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Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Erstes Quartal.

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Giuv ^ijipom.

cigniß. Berchetö feurige Lieder, Ginstis satirische Gedichte mit ihre" allen
verständlichen Anspielungen, NiceoliniS gewaltige Tragödie "Arnold von Brescia"
entzündeten die Gemüther des leichtbeweglichen Volkes, In Florenz ging die
Anregung zu der neuen Parteibildung besonders von dem Capponi eng befreundeten
trefflichen Massimo d'Azegliv aus, dessen epochemachende Schrift über die Jn-
surrection in der Romngna") unter seinen Angen entstand und von ihm vor
dem Drucke revidirt wilrde. Er nahm den lebhaftesten Antheil an dieser hoffnungs¬
vollen Bewegung der Geister und erklärte in einem trefflichen Artikel in der zu
Paris unter der Aegide der bekannten Patriotin Fürstin Belgiojoso erscheinenden
Zeitschrift 1'ItMg."0 seine volle Zustimmung zu dem Programme der neuen
nativnalliberalen Partei, Die erlesensten Patrioten Toseanas sammelten sich
in seinem Hause zu Besprechungen und Berathungen, Mit der Richtung freilich,
die in dem berühmten Drama seines Jugendfreundes und Studiengenossen
Nieeolini zu Tage trat, konnte er sich nicht befreunden. Niecolini war Papst¬
feind und Ghibclliue, Capponi schloß sich dagegen der neuguclfischcn Partei an,
welche auf einen Papst harrte, der "alle göttlichen Kräfte in der Kirche anzu¬
regen" und dadurch auch auf das bürgerliche und sociale Leben befruchtend und
reformirend einzuwirken verstehe.

In einer eignen Schrift über den Aufstand in der Romagna 1843--45
sprach er sich entschieden stir die weltliche Souveränetät des Papstes ans, aller¬
dings nach dein Thiersschen Recepte: pays rvg'no, irmi8 it us Muvsrnv M".
"Die Zeiten haben dem Papste die Herrschaft gegeben, und mit der Tradition
soll mau nicht brechen." Seine Hoffnungen und Wünsche schienen der Erfüllung
nahe zu sein, als der .1,6. Juni 1,846 Pius IX. auf den Stuhl Petri erhoben
hatte; er begrüßte den neu aufgehenden Tag mit Heller Freude. Aber bald
erkannte er das Uebertriebene der Erwartungen, die man, und Wohl auch er
selbst vou einem reformirenden Papste gehegt hatte, die schweren Gefahren des
kindisch ungeduldigen Drängens von Reform zu Reform. "Die großen Kinder
verderben mir Pius IX." Im Geiste erblickte er bereits das Gespenst der nahen
Revolution und Reaction, Die Regierungen, ohne alle Shmpathie für die
nationale wie für die liberale Bewegung, aber ohne alle Energie des Wider¬
standes, ohne Vertrauen in die eigne Kraft, ließen sich von Schritt zu Schritt
willenlos fortreißen. Der Beginn des Jahres 1848 brachte die Konstitutionen
für Neapel und Sardinien, Toscana mußte folgen. Der ursprüngliche Entwurf
der zur Ausarbeitung der Verfassung niedergesetzten Commission, welcher auch
Capponi angehörte, war auf den Gedanken einer Vertretung der Gemeinden



^) til-L'U ultiwi vahl al lioiuaMit, LuglUw, 1L46.
Giuv ^ijipom.

cigniß. Berchetö feurige Lieder, Ginstis satirische Gedichte mit ihre» allen
verständlichen Anspielungen, NiceoliniS gewaltige Tragödie „Arnold von Brescia"
entzündeten die Gemüther des leichtbeweglichen Volkes, In Florenz ging die
Anregung zu der neuen Parteibildung besonders von dem Capponi eng befreundeten
trefflichen Massimo d'Azegliv aus, dessen epochemachende Schrift über die Jn-
surrection in der Romngna") unter seinen Angen entstand und von ihm vor
dem Drucke revidirt wilrde. Er nahm den lebhaftesten Antheil an dieser hoffnungs¬
vollen Bewegung der Geister und erklärte in einem trefflichen Artikel in der zu
Paris unter der Aegide der bekannten Patriotin Fürstin Belgiojoso erscheinenden
Zeitschrift 1'ItMg.»0 seine volle Zustimmung zu dem Programme der neuen
nativnalliberalen Partei, Die erlesensten Patrioten Toseanas sammelten sich
in seinem Hause zu Besprechungen und Berathungen, Mit der Richtung freilich,
die in dem berühmten Drama seines Jugendfreundes und Studiengenossen
Nieeolini zu Tage trat, konnte er sich nicht befreunden. Niecolini war Papst¬
feind und Ghibclliue, Capponi schloß sich dagegen der neuguclfischcn Partei an,
welche auf einen Papst harrte, der „alle göttlichen Kräfte in der Kirche anzu¬
regen" und dadurch auch auf das bürgerliche und sociale Leben befruchtend und
reformirend einzuwirken verstehe.

In einer eignen Schrift über den Aufstand in der Romagna 1843—45
sprach er sich entschieden stir die weltliche Souveränetät des Papstes ans, aller¬
dings nach dein Thiersschen Recepte: pays rvg'no, irmi8 it us Muvsrnv M«.
„Die Zeiten haben dem Papste die Herrschaft gegeben, und mit der Tradition
soll mau nicht brechen." Seine Hoffnungen und Wünsche schienen der Erfüllung
nahe zu sein, als der .1,6. Juni 1,846 Pius IX. auf den Stuhl Petri erhoben
hatte; er begrüßte den neu aufgehenden Tag mit Heller Freude. Aber bald
erkannte er das Uebertriebene der Erwartungen, die man, und Wohl auch er
selbst vou einem reformirenden Papste gehegt hatte, die schweren Gefahren des
kindisch ungeduldigen Drängens von Reform zu Reform. „Die großen Kinder
verderben mir Pius IX." Im Geiste erblickte er bereits das Gespenst der nahen
Revolution und Reaction, Die Regierungen, ohne alle Shmpathie für die
nationale wie für die liberale Bewegung, aber ohne alle Energie des Wider¬
standes, ohne Vertrauen in die eigne Kraft, ließen sich von Schritt zu Schritt
willenlos fortreißen. Der Beginn des Jahres 1848 brachte die Konstitutionen
für Neapel und Sardinien, Toscana mußte folgen. Der ursprüngliche Entwurf
der zur Ausarbeitung der Verfassung niedergesetzten Commission, welcher auch
Capponi angehörte, war auf den Gedanken einer Vertretung der Gemeinden



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[0216] Giuv ^ijipom. cigniß. Berchetö feurige Lieder, Ginstis satirische Gedichte mit ihre» allen verständlichen Anspielungen, NiceoliniS gewaltige Tragödie „Arnold von Brescia" entzündeten die Gemüther des leichtbeweglichen Volkes, In Florenz ging die Anregung zu der neuen Parteibildung besonders von dem Capponi eng befreundeten trefflichen Massimo d'Azegliv aus, dessen epochemachende Schrift über die Jn- surrection in der Romngna") unter seinen Angen entstand und von ihm vor dem Drucke revidirt wilrde. Er nahm den lebhaftesten Antheil an dieser hoffnungs¬ vollen Bewegung der Geister und erklärte in einem trefflichen Artikel in der zu Paris unter der Aegide der bekannten Patriotin Fürstin Belgiojoso erscheinenden Zeitschrift 1'ItMg.»0 seine volle Zustimmung zu dem Programme der neuen nativnalliberalen Partei, Die erlesensten Patrioten Toseanas sammelten sich in seinem Hause zu Besprechungen und Berathungen, Mit der Richtung freilich, die in dem berühmten Drama seines Jugendfreundes und Studiengenossen Nieeolini zu Tage trat, konnte er sich nicht befreunden. Niecolini war Papst¬ feind und Ghibclliue, Capponi schloß sich dagegen der neuguclfischcn Partei an, welche auf einen Papst harrte, der „alle göttlichen Kräfte in der Kirche anzu¬ regen" und dadurch auch auf das bürgerliche und sociale Leben befruchtend und reformirend einzuwirken verstehe. In einer eignen Schrift über den Aufstand in der Romagna 1843—45 sprach er sich entschieden stir die weltliche Souveränetät des Papstes ans, aller¬ dings nach dein Thiersschen Recepte: pays rvg'no, irmi8 it us Muvsrnv M«. „Die Zeiten haben dem Papste die Herrschaft gegeben, und mit der Tradition soll mau nicht brechen." Seine Hoffnungen und Wünsche schienen der Erfüllung nahe zu sein, als der .1,6. Juni 1,846 Pius IX. auf den Stuhl Petri erhoben hatte; er begrüßte den neu aufgehenden Tag mit Heller Freude. Aber bald erkannte er das Uebertriebene der Erwartungen, die man, und Wohl auch er selbst vou einem reformirenden Papste gehegt hatte, die schweren Gefahren des kindisch ungeduldigen Drängens von Reform zu Reform. „Die großen Kinder verderben mir Pius IX." Im Geiste erblickte er bereits das Gespenst der nahen Revolution und Reaction, Die Regierungen, ohne alle Shmpathie für die nationale wie für die liberale Bewegung, aber ohne alle Energie des Wider¬ standes, ohne Vertrauen in die eigne Kraft, ließen sich von Schritt zu Schritt willenlos fortreißen. Der Beginn des Jahres 1848 brachte die Konstitutionen für Neapel und Sardinien, Toscana mußte folgen. Der ursprüngliche Entwurf der zur Ausarbeitung der Verfassung niedergesetzten Commission, welcher auch Capponi angehörte, war auf den Gedanken einer Vertretung der Gemeinden ^) til-L'U ultiwi vahl al lioiuaMit, LuglUw, 1L46.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341833_157697/216>, abgerufen am 27.12.2024.