Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Erstes Quartal.Giuv Lapponi, alledem stand er nicht nnr in dein Rufe eines großen Liberalen; er wurde von Toseancr mit Leib und Seele, voller Stolz auf seine engere Heimat, ihre War Giuv Capponi nicht zu einem großen Staatsmann angelegt, wie Giuv Lapponi, alledem stand er nicht nnr in dein Rufe eines großen Liberalen; er wurde von Toseancr mit Leib und Seele, voller Stolz auf seine engere Heimat, ihre War Giuv Capponi nicht zu einem großen Staatsmann angelegt, wie <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0267" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/149251"/> <fw type="header" place="top"> Giuv Lapponi,</fw><lb/> <p xml:id="ID_729" prev="#ID_728"> alledem stand er nicht nnr in dein Rufe eines großen Liberalen; er wurde von<lb/> seinen Mitbürgern in- und außerhalb der Mauern von Florenz als Prototyp<lb/> eines liberale,: Patrioten verehrt, „In Wahrheit," sagt er selbst, „war es ein<lb/> einigermaßen usurpirter Ruf; nicht als wären Natur und Neigung nicht bei<lb/> mir in diesem Sinne gewesen, sondern weil ich gar nichts gethan hatte, und<lb/> zwischen mir und den Liberalen das Verständniß schwer war. Ich war eine<lb/> Art Liberaler in xmMus." Aber jener Ruf gründete sich hauptsächlich ans<lb/> seine unbestechliche Ueberzeugungstreue, die makellose Reinheit seines Patriotis¬<lb/> mus, die Selbständigkeit seines Charakters, seine furchtlose Offenheit nach oben<lb/> wie nach unten und seine echt liberale Gesinnung, da er „mehr als zu befehlen,<lb/> selbst frei zu sein und andre frei zu lassen wünschte." Er war aber auch ein<lb/> echter Konservativer, insofern er ein entschiedener Feind jeder Ueberstürzung, jeder<lb/> gewaltsamen unhistorischen Neuerung und ebensowohl ein Gegner jenes vulgären<lb/> Straßenliberalismus, der sich in Italien durch das Geschrei echt>W0! kund zu<lb/> geben pflegt, wie alles im Dunkeln Weichenden Sectenwesens war.</p><lb/> <p xml:id="ID_730"> Toseancr mit Leib und Seele, voller Stolz auf seine engere Heimat, ihre<lb/> große Geschichte und die Vorzüge ihrer Bewohner, so sehr er deren Genußsucht,<lb/> Redseligkeit und schlaffe Thatlosigkeit in der Gegenwart beklagen mochte, hat er<lb/> die Bedürfnisse des weitern Vaterlands öfters Wohl etwas zu sehr aus diesem<lb/> beschränkten Gesichtspunkte heraus beurtheilt. Für Piemont, seiue Staatsmänner<lb/> und die Eigenthümlichkeiten seiner Bewohner wie seiner Institutionen empfand<lb/> er hohe Achtung, aber wenig Sympathie; die auch von ihm gebilligte natur¬<lb/> gemäße Hegemonie derselben in dem neuen Einheitsstaate erschien ihm zuweilen<lb/> fast im Lichte eines nothwendigen Uebels.</p><lb/> <p xml:id="ID_731" next="#ID_732"> War Giuv Capponi nicht zu einem großen Staatsmann angelegt, wie<lb/> Cavonr, oder zu einem Organisator wie Stein, mit dem ihn Gewinns nicht<lb/> allzuglücklich vergleicht, war er somit nicht dazu angethan, eine politische Führerrolle<lb/> zu spielen, um so weniger, als bei dein Beginne der großen Bewegung in Italien<lb/> seine Erblindung längst eine vollendete Thatsache war, so hätte man dagegen<lb/> bei seinem scharfen und klaren Urtheil, seinem feinen und gewandten Geiste,<lb/> seinem außerordentlichen Gedächtnisse, dem Reichthum, der Tiefe und Mannig¬<lb/> faltigkeit seiner Kenntnisse und seiner meisterhaften Beherrschung der Sprache<lb/> auf dem literarischen Felde größeres von ihm erwarten sollen, als er geleistet<lb/> hat. Aber auch hier tritt uns jener Mangel seines Wesens, jener Gegensatz<lb/> zwischen Gedanke und That, zwischen Conception und Ausführung der Idee<lb/> entgegen; auch hier war es ihm nicht gegeben,, seine ganze, volle Kraft mit<lb/> freudiger Schaffenslust und sicherm Vertrauen auf Erfolg einzusetzen und so<lb/> Werke zu schaffen, in denen seine seltne Begabung zu voller und glänzender</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0267]
