Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Drittes Quartal.erwies man dem .großen EltM am türkischen Hofe ebenso viel Vertrauen als "Es würde nützlich sein, wenn die nunmehr geschlossene Laufbahn dieses "Wir glauben, daß Lord Stratford de Redcliffe die (durch Gladstone her¬ erwies man dem .großen EltM am türkischen Hofe ebenso viel Vertrauen als „Es würde nützlich sein, wenn die nunmehr geschlossene Laufbahn dieses „Wir glauben, daß Lord Stratford de Redcliffe die (durch Gladstone her¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0400" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/147494"/> <p xml:id="ID_1130" prev="#ID_1129"> erwies man dem .großen EltM am türkischen Hofe ebenso viel Vertrauen als<lb/> Respect und Willfährigkeit, und mancher ottomanische Patriot wird sein Be¬<lb/> dauern mit demjenigen englischer und festländischer Politiker vereinigen, daß<lb/> kein solcher Staatsmann mit weitem Blick in die Vergangenheit und Zukunft<lb/> die Interessen Europas Rußland gegenüber mehr wahrnimmt. Die neueste Mode<lb/> ist in England, über eine Phrase, eine Phantasie, ein Feldgeschrei der Parteien<lb/> außer sich zu gerathen und zu glauben, daß das .Einvernehmen Europas nach<lb/> allen möglichen Melodien eoneertire, nur nicht nach der des Eigennutzes, gleich¬<lb/> viel wer der Dirigent des Orchesters ist."</p><lb/> <p xml:id="ID_1131"> „Es würde nützlich sein, wenn die nunmehr geschlossene Laufbahn dieses<lb/> Veteranen der englischen Diplomatie die Aufmerksamkeit der britischen Staats¬<lb/> männer auf das lenken sollte, was man jetzt die alten Berichte über die<lb/> orientalische Frage nennen kann. Sie würden dann sehen, wie Rußland das<lb/> Einvernehmen Europas, das sich bei Navarino und anderwärts bekundete,<lb/> stets benutzt hat, wenn die Zeit gekommen war, einen Schlag zu thun. In<lb/> der Kriegserklärung von 1853 verkündete der Zar, daß ,selbst die Großmächte<lb/> Europas vergeblich versucht haben, die blinde Halsstarrigkeit der vttomnnischen<lb/> Regierung durch ihre Ermahnungen zu erschütternd Er zog zu jenem Streite<lb/> aus, indem er sich zu ,wohlberechtigter Sorge für die Vertheidigung des ortho¬<lb/> doxen Glaubens im Morgenlands bekannte, und leitete die blutigen Greuel von<lb/> Sinope (wo die türkische Flotte überfallen und vernichtet wurde) mit einem<lb/> Verse aus den Psalmen ein. So culminirte zu Stratford de Redcliffes Zeit<lb/> das Einvernehmen Europas und der russische Kreuzfahrergeist." Aehnlich ist man<lb/> 1877 verfahren. „Und wer will behaupten, daß die damals wiederaufgelebten<lb/> Gedanken nicht heutzutage auf große Gefahren hintreiben?"</p><lb/> <p xml:id="ID_1132" next="#ID_1133"> „Wir glauben, daß Lord Stratford de Redcliffe die (durch Gladstone her¬<lb/> beigeführte) erneute Erörterung der orientalischen Frage wiederholt als unnöthig<lb/> bezeichnet hat. Es war ferner ebenso gefährlich als nutzlos, und der zukünf¬<lb/> tige Geschichtschreiber, der alle Consequenzen vor sich hat, wird wahrscheinlich<lb/> die voreilige Initiative während dieser Parlamentssession auf die Wahlreden<lb/> zurückführen, die ihr vorausgingen. Wenn diese wirklich die Sporen waren,<lb/> welche die Regierung vorwärts trieben, so möchte man wünschen, daß es auf<lb/> dem Gebiete der Politik wie auf dem der Theologie eine Art Generalablaß<lb/> gäbe, der thörichte Reden und Zeitungsartikel vergeben und der Vergessenheit<lb/> überliefern könnte, statt daß sie ihre Urheber plagen und zu ihnen entsprechen¬<lb/> den Thaten reizen. Wie gern würde jeder verständige Engländer aus seinem<lb/> Gedächtnisse alle die unglückseligen Phrasen und Verpflichtungen der Leiden¬<lb/> schaft ausmerzen, welche vier Jahre lang von denen in die Welt gesetzt wurden,<lb/> die jetzt bei uns am Ruder stehen, wenn dadurch verantwortliche Politiker freie</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0400]
erwies man dem .großen EltM am türkischen Hofe ebenso viel Vertrauen als
Respect und Willfährigkeit, und mancher ottomanische Patriot wird sein Be¬
dauern mit demjenigen englischer und festländischer Politiker vereinigen, daß
kein solcher Staatsmann mit weitem Blick in die Vergangenheit und Zukunft
die Interessen Europas Rußland gegenüber mehr wahrnimmt. Die neueste Mode
ist in England, über eine Phrase, eine Phantasie, ein Feldgeschrei der Parteien
außer sich zu gerathen und zu glauben, daß das .Einvernehmen Europas nach
allen möglichen Melodien eoneertire, nur nicht nach der des Eigennutzes, gleich¬
viel wer der Dirigent des Orchesters ist."
„Es würde nützlich sein, wenn die nunmehr geschlossene Laufbahn dieses
Veteranen der englischen Diplomatie die Aufmerksamkeit der britischen Staats¬
männer auf das lenken sollte, was man jetzt die alten Berichte über die
orientalische Frage nennen kann. Sie würden dann sehen, wie Rußland das
Einvernehmen Europas, das sich bei Navarino und anderwärts bekundete,
stets benutzt hat, wenn die Zeit gekommen war, einen Schlag zu thun. In
der Kriegserklärung von 1853 verkündete der Zar, daß ,selbst die Großmächte
Europas vergeblich versucht haben, die blinde Halsstarrigkeit der vttomnnischen
Regierung durch ihre Ermahnungen zu erschütternd Er zog zu jenem Streite
aus, indem er sich zu ,wohlberechtigter Sorge für die Vertheidigung des ortho¬
doxen Glaubens im Morgenlands bekannte, und leitete die blutigen Greuel von
Sinope (wo die türkische Flotte überfallen und vernichtet wurde) mit einem
Verse aus den Psalmen ein. So culminirte zu Stratford de Redcliffes Zeit
das Einvernehmen Europas und der russische Kreuzfahrergeist." Aehnlich ist man
1877 verfahren. „Und wer will behaupten, daß die damals wiederaufgelebten
Gedanken nicht heutzutage auf große Gefahren hintreiben?"
„Wir glauben, daß Lord Stratford de Redcliffe die (durch Gladstone her¬
beigeführte) erneute Erörterung der orientalischen Frage wiederholt als unnöthig
bezeichnet hat. Es war ferner ebenso gefährlich als nutzlos, und der zukünf¬
tige Geschichtschreiber, der alle Consequenzen vor sich hat, wird wahrscheinlich
die voreilige Initiative während dieser Parlamentssession auf die Wahlreden
zurückführen, die ihr vorausgingen. Wenn diese wirklich die Sporen waren,
welche die Regierung vorwärts trieben, so möchte man wünschen, daß es auf
dem Gebiete der Politik wie auf dem der Theologie eine Art Generalablaß
gäbe, der thörichte Reden und Zeitungsartikel vergeben und der Vergessenheit
überliefern könnte, statt daß sie ihre Urheber plagen und zu ihnen entsprechen¬
den Thaten reizen. Wie gern würde jeder verständige Engländer aus seinem
Gedächtnisse alle die unglückseligen Phrasen und Verpflichtungen der Leiden¬
schaft ausmerzen, welche vier Jahre lang von denen in die Welt gesetzt wurden,
die jetzt bei uns am Ruder stehen, wenn dadurch verantwortliche Politiker freie
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