Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Viertes Quartal.meinen Umriß der Oekumene verglich man mit einer ausgebreiteten Chlamys Durchaus originell war die Art, diesen Ländercomplex zu theilen. Man meinen Umriß der Oekumene verglich man mit einer ausgebreiteten Chlamys Durchaus originell war die Art, diesen Ländercomplex zu theilen. Man <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0456" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/148103"/> <p xml:id="ID_1205" prev="#ID_1204"> meinen Umriß der Oekumene verglich man mit einer ausgebreiteten Chlamys<lb/> d. h. einem kurzen, rund abgeschnittenen und auf einer Schulter zu heftenden<lb/> Reitermantel. Der Vergleich bleibt aber undeutlich und sein Ursprung bedenk¬<lb/> lich, besonders da diese Gestaltung auch dem Plane der Stadt Alexandria bei¬<lb/> gelegt wurde, der nach Plinius und Plutarchs Beschreibung und nach der Art,<lb/> wie man sich eine ausgebreitete Chlamys vorstellen kann, keiner Zeichnung näher<lb/> kommen würde, als der Ptolemüischen Projection.</p><lb/> <p xml:id="ID_1206" next="#ID_1207"> Durchaus originell war die Art, diesen Ländercomplex zu theilen. Man<lb/> zerlegte ihn früher und nach Eratosthenes wieder in die drei Erdtheile. Die<lb/> Alten vertheilten den ganzen Norden an Europa, den Süden an Libyen und<lb/> Asien, die spätern den ganzen Osten an Asien, den Westen an Europa und<lb/> Libyen und zwar zum Theil so, daß Libyen je einem der beiden andern unter¬<lb/> geordnet war. Grenzen waren anfangs der Nil, die Meerenge der Säulen des<lb/> Herakles und der Phasis. An Stelle des letztem trat später der Tanais. Andere<lb/> verließen die Begrenzung durch die genannten Flüsse und ließen an ihre Stelle<lb/> die beiden Isthmen zwischen dem Mittelmeere und dem arabischen Meerbusen<lb/> und zwischen dem schwarzen und kaspischen Meere treten. Dicäarch und Era¬<lb/> tosthenes bestritten die Zweckmäßigkeit und Durchführbarkeit dieser Theilung nach<lb/> innern Gründen und führten eine neue ein, die für Dicäarch nur angedeutet,<lb/> bei Eratosthenes in folgender Gestalt vorliegt. Die primärste Bedingung der Ver¬<lb/> schiedenheit zwischen Ländern und Völkern war ja der klimatische Unterschied<lb/> zwischen dem kalten Norden und dem heißen Süden, und in dieser Beziehung<lb/> schien die Natur selbst eine Zweitheilung vorgenommen zu haben, indem sie<lb/> Europa und Afrika durch das Mittelmeer, Nordasien und Südasien durch ein<lb/> hohes und breites Scheidegebirge trennte. Dieses Meer und Gebirge bildeten<lb/> vielleicht den Grundbegriff für die Bezeichnung Diaphragma (Scheidewand), die<lb/> man sonst für den Hauptparallelen Dicäarchs gebraucht findet. Läßt sich nun<lb/> auch bis jetzt nicht nachweisen, wie Eratosthenes bei der weitern Theilung mit den<lb/> Gegenden verfahren sei, die in diesen ursprünglichsten Theilungsstreifen hinein¬<lb/> fielen, also mit den Bewohnern des auf 3000 Stadien (75 M.) der Breite ge¬<lb/> schätzten Gebirges und den südlichen Spitzen Europas, so wird doch weiter be¬<lb/> richtet, daß er den südlichen wie den nördlichen Hauptabschnitt von Osten nach<lb/> Westen, wie es scheint von Meridian zu Meridian fortschreitend, in einzelne Ab¬<lb/> schnitte zerlegt habe. Indien, im Norden vom Scheidegebirge, im Osten und<lb/> Süden vom Ocean, im Westen vom Indus begrenzt, war der erste; Arlara,<lb/> vom Gebirge, vom Indus, vom südlichen Ocean und im Westen vom Meridian<lb/> der kaspischen Thore begrenzt, die zweite Abtheilung. Die dritte lag zwischen<lb/> dem Gebirge, dem Meridian der kaspischen Thore, dem persischen Meerbusen<lb/> und dem Euphrat die vierte scheint Syrien, Arabien und alle die Länder um-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0456]
meinen Umriß der Oekumene verglich man mit einer ausgebreiteten Chlamys
d. h. einem kurzen, rund abgeschnittenen und auf einer Schulter zu heftenden
Reitermantel. Der Vergleich bleibt aber undeutlich und sein Ursprung bedenk¬
lich, besonders da diese Gestaltung auch dem Plane der Stadt Alexandria bei¬
gelegt wurde, der nach Plinius und Plutarchs Beschreibung und nach der Art,
wie man sich eine ausgebreitete Chlamys vorstellen kann, keiner Zeichnung näher
kommen würde, als der Ptolemüischen Projection.