Giuv Lapponi,
alledem stand er nicht nnr in dein Rufe eines großen Liberalen; er wurde von
seinen Mitbürgern in- und außerhalb der Mauern von Florenz als Prototyp
eines liberale,: Patrioten verehrt, „In Wahrheit," sagt er selbst, „war es ein
einigermaßen usurpirter Ruf; nicht als wären Natur und Neigung nicht bei
mir in diesem Sinne gewesen, sondern weil ich gar nichts gethan hatte, und
zwischen mir und den Liberalen das Verständniß schwer war. Ich war eine
Art Liberaler in xmMus." Aber jener Ruf gründete sich hauptsächlich ans
seine unbestechliche Ueberzeugungstreue, die makellose Reinheit seines Patriotis¬
mus, die Selbständigkeit seines Charakters, seine furchtlose Offenheit nach oben
wie nach unten und seine echt liberale Gesinnung, da er „mehr als zu befehlen,
selbst frei zu sein und andre frei zu lassen wünschte." Er war aber auch ein
echter Konservativer, insofern er ein entschiedener Feind jeder Ueberstürzung, jeder
gewaltsamen unhistorischen Neuerung und ebensowohl ein Gegner jenes vulgären
Straßenliberalismus, der sich in Italien durch das Geschrei echt>W0! kund zu
geben pflegt, wie alles im Dunkeln Weichenden Sectenwesens war.
Toseancr mit Leib und Seele, voller Stolz auf seine engere Heimat, ihre
große Geschichte und die Vorzüge ihrer Bewohner, so sehr er deren Genußsucht,
Redseligkeit und schlaffe Thatlosigkeit in der Gegenwart beklagen mochte, hat er
die Bedürfnisse des weitern Vaterlands öfters Wohl etwas zu sehr aus diesem
beschränkten Gesichtspunkte heraus beurtheilt. Für Piemont, seiue Staatsmänner
und die Eigenthümlichkeiten seiner Bewohner wie seiner Institutionen empfand
er hohe Achtung, aber wenig Sympathie; die auch von ihm gebilligte natur¬
gemäße Hegemonie derselben in dem neuen Einheitsstaate erschien ihm zuweilen
fast im Lichte eines nothwendigen Uebels.
War Giuv Capponi nicht zu einem großen Staatsmann angelegt, wie
Cavonr, oder zu einem Organisator wie Stein, mit dem ihn Gewinns nicht
allzuglücklich vergleicht, war er somit nicht dazu angethan, eine politische Führerrolle
zu spielen, um so weniger, als bei dein Beginne der großen Bewegung in Italien
seine Erblindung längst eine vollendete Thatsache war, so hätte man dagegen
bei seinem scharfen und klaren Urtheil, seinem feinen und gewandten Geiste,
seinem außerordentlichen Gedächtnisse, dem Reichthum, der Tiefe und Mannig¬
faltigkeit seiner Kenntnisse und seiner meisterhaften Beherrschung der Sprache
auf dem literarischen Felde größeres von ihm erwarten sollen, als er geleistet
hat. Aber auch hier tritt uns jener Mangel seines Wesens, jener Gegensatz
zwischen Gedanke und That, zwischen Conception und Ausführung der Idee
entgegen; auch hier war es ihm nicht gegeben,, seine ganze, volle Kraft mit
freudiger Schaffenslust und sicherm Vertrauen auf Erfolg einzusetzen und so
Werke zu schaffen, in denen seine seltne Begabung zu voller und glänzender
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