in deu obersten
Classen unsrer höhern Schulen zu ertheilen, so lauge im deutschen Aufsatze das
Heil noch in der wvoiitlo gesucht wird anstatt in dem geordneten, klaren und --
schönen Ausdrucke der Gedanken, so lange wird auch die Verschlechterung unsrer
Sprache fortschreiten, und zu dieser Verschlechterung werden weidlich beitragen
> ^ * die geschmacklosen Neubildungen.




Ein neues prachtwerk.

Die Hohenzollern und das Deutsche Vaterland. Wem Dr. N. Genf Stillsried-
AlcÄntara und Prof. Dr. Bernhard Kugler. Jllustrirt von deu ersten deutscheu Kunst,
tern. Erste Lieferung. München, Friedrich Brucknnuu, 1881.

Was man an diesem Unternehmen am meisten bewundern muß, das ist der
Muth des Verlegers. Mit Prachtwerken derselben oder ähnlicher Art, wie das
mit dem vorliegenden Hefte begonnene ist der deutsche Büchermarkt im Laufe des
letzten Jahrzehnts derart überschwemmt worden, und es ist schon in den letzten
Jahren von den verschiedensten Seiten so oft der Rath ertheilt worden, in der
Herstellung ähnlicher Waare zunächst einmal eine längere Pause eintreten zu lassen,


Lin neues Prnchtwerk.

eines unsrer guten Schriftsteller und der Sprache einer politischen Tageszeitung
keine größere Aehnlichleit mehr als zwischen zwei Pflanzen desselben Stockes,
von denen die eine, sorgsam von Gärtnershand gepflegt und ausgeschnitten, herr¬
liche Blüthen treibt, während die andere, sich selbst überlassen, zahllose gemeine
Wildlinge cmporschickt, die jede Blüthe verweigern. Dieser Gegensatz verschärft
sich von Jahr zu Jahr mit größerer Schnelligkeit. Wo das am Ende hinaus
soll, ist nicht abzusehen. Es fehlt für diesen Verwilderuugsprveeß an jeder Ana¬
logie in der Sprachgeschichte, denn es ist ein Factor dabei thätig, der aller Be¬
rechnung spottet: die Tagespresse mit der ganzen Unsumme von Halb- und
Vicrtclöbildnng und van gedankenloser Hast, die an ihr arbeitet.

Abhilfe, Minderung des Uebels ist vielleicht später einmal von der Schule
zu erwarten. Nicht vou der jetzigen Schule. Die Jugend, die gegenwärtig
unsre Gymnasien verläßt, ist in sprachlichen Dingen so unfertig, so haltlos, daß
sie allen Einflüssen von außen preisgegeben ist. So lange noch die höchste und
feinste Blüthe unserer Gymnasialbildung durch den sogenannten „freien lateinischen
Aufsatz" dargestellt wird, so lange der erste beste Latinist, Hellenist, Germanist
oder gar Theolog für befähigt gilt, den deutschen Unterricht in deu obersten
Classen unsrer höhern Schulen zu ertheilen, so lauge im deutschen Aufsatze das
Heil noch in der wvoiitlo gesucht wird anstatt in dem geordneten, klaren und —
schönen Ausdrucke der Gedanken, so lange wird auch die Verschlechterung unsrer
Sprache fortschreiten, und zu dieser Verschlechterung werden weidlich beitragen
> ^ * die geschmacklosen Neubildungen.




Ein neues prachtwerk.

Die Hohenzollern und das Deutsche Vaterland. Wem Dr. N. Genf Stillsried-
AlcÄntara und Prof. Dr. Bernhard Kugler. Jllustrirt von deu ersten deutscheu Kunst,
tern. Erste Lieferung. München, Friedrich Brucknnuu, 1881.

Was man an diesem Unternehmen am meisten bewundern muß, das ist der
Muth des Verlegers. Mit Prachtwerken derselben oder ähnlicher Art, wie das
mit dem vorliegenden Hefte begonnene ist der deutsche Büchermarkt im Laufe des
letzten Jahrzehnts derart überschwemmt worden, und es ist schon in den letzten
Jahren von den verschiedensten Seiten so oft der Rath ertheilt worden, in der
Herstellung ähnlicher Waare zunächst einmal eine längere Pause eintreten zu lassen,


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341833_157697/585>, abgerufen am 27.12.2024.