Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Viertes Quartal.dieser Übereinkunft aber richteten die Mächte des Berliner Vertrags am 3. Mittlerweile hatten die Versuche der europäischen Mächte zur Umstiiumuug dieser Übereinkunft aber richteten die Mächte des Berliner Vertrags am 3. Mittlerweile hatten die Versuche der europäischen Mächte zur Umstiiumuug <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0093" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/147740"/> <p xml:id="ID_270" prev="#ID_269"> dieser Übereinkunft aber richteten die Mächte des Berliner Vertrags am 3.<lb/> August von neuem eine Colleetivnote an die Pforte, worin die Abtretung von<lb/> Dnleigno verlangt, zugleich aber dem Sultan anheimgestellt wurde, auf die<lb/> Corli'sche Uebereinkunft vom 12. April zurückzugreifen, deren Ausführung binnen<lb/> drei Wochen bewirkt sein müsse. Hierauf erwiederte die türkische Regierung am<lb/> 19. August mit dem Verlangen nach einer Fristverlängerung und der Erklärung,<lb/> falls die Mächte Schritte thun würden, den Montenegrinern zu gewaltsamer<lb/> Besitznahme Duleignos Unterstützung zu gewähren, werde man einer solchen<lb/> Maßregel türkischerseits fernbleiben. Die Mächte schlugen die Fristverlängerung<lb/> ab und bestanden auf unverzüglicher Herausgabe Duleiguos und seiner Umge¬<lb/> bung. Zu gleicher Zeit ergingen Befehle zur Zusammenziehung eines Geschwa¬<lb/> ders von Schiffen der sechs Vertragsmächte, das unter dem Obercommcmdo des<lb/> englischen Admirals Seymour stehen sollte. Dieses Geschwader sammelte sich<lb/> in der letzten Hälfte des September in der Bucht der dalmatinischen Stadt<lb/> Gravosa — wobei bezeichnender Weise die russischen Schiffe zuerst an Ort und<lb/> Stelle erschienen, während die französischen die letzten waren —, und zu der¬<lb/> selben Zeit schob der Fürst von Montenegro an der Grenze von Albanien ein<lb/> Truppeneorps in der Richtung von Dnleigno vor, während andererseits die<lb/> Albanesen unter den Augen des jetzt hier befehligenden Riza Pascha, mehrere<lb/> tausend Mann stark, auf den Hohen über Dnleigno Stellung nahmen, um den<lb/> Bataillonen der Tschernagorzen den Vormarsch zu verwehren.</p><lb/> <p xml:id="ID_271" next="#ID_272"> Mittlerweile hatten die Versuche der europäischen Mächte zur Umstiiumuug<lb/> der Pforte ihren Fortgang genommen, und wieder schien ein Erfolg erreicht.<lb/> Die türkische Regierung erklärte, Dnleigno abtreten zu wollen, falls ihr die be¬<lb/> nachbarten Gebiete von Dinosch und Gruda verblieben und die Flottendemon¬<lb/> stration aufgegeben würde. Die Vertreter der Mächte in Konstantinopel über¬<lb/> reichten ihr darauf am 15. September eine Colleetwnote, in der sie ihre<lb/> Befriedigung über die Bereitwilligkeit des Sultans, Dnleigno herauszugeben<lb/> aussprachen und das Verbleiben von Dinosch unter der türkischen Herrschaft<lb/> bewilligten, über die Unterlassung der Flvttendemonstration sich aber nicht äußer¬<lb/> ten. Die Pforte beantwortete diese Note mit einer vom 23. datierten Vorstel¬<lb/> lung, in der sie auf die Schwierigkeiten hinwies, welche ihr die uuter den Alba-<lb/> nesen herrschende Aufregung bereitet, und abermals das Aufgeben der Flotten-<lb/> demoustration verlangte. Es hieß in diesem Actenstück u. a.: „Die Mächte haben<lb/> sich, ohne die peinliche Situation der Pforte zu berücksichtigen, zu einer Flotten¬<lb/> demonstration vereinigt und der Pforte dadurch einen noch schwereren Stand<lb/> bereitet. Diese sah sich hierdurch bewogen, dieser Lage durch ein letztes und<lb/> kategorisches Mittel ein Ziel zu setzen, indem sie die Auslieferung Duleignos<lb/> von den formellen und officiellen Zusicherungen der Signatarmächte in Betreff</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0093]
dieser Übereinkunft aber richteten die Mächte des Berliner Vertrags am 3.
