Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Viertes Quartal.sie werden, desto weniger dem Bedürfniß und ihren eignen statutengemäßen Zu¬ Hören wir nun diesen Berechnungen gegenüber, welche nur einen Theil der sie werden, desto weniger dem Bedürfniß und ihren eignen statutengemäßen Zu¬ Hören wir nun diesen Berechnungen gegenüber, welche nur einen Theil der <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0322" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/147969"/> <p xml:id="ID_871" prev="#ID_870"> sie werden, desto weniger dem Bedürfniß und ihren eignen statutengemäßen Zu¬<lb/> sagen zu entsprechen vermögen. Und welches wahrhaft nationale Unglück würde<lb/> es sein — meint Professor Biedermann in Leipzig mit Recht — wenn eine<lb/> allgemeine Arbeiterversicherungs-Anstalt, zu der die Arbeiter selbst nicht unbe¬<lb/> deutend beigesteuert hätten, plötzlich versagte und die erwarteten Gegenleistungen<lb/> nicht aufzubringen vermöchte! Die industrielle Gesellschaft zu Mülhausen, welche<lb/> nahezu sämmtliche Großindustrielle des Elsaß zu ihren Mitgliedern zählt, hat<lb/> nach vielfachen Versuchen den Grundsatz aufgestellt, daß jeder Arbeitgeber die<lb/> Pflicht habe, innerhalb seines Etablissements für seine Arbeiter zu sorgen, ins¬<lb/> besondere auch durch definitive und feste, hauptsächlich von ihm zu dotie¬<lb/> rende Untersttttzungs- und Altersversorgungskassen (wozu auch die Arbeiter mit<lb/> kleinen Beiträgen heranzuziehen seien), die Versicherung je nach der Eigen¬<lb/> artigkeit des Betriebes zu regeln. Die Gesellschaft berechnet den Beitrag des<lb/> Arbeitgebers auf 5 Procent des gesammten zur Auszahlung kommenden Lohnes.<lb/> In dem unlängst erschienenen zweiten 'Bande seiner ZZWÄW statistiyuys sur<lb/> I'inäustris 6s (Colmar und Straßburg, 1880), giebt der Reichstags¬<lb/> tagsabgeordnete für Colmar, Charles Grad, eine Darstellung der Wohlfahrts¬<lb/> anstalten im Elsaß auf Grund der dort von den Arbeitgebern ins Leben ge¬<lb/> rufenen Versicherungskassen. Hiernach fand der Chef der Firma Dolfus, Mieg<lb/> <K Como. in Mülhausen, daß sich bei der Altersversorgungskasse seines Etablis¬<lb/> sements das Durchschnittsalter seiner Arbeiter auf 28 Jahre belief, und daß<lb/> bei einem Durchschnittslohne von 800 Francs jährlich etwa 25 Francs oder<lb/> 3 Procent desselben abgegeben werden müßten, um den Arbeitern vom 60.<lb/> Lebensjahre an eine Leibrente von durchschnittlich 255 Francs zu sichern.<lb/> In der Spinnerei des Hauses Herzog zu Logelbach ergaben sich für eine Alters¬<lb/> rente von etwa 300 Francs 5 — 6 Procent von der Gesammtheit des aus¬<lb/> bezahlten Lohnes als Beitrag für den Arbeitgeber. Hierbei muß bemerkt werden,<lb/> daß abgesehen davon, daß diese Rente zu niedrig ist, beide Kassen für den Todes¬<lb/> fall weiter nichts leisten als die Begräbnißkosten. Alle diese Calculationen<lb/> kommen in Wirklichkeit nicht viel über die Leistung einer gut fundierten Kranken¬<lb/> kasse hinaus, und übrigens sind die Angaben nach Procenten vom Lohne zu un¬<lb/> gewiß, da die Löhne zu sehr wechseln.</p><lb/> <p xml:id="ID_872" next="#ID_873"> Hören wir nun diesen Berechnungen gegenüber, welche nur einen Theil der<lb/> zur Wohlfahrt der Arbeiter oben specialisierten Einrichtungen verwirklichen, die<lb/> Resultate, zu welchen der Director des statistischen Bureaus des Reiches, Dr. Engel,<lb/> in seinem Ende der sechziger Jahre erschienenen Werkchen über der „Preis der<lb/> Arbeit" gelangt ist, Resultate, welche sich auf eine allgemeine, alle Bedürfnisse<lb/> des Arbeiters umfassende Abhilfe beziehen. Nach Dr. Engel belaufen sich die<lb/> Summen, welche zurückgelegt werden müssen, um über den Tagesbedarf das Loos</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0322]