Durchaus originell war die Art, diesen Ländercomplex zu theilen. Man
zerlegte ihn früher und nach Eratosthenes wieder in die drei Erdtheile. Die
Alten vertheilten den ganzen Norden an Europa, den Süden an Libyen und
Asien, die spätern den ganzen Osten an Asien, den Westen an Europa und
Libyen und zwar zum Theil so, daß Libyen je einem der beiden andern unter¬
geordnet war. Grenzen waren anfangs der Nil, die Meerenge der Säulen des
Herakles und der Phasis. An Stelle des letztem trat später der Tanais. Andere
verließen die Begrenzung durch die genannten Flüsse und ließen an ihre Stelle
die beiden Isthmen zwischen dem Mittelmeere und dem arabischen Meerbusen
und zwischen dem schwarzen und kaspischen Meere treten. Dicäarch und Era¬
tosthenes bestritten die Zweckmäßigkeit und Durchführbarkeit dieser Theilung nach
innern Gründen und führten eine neue ein, die für Dicäarch nur angedeutet,
bei Eratosthenes in folgender Gestalt vorliegt. Die primärste Bedingung der Ver¬
schiedenheit zwischen Ländern und Völkern war ja der klimatische Unterschied
zwischen dem kalten Norden und dem heißen Süden, und in dieser Beziehung
schien die Natur selbst eine Zweitheilung vorgenommen zu haben, indem sie
Europa und Afrika durch das Mittelmeer, Nordasien und Südasien durch ein
hohes und breites Scheidegebirge trennte. Dieses Meer und Gebirge bildeten
vielleicht den Grundbegriff für die Bezeichnung Diaphragma (Scheidewand), die
man sonst für den Hauptparallelen Dicäarchs gebraucht findet. Läßt sich nun
auch bis jetzt nicht nachweisen, wie Eratosthenes bei der weitern Theilung mit den
Gegenden verfahren sei, die in diesen ursprünglichsten Theilungsstreifen hinein¬
fielen, also mit den Bewohnern des auf 3000 Stadien (75 M.) der Breite ge¬
schätzten Gebirges und den südlichen Spitzen Europas, so wird doch weiter be¬
richtet, daß er den südlichen wie den nördlichen Hauptabschnitt von Osten nach
Westen, wie es scheint von Meridian zu Meridian fortschreitend, in einzelne Ab¬
schnitte zerlegt habe. Indien, im Norden vom Scheidegebirge, im Osten und
Süden vom Ocean, im Westen vom Indus begrenzt, war der erste; Arlara,
vom Gebirge, vom Indus, vom südlichen Ocean und im Westen vom Meridian
der kaspischen Thore begrenzt, die zweite Abtheilung. Die dritte lag zwischen
dem Gebirge, dem Meridian der kaspischen Thore, dem persischen Meerbusen
und dem Euphrat die vierte scheint Syrien, Arabien und alle die Länder um-
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