Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Viertes Quartal.beklagtischen Anwälte M bedeuten: vom Anwälte des Beklagten. D. Red.) Wenn wir, nachdem wir solche Unzuträglichsten ins Auge gefaßt, uns Organisationen, deren Zweck es ist, Unfälle zu vermindern, bestehen thatsächlich beklagtischen Anwälte M bedeuten: vom Anwälte des Beklagten. D. Red.) Wenn wir, nachdem wir solche Unzuträglichsten ins Auge gefaßt, uns Organisationen, deren Zweck es ist, Unfälle zu vermindern, bestehen thatsächlich <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0144" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/147791"/> <p xml:id="ID_399" prev="#ID_398"> beklagtischen Anwälte M bedeuten: vom Anwälte des Beklagten. D. Red.)<lb/> zugestandene Thatsache, daß der Beklagte gegen den in Rede stehenden Unfall<lb/> bei der Allgemeinen Unfall-Versicherungsbank in Leipzig versichert ist, daß also<lb/> thatsächlich nicht der Beklagte selbst, sondern nur diese Versicheruugsgesell-<lb/> schast für die Bezahlung jener Rente einzutreten hat." Wir sehen hier die ideelle<lb/> Absicht des Gesetzgebers eollidieren mit den concreten thatsächlichen Verhältnissen.<lb/> Nur zu leicht wird bei dem Arbeiter das Bestreben geweckt, das Mitgefühl der<lb/> Richter und der Zeugen auf Grund der mangelhaften Kenntniß der technischen<lb/> Details zur Erlangung einer möglichst hohen Entschädigung zu mißbrauchen.<lb/> Es werden so durch das Gesetz selbst sehr unlautere Triebe, Habsucht, Lüge und<lb/> Frivolität erzeugt, und ein einziger unrechtlicher Erfolg in dieser Hinsicht ver¬<lb/> breitet seinen unsittlichen Einfluß in immer weitere Kreise, ja es kann so weit<lb/> kommen, daß ein Unglück gar nicht mehr als Unglück empfunden und der Be¬<lb/> troffene sogar Gegenstand des Neides wird. Der Wille des Gesetzgebers da¬<lb/> gegen war, daß ein Unfall immer ein Unglück bleibe, aber ein Unglück,<lb/> welches möglichst gemildert werden soll, ähnlich wie bei einem Brandunglück,<lb/> bei welchem die stattgefundene Versicherung niemals zu einem Gewinn führen<lb/> soll, weil sie sonst zur Brandstiftung mittelbar Anlaß geben würde. Was soll<lb/> man aber davon sagen, daß ein Arbeiter, dem der linke Arm durch eigene<lb/> Fahrlässigkeit zerschmettert wurde, seinen bisherigen gesammten Jahresverdienst<lb/> von 400 Thalern als Pension zugebilligt erhält und nun nebenbei noch 300<lb/> Thaler bequem durch Schneiderarbeit verdient, so daß ihn der Unglücksfall in<lb/> den Augen feiner Mitarbeiter und nach den Anschauungen seiner Klasse zum<lb/> glücklichen Manne gemacht hat!</p><lb/> <p xml:id="ID_400"> Wenn wir, nachdem wir solche Unzuträglichsten ins Auge gefaßt, uns<lb/> nun nach deren Abhilfe umsehen, so wird es gut sein, uns noch einmal das<lb/> Problem des Gesetzes vorzuhalten. Dieses Problem ist: 1) Reduzierung der<lb/> Unfälle auf das möglichst geringste Maß; 2) Schutz der Arbeiter in ihrer Un¬<lb/> mündigkeit und Unwissenheit.</p><lb/> <p xml:id="ID_401" next="#ID_402"> Organisationen, deren Zweck es ist, Unfälle zu vermindern, bestehen thatsächlich<lb/> schon in uusern Kesselrevisions-Vereinen. Warum sollten diese nicht ausgedehnt<lb/> werden, oder auch andere Betriebe ähnlich unter Verbandskontrolle gestellt<lb/> werden können? Diesen Vereinen ist es zu danken, daß die zerstreuten Schutz-<lb/> und Sicherheitseinrichtungen systematisch unter den Mitgliedern zur Anwendung<lb/> gekommen sind, und daß ein gut unterrichtetes Personal für die Wartung der<lb/> Dampfkessel allmählich herangebildet worden ist. Die ^WoÄAtion xocir pro-<lb/> venir 1s8 aoLläcmts as waedinos NcüIi0U8s ist ein Schritt weiter in dieser<lb/> Richtung. Diese Gesellschaft hat mit bedeutendem Erfolge für Elsaß die<lb/> Technik für Schutzvorrichtungen sowie deren Verbreitung und Anwendung ge-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0144]
beklagtischen Anwälte M bedeuten: vom Anwälte des Beklagten. D. Red.)