sie werden, desto weniger dem Bedürfniß und ihren eignen statutengemäßen Zu¬
sagen zu entsprechen vermögen. Und welches wahrhaft nationale Unglück würde
es sein — meint Professor Biedermann in Leipzig mit Recht — wenn eine
allgemeine Arbeiterversicherungs-Anstalt, zu der die Arbeiter selbst nicht unbe¬
deutend beigesteuert hätten, plötzlich versagte und die erwarteten Gegenleistungen
nicht aufzubringen vermöchte! Die industrielle Gesellschaft zu Mülhausen, welche
nahezu sämmtliche Großindustrielle des Elsaß zu ihren Mitgliedern zählt, hat
nach vielfachen Versuchen den Grundsatz aufgestellt, daß jeder Arbeitgeber die
Pflicht habe, innerhalb seines Etablissements für seine Arbeiter zu sorgen, ins¬
besondere auch durch definitive und feste, hauptsächlich von ihm zu dotie¬
rende Untersttttzungs- und Altersversorgungskassen (wozu auch die Arbeiter mit
kleinen Beiträgen heranzuziehen seien), die Versicherung je nach der Eigen¬
artigkeit des Betriebes zu regeln. Die Gesellschaft berechnet den Beitrag des
Arbeitgebers auf 5 Procent des gesammten zur Auszahlung kommenden Lohnes.
In dem unlängst erschienenen zweiten 'Bande seiner ZZWÄW statistiyuys sur
I'inäustris 6s (Colmar und Straßburg, 1880), giebt der Reichstags¬
tagsabgeordnete für Colmar, Charles Grad, eine Darstellung der Wohlfahrts¬
anstalten im Elsaß auf Grund der dort von den Arbeitgebern ins Leben ge¬
rufenen Versicherungskassen. Hiernach fand der Chef der Firma Dolfus, Mieg
<K Como. in Mülhausen, daß sich bei der Altersversorgungskasse seines Etablis¬
sements das Durchschnittsalter seiner Arbeiter auf 28 Jahre belief, und daß
bei einem Durchschnittslohne von 800 Francs jährlich etwa 25 Francs oder
3 Procent desselben abgegeben werden müßten, um den Arbeitern vom 60.
Lebensjahre an eine Leibrente von durchschnittlich 255 Francs zu sichern.
In der Spinnerei des Hauses Herzog zu Logelbach ergaben sich für eine Alters¬
rente von etwa 300 Francs 5 — 6 Procent von der Gesammtheit des aus¬
bezahlten Lohnes als Beitrag für den Arbeitgeber. Hierbei muß bemerkt werden,
daß abgesehen davon, daß diese Rente zu niedrig ist, beide Kassen für den Todes¬
fall weiter nichts leisten als die Begräbnißkosten. Alle diese Calculationen
kommen in Wirklichkeit nicht viel über die Leistung einer gut fundierten Kranken¬
kasse hinaus, und übrigens sind die Angaben nach Procenten vom Lohne zu un¬
gewiß, da die Löhne zu sehr wechseln.
Hören wir nun diesen Berechnungen gegenüber, welche nur einen Theil der
zur Wohlfahrt der Arbeiter oben specialisierten Einrichtungen verwirklichen, die
Resultate, zu welchen der Director des statistischen Bureaus des Reiches, Dr. Engel,
in seinem Ende der sechziger Jahre erschienenen Werkchen über der „Preis der
Arbeit" gelangt ist, Resultate, welche sich auf eine allgemeine, alle Bedürfnisse
des Arbeiters umfassende Abhilfe beziehen. Nach Dr. Engel belaufen sich die
Summen, welche zurückgelegt werden müssen, um über den Tagesbedarf das Loos
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