Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Viertes Quartal.Trotz der beispiellosen Zerstörungen und Vernichtungen, deren Schauplatz Die köstlichen Perlen alter Kunstindustrie, welche das Grüne Gewölbe, die München gehört zu jenen Städten, die sich selbst in den unruhigsten Zeit¬ *) Die Schatzkammer des bayerischen Königshauses. Mit Text heraus¬
gegeben von Dr. Emil von Schauß, Schatzmeister des tgi, Hausschatzes u> s. w. Durch unvergänglichen Lichtdruck ausgeführt von Arnold und Zettler in München. I. Nürnberg, Verlag von S. Soltau. Trotz der beispiellosen Zerstörungen und Vernichtungen, deren Schauplatz Die köstlichen Perlen alter Kunstindustrie, welche das Grüne Gewölbe, die München gehört zu jenen Städten, die sich selbst in den unruhigsten Zeit¬ *) Die Schatzkammer des bayerischen Königshauses. Mit Text heraus¬
gegeben von Dr. Emil von Schauß, Schatzmeister des tgi, Hausschatzes u> s. w. Durch unvergänglichen Lichtdruck ausgeführt von Arnold und Zettler in München. I. Nürnberg, Verlag von S. Soltau. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0510" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/148157"/> <p xml:id="ID_1355"> Trotz der beispiellosen Zerstörungen und Vernichtungen, deren Schauplatz<lb/> Deutschland während der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts gewesen ist, hat<lb/> sich noch genug erhalten, um solche Anknüpfungen zu erleichtern. Gewisse Städte<lb/> -- es siud leider nur wenige — haben im Kriegsgetümmel eine exceptionelle<lb/> Stellung eingenommen, und aus ihren Rathhäusern, aus den Schatzkammern<lb/> ihrer Fürsten treten jetzt, wo man dergleichen nicht bloß auf den Metall- und<lb/> Edelsteinwerth schätzen gelernt hat, ungeahnte Kostbarkeiten zu Tage, die neues<lb/> Blut in unsere Industrie einzuführen berufen find. Groß ist die Anzahl der<lb/> Vorbildersammlungen, die im letzten Jahrzehnt von kundigen Händen zusammen¬<lb/> gestellt sind; aber noch ist der Reichthum nicht erschöpft, und immer treten neue<lb/> Sammlungen auf, den Nachahmungstrieb zu reizen, die Phantasie zu befruchten<lb/> und zu kunstgeschichtlicher Betrachtung des Geretteten anzuregen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1356"> Die köstlichen Perlen alter Kunstindustrie, welche das Grüne Gewölbe, die<lb/> Krone aller Sammlungen, birgt, sind dem modernen Kunsthandwerke schon in<lb/> einer trefflichen Publication erschlossen worden. Jetzt ist die Schatzkammer des<lb/> bairischen Königshauses, Dank den Bemühungen eines um die alte Kunst wohl¬<lb/> verdienten Nürnberger Buchhändlers, an die Reihe gekommen, und gleich die<lb/> erste Abtheilung, welche uns vorliegt,*) liefert uns reichen Stoff, unsere Kennt¬<lb/> niß des alten Kunsthandwerks zu erweitern.</p><lb/> <p xml:id="ID_1357" next="#ID_1358"> München gehört zu jenen Städten, die sich selbst in den unruhigsten Zeit¬<lb/> läuften einer besondern Schonung zu erfreuen hatten. Dazu mag nicht wenig<lb/> die bairische Opportunitätspolitik beigetragen haben, die es immer mit dem<lb/> jeweilig mächtigsten hielt und so ihr Schifflein unzerschellt durch alle Fährnisse<lb/> lenkte. Mag man von dieser Opportunitätspolitik denken, was man will: wie<lb/> sie vom herzoglichen Diadem über den Kurfürstenhut zur Königskrone geführt<lb/> hat, so hat sie auch für die Künste des Friedens viel geschaffen und mehreres<lb/> erhalten, was die Nachwelt ihr dankt. Gerade die kostbaren Gegenstände,<lb/> welche in einem Raume der königlichen Residenz, „Schatzkammer" genannt, ver¬<lb/> einigt sind, tragen ihr Ursprungszeugnis den bairischen Löwen und die Rauten,<lb/> an sich und zeugen so aufs deutlichste für den Kunstsinn eines Herscherge¬<lb/> schlechts, welches im 16. und 