zugestandene Thatsache, daß der Beklagte gegen den in Rede stehenden Unfall
bei der Allgemeinen Unfall-Versicherungsbank in Leipzig versichert ist, daß also
thatsächlich nicht der Beklagte selbst, sondern nur diese Versicheruugsgesell-
schast für die Bezahlung jener Rente einzutreten hat." Wir sehen hier die ideelle
Absicht des Gesetzgebers eollidieren mit den concreten thatsächlichen Verhältnissen.
Nur zu leicht wird bei dem Arbeiter das Bestreben geweckt, das Mitgefühl der
Richter und der Zeugen auf Grund der mangelhaften Kenntniß der technischen
Details zur Erlangung einer möglichst hohen Entschädigung zu mißbrauchen.
Es werden so durch das Gesetz selbst sehr unlautere Triebe, Habsucht, Lüge und
Frivolität erzeugt, und ein einziger unrechtlicher Erfolg in dieser Hinsicht ver¬
breitet seinen unsittlichen Einfluß in immer weitere Kreise, ja es kann so weit
kommen, daß ein Unglück gar nicht mehr als Unglück empfunden und der Be¬
troffene sogar Gegenstand des Neides wird. Der Wille des Gesetzgebers da¬
gegen war, daß ein Unfall immer ein Unglück bleibe, aber ein Unglück,
welches möglichst gemildert werden soll, ähnlich wie bei einem Brandunglück,
bei welchem die stattgefundene Versicherung niemals zu einem Gewinn führen
soll, weil sie sonst zur Brandstiftung mittelbar Anlaß geben würde. Was soll
man aber davon sagen, daß ein Arbeiter, dem der linke Arm durch eigene
Fahrlässigkeit zerschmettert wurde, seinen bisherigen gesammten Jahresverdienst
von 400 Thalern als Pension zugebilligt erhält und nun nebenbei noch 300
Thaler bequem durch Schneiderarbeit verdient, so daß ihn der Unglücksfall in
den Augen feiner Mitarbeiter und nach den Anschauungen seiner Klasse zum
glücklichen Manne gemacht hat!
Wenn wir, nachdem wir solche Unzuträglichsten ins Auge gefaßt, uns
nun nach deren Abhilfe umsehen, so wird es gut sein, uns noch einmal das
Problem des Gesetzes vorzuhalten. Dieses Problem ist: 1) Reduzierung der
Unfälle auf das möglichst geringste Maß; 2) Schutz der Arbeiter in ihrer Un¬
mündigkeit und Unwissenheit.
Organisationen, deren Zweck es ist, Unfälle zu vermindern, bestehen thatsächlich
schon in uusern Kesselrevisions-Vereinen. Warum sollten diese nicht ausgedehnt
werden, oder auch andere Betriebe ähnlich unter Verbandskontrolle gestellt
werden können? Diesen Vereinen ist es zu danken, daß die zerstreuten Schutz-
und Sicherheitseinrichtungen systematisch unter den Mitgliedern zur Anwendung
gekommen sind, und daß ein gut unterrichtetes Personal für die Wartung der
Dampfkessel allmählich herangebildet worden ist. Die ^WoÄAtion xocir pro-
venir 1s8 aoLläcmts as waedinos NcüIi0U8s ist ein Schritt weiter in dieser
Richtung. Diese Gesellschaft hat mit bedeutendem Erfolge für Elsaß die
Technik für Schutzvorrichtungen sowie deren Verbreitung und Anwendung ge-
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