August von neuem eine Colleetivnote an die Pforte, worin die Abtretung von
Dnleigno verlangt, zugleich aber dem Sultan anheimgestellt wurde, auf die
Corli'sche Uebereinkunft vom 12. April zurückzugreifen, deren Ausführung binnen
drei Wochen bewirkt sein müsse. Hierauf erwiederte die türkische Regierung am
19. August mit dem Verlangen nach einer Fristverlängerung und der Erklärung,
falls die Mächte Schritte thun würden, den Montenegrinern zu gewaltsamer
Besitznahme Duleignos Unterstützung zu gewähren, werde man einer solchen
Maßregel türkischerseits fernbleiben. Die Mächte schlugen die Fristverlängerung
ab und bestanden auf unverzüglicher Herausgabe Duleiguos und seiner Umge¬
bung. Zu gleicher Zeit ergingen Befehle zur Zusammenziehung eines Geschwa¬
ders von Schiffen der sechs Vertragsmächte, das unter dem Obercommcmdo des
englischen Admirals Seymour stehen sollte. Dieses Geschwader sammelte sich
in der letzten Hälfte des September in der Bucht der dalmatinischen Stadt
Gravosa — wobei bezeichnender Weise die russischen Schiffe zuerst an Ort und
Stelle erschienen, während die französischen die letzten waren —, und zu der¬
selben Zeit schob der Fürst von Montenegro an der Grenze von Albanien ein
Truppeneorps in der Richtung von Dnleigno vor, während andererseits die
Albanesen unter den Augen des jetzt hier befehligenden Riza Pascha, mehrere
tausend Mann stark, auf den Hohen über Dnleigno Stellung nahmen, um den
Bataillonen der Tschernagorzen den Vormarsch zu verwehren.
Mittlerweile hatten die Versuche der europäischen Mächte zur Umstiiumuug
der Pforte ihren Fortgang genommen, und wieder schien ein Erfolg erreicht.
Die türkische Regierung erklärte, Dnleigno abtreten zu wollen, falls ihr die be¬
nachbarten Gebiete von Dinosch und Gruda verblieben und die Flottendemon¬
stration aufgegeben würde. Die Vertreter der Mächte in Konstantinopel über¬
reichten ihr darauf am 15. September eine Colleetwnote, in der sie ihre
Befriedigung über die Bereitwilligkeit des Sultans, Dnleigno herauszugeben
aussprachen und das Verbleiben von Dinosch unter der türkischen Herrschaft
bewilligten, über die Unterlassung der Flvttendemonstration sich aber nicht äußer¬
ten. Die Pforte beantwortete diese Note mit einer vom 23. datierten Vorstel¬
lung, in der sie auf die Schwierigkeiten hinwies, welche ihr die uuter den Alba-
nesen herrschende Aufregung bereitet, und abermals das Aufgeben der Flotten-
demoustration verlangte. Es hieß in diesem Actenstück u. a.: „Die Mächte haben
sich, ohne die peinliche Situation der Pforte zu berücksichtigen, zu einer Flotten¬
demonstration vereinigt und der Pforte dadurch einen noch schwereren Stand
bereitet. Diese sah sich hierdurch bewogen, dieser Lage durch ein letztes und
kategorisches Mittel ein Ziel zu setzen, indem sie die Auslieferung Duleignos
von den formellen und officiellen Zusicherungen der Signatarmächte in Betreff
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