17. Jahrhundert die Dienste der ersten Gotd-<lb/> und Silberschmiede in Anspruch nahm. Obwohl eine Anzahl der Kleinodien<lb/> und Kunstgegenstände, welche den Hausschatz des bairischen Fürstenhauses bilden,<lb/> in öffentliche Sammlungen übergegangen, ein anderer Theil 1771 von Kur¬<lb/> fürsten Maximilian Josef zur Zeit einer Theuerung in Holland versetzt worden</p><lb/> <note xml:id="FID_39" place="foot"> *) Die Schatzkammer des bayerischen Königshauses. Mit Text heraus¬<lb/> gegeben von Dr. Emil von Schauß, Schatzmeister des tgi, Hausschatzes u> s. w. Durch<lb/> unvergänglichen Lichtdruck ausgeführt von Arnold und Zettler in München. I. Nürnberg,<lb/> Verlag von S. Soltau.</note><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0510]
Trotz der beispiellosen Zerstörungen und Vernichtungen, deren Schauplatz
Deutschland während der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts gewesen ist, hat
sich noch genug erhalten, um solche Anknüpfungen zu erleichtern. Gewisse Städte
-- es siud leider nur wenige — haben im Kriegsgetümmel eine exceptionelle
Stellung eingenommen, und aus ihren Rathhäusern, aus den Schatzkammern
ihrer Fürsten treten jetzt, wo man dergleichen nicht bloß auf den Metall- und
Edelsteinwerth schätzen gelernt hat, ungeahnte Kostbarkeiten zu Tage, die neues
Blut in unsere Industrie einzuführen berufen find. Groß ist die Anzahl der
Vorbildersammlungen, die im letzten Jahrzehnt von kundigen Händen zusammen¬
gestellt sind; aber noch ist der Reichthum nicht erschöpft, und immer treten neue
Sammlungen auf, den Nachahmungstrieb zu reizen, die Phantasie zu befruchten
und zu kunstgeschichtlicher Betrachtung des Geretteten anzuregen.
Die köstlichen Perlen alter Kunstindustrie, welche das Grüne Gewölbe, die
Krone aller Sammlungen, birgt, sind dem modernen Kunsthandwerke schon in
einer trefflichen Publication erschlossen worden. Jetzt ist die Schatzkammer des
bairischen Königshauses, Dank den Bemühungen eines um die alte Kunst wohl¬
verdienten Nürnberger Buchhändlers, an die Reihe gekommen, und gleich die
erste Abtheilung, welche uns vorliegt,*) liefert uns reichen Stoff, unsere Kennt¬
niß des alten Kunsthandwerks zu erweitern.
München gehört zu jenen Städten, die sich selbst in den unruhigsten Zeit¬
läuften einer besondern Schonung zu erfreuen hatten. Dazu mag nicht wenig
die bairische Opportunitätspolitik beigetragen haben, die es immer mit dem
jeweilig mächtigsten hielt und so ihr Schifflein unzerschellt durch alle Fährnisse
lenkte. Mag man von dieser Opportunitätspolitik denken, was man will: wie
sie vom herzoglichen Diadem über den Kurfürstenhut zur Königskrone geführt
hat, so hat sie auch für die Künste des Friedens viel geschaffen und mehreres
erhalten, was die Nachwelt ihr dankt. Gerade die kostbaren Gegenstände,
welche in einem Raume der königlichen Residenz, „Schatzkammer" genannt, ver¬
einigt sind, tragen ihr Ursprungszeugnis den bairischen Löwen und die Rauten,
an sich und zeugen so aufs deutlichste für den Kunstsinn eines Herscherge¬
schlechts, welches im 16. und 17. Jahrhundert die Dienste der ersten Gotd-
und Silberschmiede in Anspruch nahm. Obwohl eine Anzahl der Kleinodien
und Kunstgegenstände, welche den Hausschatz des bairischen Fürstenhauses bilden,
in öffentliche Sammlungen übergegangen, ein anderer Theil 1771 von Kur¬
fürsten Maximilian Josef zur Zeit einer Theuerung in Holland versetzt worden
*) Die Schatzkammer des bayerischen Königshauses. Mit Text heraus¬
gegeben von Dr. Emil von Schauß, Schatzmeister des tgi, Hausschatzes u> s. w. Durch
unvergänglichen Lichtdruck ausgeführt von Arnold und Zettler in München. I. Nürnberg,
Verlag von S. Soltau.
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |