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Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Viertes Quartal.

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Gneisenaus Briefwechsel und die Kriege von WH u. M5.

Nachdem Pertz im Jahre 1869 den dritten Band der Biographie Gnei¬
senaus veröffentlicht hatte, trat in der Fortsetzung des Werkes eine lange
Pause ein. Anhaltende Kränklichkeit, endlich der Tod nahmen dem Verfasser
die Feder aus der Hand, und es bedürfte geraume Zeit, ehe Dr. Delbrück, der
sich auf Wunsch der Gneisenauschen Familie ebenso wie auf Wunsch des Ver¬
legers zur Bearbeitung und Fortsetzung des Werkes bereit erklärte, das von
Pertz hinterlasse"" Material geordnet und vervollständigt hatte. Erst nach elf¬
jähriger Unterbrechung ist zu Aufange dieses Jahres der vierte Band heraus¬
gegeben worden. Ein fünfter (Schluß-) Band, der wider Erwarten durch die
Fülle der vorhandenen Briefe sich nothwendig gemacht hat, ist für Ende dieses
Jahres in Aussicht gestellt.

Delbrück weicht von feinem Vorgänger schon in der äußeren Anordnung
des Stoffes ab. Pertz gab keine Biographie seines Helden im strengsten Sinne
des Wortes, sondern sein Werk war mehr ein Conglomerat von Briefen, Me¬
moiren und anderen Schriftstücken, die zu seinem Helden in Beziehung standen.
Er selbst verknüpft sie durch die Darstellung der zeitgenössischen Ereignisse oder
der Lebensschicksale Gneiseuaus und versieht sie mit Erklärungen. So groß
auch die Vortheile einer so geschriebenen Lebensgeschichte sein mögen, insofern
wir auf Schritt und Tritt in den Stand gesetzt werden, auf Grund vollgiltiger
Zeugnisse, der eigenen Aeußerungen eines Mannes, sein Leben und seine Ge¬
danken zu verfolgen, so erschwert doch das Aneinanderreihen von Briefen und
Aktenstücken die Lectüre ungemein, und da der Herausgeber durch den Inhalt
der Briefe oft gezwungen ist, Dinge, welche mit dem Gange der Ereignisse in
keinem oder sehr lockerem Zusammenhange stehen, zu behandeln, so geht die
Uebersicht zuweilen ganz verloren. Die Art, wie Delbrück diesem Uebelstande



*) Das Leben des Feldmarschalls Grafen Neithardt von Gneisenau
Vierter Band. 1314, 1816. Bon Hans Delbrück, Fortsetzung des gleichnamigen Werkes
von G. H, Pertz. Berlin, G> Reimer, 1880. '
Grenzboten IV. 1330. 7
Gneisenaus Briefwechsel und die Kriege von WH u. M5.

Nachdem Pertz im Jahre 1869 den dritten Band der Biographie Gnei¬
senaus veröffentlicht hatte, trat in der Fortsetzung des Werkes eine lange
Pause ein. Anhaltende Kränklichkeit, endlich der Tod nahmen dem Verfasser
die Feder aus der Hand, und es bedürfte geraume Zeit, ehe Dr. Delbrück, der
sich auf Wunsch der Gneisenauschen Familie ebenso wie auf Wunsch des Ver¬
legers zur Bearbeitung und Fortsetzung des Werkes bereit erklärte, das von
Pertz hinterlasse»« Material geordnet und vervollständigt hatte. Erst nach elf¬
jähriger Unterbrechung ist zu Aufange dieses Jahres der vierte Band heraus¬
gegeben worden. Ein fünfter (Schluß-) Band, der wider Erwarten durch die
Fülle der vorhandenen Briefe sich nothwendig gemacht hat, ist für Ende dieses
Jahres in Aussicht gestellt.

