Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Erstes Quartal.Ans den Erinnerungen eines dänischen Staatsmannes. als nach Gesetz und Recht; ans der Staatsverwaltung verlor sich die Einheit, Da kam von außen die Anregung zu kräftigerer Bewegung. England, das Jetzt sollte auch Rists Lebensweg eine neue Wendung nehmen. Seiner Ans den Erinnerungen eines dänischen Staatsmannes. als nach Gesetz und Recht; ans der Staatsverwaltung verlor sich die Einheit, Da kam von außen die Anregung zu kräftigerer Bewegung. England, das Jetzt sollte auch Rists Lebensweg eine neue Wendung nehmen. Seiner <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0471" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/149455"/> <fw type="header" place="top"> Ans den Erinnerungen eines dänischen Staatsmannes.</fw><lb/> <p xml:id="ID_1296" prev="#ID_1295"> als nach Gesetz und Recht; ans der Staatsverwaltung verlor sich die Einheit,<lb/> indem jeder Minister unmittelbar mit dem zur Alleinherrschaft geneigten Kron¬<lb/> prinzen verhandelte, der als Vertreter des blödsinnigen Königs Christian VII.<lb/> die Zügel der Regierung in der Hand hatte. Eine öffentliche Meinung fehlte<lb/> fast ganz, und insoweit sie sich als Opposition zur Geltung zu bringen suchte,<lb/> wurde sie zurückgewiesen. Und die Schlaffheit, die sich in der Regierung zeigte,<lb/> wirkte auch auf das Volk zurück.</p><lb/> <p xml:id="ID_1297"> Da kam von außen die Anregung zu kräftigerer Bewegung. England, das<lb/> die Neutralität Dänemarks seit lange mit scheelen Augen beobachtete, erhob die<lb/> Forderung, daß dieser Staat auf das Recht verzichten solle, seine Handelsschiffe<lb/> durch begleitende Kriegsschiffe zu decken. Eine englische Flotte, die am 23. Au¬<lb/> gust 1800 auf der Kopenhagener Rhede ankerte, gab dieser Forderung Nachdruck.<lb/> Dänemark mußte einwillige». Aber dies war nur der erste Act in dem Drama<lb/> der Demüthigungen, in das Dänemark eintreten sollte. Der zweite Act folgte<lb/> bald. Der östliche Nachbarstaat, das mächtige Rußland, nöthigte Dänemark einer<lb/> Koalition beizutreten, an der auch Schweden Theil nahm, deren Zweck die be¬<lb/> waffnete Neutralität war, deren Spitze sich gegen England richtete, und deren<lb/> Kosten voraussichtlich Dänemark als erstes Angriffsobjeet zu bezahlen hatte. Die<lb/> Antwort Englands auf diese Koalition war die Entsendung einer Flotte, die am<lb/> 30. März 1801 oberhalb der Kopenhagener Rhede erschien. Unterhandlungen<lb/> blieben erfolglos, und so kam es am 2. April zum Kampfe. Von beiden Seiten<lb/> wurde Muth und Tapferkeit bewiesen. Noch am selben Tage boten die Führer<lb/> des englischen Geschwaders, Parker und Nelson, einen Waffenstillstand an. Er<lb/> wurde angenommen, vielleicht zum Schaden Dänemarks. Lange schwankte die<lb/> dänische Regierung, ob sie nicht die Erneuerung des Kampfes einem demüthigenden<lb/> Frieden vorziehen solle. Da kam die Nachricht vom Tode Kaiser Pauls und<lb/> brachte die Entscheidung. Dem Waffenstillstand folgte eine vorläufige Convention,<lb/> und die englische Flotte zog sich zurück.</p><lb/> <p xml:id="ID_1298" next="#ID_1299"> Jetzt sollte auch Rists Lebensweg eine neue Wendung nehmen. Seiner<lb/> Neigung, in die diplomatische Laufbahn einzutreten, war der Staatssecrctär Graf<lb/> Bernstorff, der die auswärtigen Angelegenheiten leitete, freundlich entgegen¬<lb/> gekommen. Doch schien es, als ob Rist noch längere Zeit werde warten müssen,<lb/> bis sich Gelegenheit zu seiner Verwendung funde. Nun kam sie unerwartet schnell.<lb/> Rist wurde zum Gesaudtschnftsseeretär in Petersburg ernannt. Es sind sehr<lb/> interessante, lebensvolle, wenn auch wenig erfreuliche Bilder der russischen Ver¬<lb/> hältnisse, die uns nun gezeigt werden. Wir verzichten darauf, einzelne derselben<lb/> nachzuzeichnen, und theilen statt dessen das Urtheil mit, das der feine Beobachter<lb/> und ernste, sittliche Mann über die Petersburger Gesellschaft fällt. „Die Peters-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0471]
Ans den Erinnerungen eines dänischen Staatsmannes.
als nach Gesetz und Recht; ans der Staatsverwaltung verlor sich die Einheit,
indem jeder Minister unmittelbar mit dem zur Alleinherrschaft geneigten Kron¬
prinzen verhandelte, der als Vertreter des blödsinnigen Königs Christian VII.
die Zügel der Regierung in der Hand hatte. Eine öffentliche Meinung fehlte
fast ganz, und insoweit sie sich als Opposition zur Geltung zu bringen suchte,
wurde sie zurückgewiesen. Und die Schlaffheit, die sich in der Regierung zeigte,
wirkte auch auf das Volk zurück.
Da kam von außen die Anregung zu kräftigerer Bewegung. England, das
die Neutralität Dänemarks seit lange mit scheelen Augen beobachtete, erhob die
Forderung, daß dieser Staat auf das Recht verzichten solle, seine Handelsschiffe
durch begleitende Kriegsschiffe zu decken. Eine englische Flotte, die am 23. Au¬
gust 1800 auf der Kopenhagener Rhede ankerte, gab dieser Forderung Nachdruck.
Dänemark mußte einwillige». Aber dies war nur der erste Act in dem Drama
der Demüthigungen, in das Dänemark eintreten sollte. Der zweite Act folgte
bald. Der östliche Nachbarstaat, das mächtige Rußland, nöthigte Dänemark einer
Koalition beizutreten, an der auch Schweden Theil nahm, deren Zweck die be¬
waffnete Neutralität war, deren Spitze sich gegen England richtete, und deren
Kosten voraussichtlich Dänemark als erstes Angriffsobjeet zu bezahlen hatte. Die
Antwort Englands auf diese Koalition war die Entsendung einer Flotte, die am
30. März 1801 oberhalb der Kopenhagener Rhede erschien. Unterhandlungen
blieben erfolglos, und so kam es am 2. April zum Kampfe. Von beiden Seiten
wurde Muth und Tapferkeit bewiesen. Noch am selben Tage boten die Führer
des englischen Geschwaders, Parker und Nelson, einen Waffenstillstand an. Er
wurde angenommen, vielleicht zum Schaden Dänemarks. Lange schwankte die
dänische Regierung, ob sie nicht die Erneuerung des Kampfes einem demüthigenden
Frieden vorziehen solle. Da kam die Nachricht vom Tode Kaiser Pauls und
brachte die Entscheidung. Dem Waffenstillstand folgte eine vorläufige Convention,
und die englische Flotte zog sich zurück.
Jetzt sollte auch Rists Lebensweg eine neue Wendung nehmen. Seiner
Neigung, in die diplomatische Laufbahn einzutreten, war der Staatssecrctär Graf
Bernstorff, der die auswärtigen Angelegenheiten leitete, freundlich entgegen¬
gekommen. Doch schien es, als ob Rist noch längere Zeit werde warten müssen,
bis sich Gelegenheit zu seiner Verwendung funde. Nun kam sie unerwartet schnell.
Rist wurde zum Gesaudtschnftsseeretär in Petersburg ernannt. Es sind sehr
interessante, lebensvolle, wenn auch wenig erfreuliche Bilder der russischen Ver¬
hältnisse, die uns nun gezeigt werden. Wir verzichten darauf, einzelne derselben
nachzuzeichnen, und theilen statt dessen das Urtheil mit, das der feine Beobachter
und ernste, sittliche Mann über die Petersburger Gesellschaft fällt. „Die Peters-
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