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Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Viertes Quartal.

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leader 1838, welcher sich seine hohe malerische Fertigkeit in der Pilotyschule
angeeignet hat. Aus seinen Thierbildern spricht oft ein liebenswürdiger Humor,
der sich ungesucht aus der Situation ergiebt. So bei den "Kunstkritikern im
Stalle", die sich neugierig um einen Malkasten drängen, welcher eine eben vom
Maler verlassene Schafstudie enthält. Anton Brand, geboren 1836 zu Bibe¬
rach in Würtemberg, behandelt Schafe und Rindvieh in reizvoller landschaft¬
licher Umgebung mit gleicher Virtuosität. In der großartigen Auffassung der
belebten und unbelebten Natur kommt er Voltz am nächsten. Der Hühnermaler
Carl Jutz, der sich seine Specialität durch zierliche Miniaturbilder von feiner
Färbung geschaffen hat, ist 1867 durch Uebersiedlung nach Düsseldorf aus dein
Kreise der Münchener Schule ausgeschieden.

Wenn wir noch die Architekturmaler Konrad Hoff, geboren 1816 in
Schwerin, und Ferdinand Knab, geboren 1834 in Würzburg, eine" Schüler
von Ramberg und Piloty, erwähnen, haben wir ein in seinen Grundzügen ziem¬
lich vollständiges Bild von dem gegenwärtigen Stande der Malerei in München
entworfen. Wie unter den drei Künsten die Malerei in München einen ganz
unverhültnißmäßig großen Platz einnimmt, so, daß die Plastik ueben dem ältern
Widnmann nur einen Künstler von hervorragender Begabung, Michael Wag¬
müller, aufzuweisen hat, während die Architektur sich erst neuerdings wieder
durch die Verdienste Neureuthers, Langes, Hauberrissers, Getöns und
Albert Schmidts aus einem längern Stillleben zu regerer und erfreulicherer
Thätigkeit zu heben beginnt, spielt in der Malerei selbst das Genre an Stelle
der ziemlich arg ins Gedränge gerathenen Historienmalerei die größte Rolle.
Erst in zweiter Linie kommt dann die Landschaft, während die übrigen Fächer
der Malerei entweder nur sehr spärlich oder durch Sterne kleinerer Ordnung
besetzt sind. Innerhalb der Genremalerei dürfte München jedoch zur Zeit die
Führung in Deutschland beanspruchen können.


Adolf Rosenberg.


Baden am Jahresschlusse.

Der politische Zustand Badens am Schlüsse des Jahres entspricht den
Vorhersagen, welche in diesen Blättern seit geraumer Zeit über den Um¬
schwung in unsern öffentlichen Verhältnissen ausgesprochen worden sind. Dieser
Umschwung, der zwar langsam, aber nicht ohne Jntensivität sich vollzogen,
hat die innere Politik Badens aus den ausgetretene" Bahnen des seitherigen
landläufigen Liberalismus, als dessen Mustervertreter unser Staatswesen seit


leader 1838, welcher sich seine hohe malerische Fertigkeit in der Pilotyschule
angeeignet hat. Aus seinen Thierbildern spricht oft ein liebenswürdiger Humor,
der sich ungesucht aus der Situation ergiebt. So bei den „Kunstkritikern im
Stalle", die sich neugierig um einen Malkasten drängen, welcher eine eben vom
Maler verlassene Schafstudie enthält. Anton Brand, geboren 1836 zu Bibe¬
rach in Würtemberg, behandelt Schafe und Rindvieh in reizvoller landschaft¬
licher Umgebung mit gleicher Virtuosität. In der großartigen Auffassung der
belebten und unbelebten Natur kommt er Voltz am nächsten. Der Hühnermaler
Carl Jutz, der sich seine Specialität durch zierliche Miniaturbilder von feiner
Färbung geschaffen hat, ist 1867 durch Uebersiedlung nach Düsseldorf aus dein
Kreise der Münchener Schule ausgeschieden.

Wenn wir noch die Architekturmaler Konrad Hoff, geboren 1816 in
Schwerin, und Ferdinand Knab, geboren 1834 in Würzburg, eine« Schüler
von Ramberg und Piloty, erwähnen, haben wir ein in seinen Grundzügen ziem¬
lich vollständiges Bild von dem gegenwärtigen Stande der Malerei in München
entworfen. Wie unter den drei Künsten die Malerei in München einen ganz
unverhültnißmäßig großen Platz einnimmt, so, daß die Plastik ueben dem ältern
Widnmann nur einen Künstler von hervorragender Begabung, Michael Wag¬
müller, aufzuweisen hat, während die Architektur sich erst neuerdings wieder
durch die Verdienste Neureuthers, Langes, Hauberrissers, Getöns und
Albert Schmidts aus einem längern Stillleben zu regerer und erfreulicherer
Thätigkeit zu heben beginnt, spielt in der Malerei selbst das Genre an Stelle
der ziemlich arg ins Gedränge gerathenen Historienmalerei die größte Rolle.
Erst in zweiter Linie kommt dann die Landschaft, während die übrigen Fächer
der Malerei entweder nur sehr spärlich oder durch Sterne kleinerer Ordnung
besetzt sind. Innerhalb der Genremalerei dürfte München jedoch zur Zeit die
Führung in Deutschland beanspruchen können.


Adolf Rosenberg.


Baden am Jahresschlusse.

Der politische Zustand Badens am Schlüsse des Jahres entspricht den
Vorhersagen, welche in diesen Blättern seit geraumer Zeit über den Um¬
schwung in unsern öffentlichen Verhältnissen ausgesprochen worden sind. Dieser
Umschwung, der zwar langsam, aber nicht ohne Jntensivität sich vollzogen,
hat die innere Politik Badens aus den ausgetretene» Bahnen des seitherigen
landläufigen Liberalismus, als dessen Mustervertreter unser Staatswesen seit


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Viertes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341831_157695/562>, abgerufen am 28.12.2024.