Delbrück weicht von feinem Vorgänger schon in der äußeren Anordnung
des Stoffes ab. Pertz gab keine Biographie seines Helden im strengsten Sinne
des Wortes, sondern sein Werk war mehr ein Conglomerat von Briefen, Me¬
moiren und anderen Schriftstücken, die zu seinem Helden in Beziehung standen.
Er selbst verknüpft sie durch die Darstellung der zeitgenössischen Ereignisse oder
der Lebensschicksale Gneiseuaus und versieht sie mit Erklärungen. So groß
auch die Vortheile einer so geschriebenen Lebensgeschichte sein mögen, insofern
wir auf Schritt und Tritt in den Stand gesetzt werden, auf Grund vollgiltiger
Zeugnisse, der eigenen Aeußerungen eines Mannes, sein Leben und seine Ge¬
danken zu verfolgen, so erschwert doch das Aneinanderreihen von Briefen und
Aktenstücken die Lectüre ungemein, und da der Herausgeber durch den Inhalt
der Briefe oft gezwungen ist, Dinge, welche mit dem Gange der Ereignisse in
keinem oder sehr lockerem Zusammenhange stehen, zu behandeln, so geht die
Uebersicht zuweilen ganz verloren. Die Art, wie Delbrück diesem Uebelstande



*) Das Leben des Feldmarschalls Grafen Neithardt von Gneisenau
Vierter Band. 1314, 1816. Bon Hans Delbrück, Fortsetzung des gleichnamigen Werkes
von G. H, Pertz. Berlin, G> Reimer, 1880. '
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[0049] Gneisenaus Briefwechsel und die Kriege von WH u. M5. Nachdem Pertz im Jahre 1869 den dritten Band der Biographie Gnei¬ senaus veröffentlicht hatte, trat in der Fortsetzung des Werkes eine lange Pause ein. Anhaltende Kränklichkeit, endlich der Tod nahmen dem Verfasser die Feder aus der Hand, und es bedürfte geraume Zeit, ehe Dr. Delbrück, der sich auf Wunsch der Gneisenauschen Familie ebenso wie auf Wunsch des Ver¬ legers zur Bearbeitung und Fortsetzung des Werkes bereit erklärte, das von Pertz hinterlasse»« Material geordnet und vervollständigt hatte. Erst nach elf¬ jähriger Unterbrechung ist zu Aufange dieses Jahres der vierte Band heraus¬ gegeben worden. Ein fünfter (Schluß-) Band, der wider Erwarten durch die Fülle der vorhandenen Briefe sich nothwendig gemacht hat, ist für Ende dieses Jahres in Aussicht gestellt. Delbrück weicht von feinem Vorgänger schon in der äußeren Anordnung des Stoffes ab. Pertz gab keine Biographie seines Helden im strengsten Sinne des Wortes, sondern sein Werk war mehr ein Conglomerat von Briefen, Me¬ moiren und anderen Schriftstücken, die zu seinem Helden in Beziehung standen. Er selbst verknüpft sie durch die Darstellung der zeitgenössischen Ereignisse oder der Lebensschicksale Gneiseuaus und versieht sie mit Erklärungen. So groß auch die Vortheile einer so geschriebenen Lebensgeschichte sein mögen, insofern wir auf Schritt und Tritt in den Stand gesetzt werden, auf Grund vollgiltiger Zeugnisse, der eigenen Aeußerungen eines Mannes, sein Leben und seine Ge¬ danken zu verfolgen, so erschwert doch das Aneinanderreihen von Briefen und Aktenstücken die Lectüre ungemein, und da der Herausgeber durch den Inhalt der Briefe oft gezwungen ist, Dinge, welche mit dem Gange der Ereignisse in keinem oder sehr lockerem Zusammenhange stehen, zu behandeln, so geht die Uebersicht zuweilen ganz verloren. Die Art, wie Delbrück diesem Uebelstande *) Das Leben des Feldmarschalls Grafen Neithardt von Gneisenau Vierter Band. 1314, 1816. Bon Hans Delbrück, Fortsetzung des gleichnamigen Werkes von G. H, Pertz. Berlin, G> Reimer, 1880. ' Grenzboten IV. 1330. 7

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Viertes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341831_157695/49>, abgerufen am 28.12.2024.