Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Erstes Quartal.Chr. Gottfried Körner und I. G. Göschen. Nach der Rückkehr von seinen Reisen bewarb sich Körner um ein Amt im kursäch¬ Bevor es jedoch dazu kam, war auch Freund Göschen der günstig ver¬ Chr. Gottfried Körner und I. G. Göschen. Nach der Rückkehr von seinen Reisen bewarb sich Körner um ein Amt im kursäch¬ Bevor es jedoch dazu kam, war auch Freund Göschen der günstig ver¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0128" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/149112"/> <fw type="header" place="top"> Chr. Gottfried Körner und I. G. Göschen.</fw><lb/> <p xml:id="ID_325" prev="#ID_324"> Nach der Rückkehr von seinen Reisen bewarb sich Körner um ein Amt im kursäch¬<lb/> sischen Staatsdienst. Er war in der glücklichen Lage, die Art und Weise des<lb/> damaligen Aufsteigens der Beamten leichter ertragen zu können als andere.<lb/> Obschon er bald genug zur Würde eines Obereonsistorialraths in Dresden<lb/> (sür die er in seiner doppelten Eigenschaft als Jurist und Theologensohn be¬<lb/> sonders befähigt erschien) gelangte, daneben auch Mitglied der Commerzdepu¬<lb/> tation ward, die in jenen Tagen die Interessen des Handels und der Industrie<lb/> wahrnehmen sollte, so blieb sein Gehalt viele Jahre hindurch verschwindend klein.<lb/> Es galt eben damals in einer schlecht bezahlten Stelle den günstigen Augen¬<lb/> blick zu erlauern, in welchem man, durch die eigne Tüchtigkeit und unentbehr¬<lb/> liche Protection wohlempfohlen, eines der Aemter erhielt, die auskömmlich und<lb/> gelegentlich reich besoldet waren. Dies letzte Ziel galt am Ausgange des 18. und<lb/> Eingange des 19. Jahrhunderts als ein so preisenswerthes, daß man demselben<lb/> mit Langen und Bangen, Borgen und Sorgen zustrebte. Hunderte und aber<lb/> Hunderte von „Bediensteten" verzehrten ein größeres oder kleineres Erbe, be¬<lb/> vor sie zu einer sichern und behaglichen Stelle gelangten. Albert, Lottes<lb/> Mann in „Werthers Leiden", ist im Sinne seiner Zeit ein Glückspilz, da er so<lb/> früh eine „ansehnliche Versorgung", ein „Amt mit einem artigen Auskommen"<lb/> erhält. So stattlich und angesehen sich der neue Dr. Mr. und jüngste Ober-<lb/> consistorialrath in den Dresdner Beamtenkreisen bewegte und so gute Aussich¬<lb/> ten er vor vielen andern hatte — so wohl wie dem Helden des „Werther" wurde<lb/> es ihm doch nicht. Hätte Körner auf das artige Auskommen warten müssen, so<lb/> würde es weit über das Jahr 1785 hinaus eine höchst anmuthige und vielbewun¬<lb/> derte Demoiselle Minna Stock gegeben haben. Da er jedoch zu Beginn des<lb/> genannten Jahres durch den Tod seines Vaters in den Besitz eines Vermögens<lb/> gesetzt wurde, durfte er auch mit der dürftigen Besoldung seiner Oberconsistorial-<lb/> rathsstelle daran denken, die Braut heimzuführen und dem neuen Hausstande<lb/> gleich von vornherein eine Anlage zu geben, an deren Behagen die künstlerische<lb/> Schwägerin Dorothea Stock ihren vollen und die Freunde Schiller und Ferdi¬<lb/> nand Huber, wie aus Schillers Leben allbekannt, einen gewissen Antheil hatten.</p><lb/> <p xml:id="ID_326" next="#ID_327"> Bevor es jedoch dazu kam, war auch Freund Göschen der günstig ver¬<lb/> änderten Lage Körners froh geworden. Dieser hatte einige Jahre hindurch<lb/> (von 1783— 85) in Dessau als einer der „Factoren" der „Buchhandlung der<lb/> Gelehrten" gelebt, über deren Anlage, Glück und Unstern uns neuerdings Karl<lb/> Buchner in einer eignen Monographie und Fr. Hera. Meyer in einen: Aufsatze<lb/> „Die genossenschaftlichen und Gelehrten-Buchhandlungen des achtzehnten Jahr¬<lb/> hunderts" (Archiv für Geschichte des deutschen Buchhandels; Heft 2. Leipzig,<lb/> 1879) belehrt haben. Die „Buchhandlung der Gelehrten" war eine der zahlreichen<lb/> Unternehmungen, die darauf ausgingen, den Schriftstellern einen bessern An-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0128]
Chr. Gottfried Körner und I. G. Göschen.
Nach der Rückkehr von seinen Reisen bewarb sich Körner um ein Amt im kursäch¬
sischen Staatsdienst. Er war in der glücklichen Lage, die Art und Weise des
damaligen Aufsteigens der Beamten leichter ertragen zu können als andere.
Obschon er bald genug zur Würde eines Obereonsistorialraths in Dresden
(sür die er in seiner doppelten Eigenschaft als Jurist und Theologensohn be¬
sonders befähigt erschien) gelangte, daneben auch Mitglied der Commerzdepu¬
tation ward, die in jenen Tagen die Interessen des Handels und der Industrie
wahrnehmen sollte, so blieb sein Gehalt viele Jahre hindurch verschwindend klein.
Es galt eben damals in einer schlecht bezahlten Stelle den günstigen Augen¬
blick zu erlauern, in welchem man, durch die eigne Tüchtigkeit und unentbehr¬
liche Protection wohlempfohlen, eines der Aemter erhielt, die auskömmlich und
gelegentlich reich besoldet waren. Dies letzte Ziel galt am Ausgange des 18. und
Eingange des 19. Jahrhunderts als ein so preisenswerthes, daß man demselben
mit Langen und Bangen, Borgen und Sorgen zustrebte. Hunderte und aber
Hunderte von „Bediensteten" verzehrten ein größeres oder kleineres Erbe, be¬
vor sie zu einer sichern und behaglichen Stelle gelangten. Albert, Lottes
Mann in „Werthers Leiden", ist im Sinne seiner Zeit ein Glückspilz, da er so
früh eine „ansehnliche Versorgung", ein „Amt mit einem artigen Auskommen"
erhält. So stattlich und angesehen sich der neue Dr. Mr. und jüngste Ober-
consistorialrath in den Dresdner Beamtenkreisen bewegte und so gute Aussich¬
ten er vor vielen andern hatte — so wohl wie dem Helden des „Werther" wurde
es ihm doch nicht. Hätte Körner auf das artige Auskommen warten müssen, so
würde es weit über das Jahr 1785 hinaus eine höchst anmuthige und vielbewun¬
derte Demoiselle Minna Stock gegeben haben. Da er jedoch zu Beginn des
genannten Jahres durch den Tod seines Vaters in den Besitz eines Vermögens
gesetzt wurde, durfte er auch mit der dürftigen Besoldung seiner Oberconsistorial-
rathsstelle daran denken, die Braut heimzuführen und dem neuen Hausstande
gleich von vornherein eine Anlage zu geben, an deren Behagen die künstlerische
Schwägerin Dorothea Stock ihren vollen und die Freunde Schiller und Ferdi¬
nand Huber, wie aus Schillers Leben allbekannt, einen gewissen Antheil hatten.
Bevor es jedoch dazu kam, war auch Freund Göschen der günstig ver¬
änderten Lage Körners froh geworden. Dieser hatte einige Jahre hindurch
(von 1783— 85) in Dessau als einer der „Factoren" der „Buchhandlung der
Gelehrten" gelebt, über deren Anlage, Glück und Unstern uns neuerdings Karl
Buchner in einer eignen Monographie und Fr. Hera. Meyer in einen: Aufsatze
„Die genossenschaftlichen und Gelehrten-Buchhandlungen des achtzehnten Jahr¬
hunderts" (Archiv für Geschichte des deutschen Buchhandels; Heft 2. Leipzig,
1879) belehrt haben. Die „Buchhandlung der Gelehrten" war eine der zahlreichen
Unternehmungen, die darauf ausgingen, den Schriftstellern einen bessern An-
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