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Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Drittes Quartal.

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und gerade Werke von ihrer Hand wären so schwer ins Gewicht gefallen, daß
sich das Gesammtbild der Ausstellung zu Gunsten der Düsseldorfer nicht uner¬
heblich verändert haben würde.

Auch die außerakademische Künstlerschaft Düsseldorfs hat sich nicht in dem
Grade an der Ausstellung betheiligt, wie man nach dem Renommee ihrer Mit¬
glieder erwarten durfte. Von Andreas Ueberhand ist nur eine Serie älterer
Werke vorhanden, welche den Meister nicht auf der vollen Höhe seiner wahrhaft
phänomenalen Kraft zeigen. Dagegen hat Oswald Ueberhand in zwei neuen
italienischen Landschaften wiederum alle Reize feiner reichen Palette entfaltet.
In der Ansicht von Capri bei Sonnenuntergang erhebt sich die trefflich be¬
handelte Staffage im Vordergrunde wie gewöhnlich zu genreartiger Bedeutung-
Es ist bewunderungswürdig, mit welcher Zartheit und Feinheit die vorn ange¬
schlagenen kräftigen, tiefen Töne in der lichtvioletten Ferne ausklingen, ohne
daß sich eine Disharmonie einstellt. Das andere Bild, das Colosseum bei
Abendbeleuchtung, würde dem ersten ebenbürtig sein, wenn diese Beleuchtung
nicht von jener kupferrothen Sonne ausginge, welche nach den Aussagen der
Kenner nirgends anders auf der Welt als auf der Palette Oswald Acheubachs
auf- und untergeht.

Camphausens "Friedrich der Große", ein kolossales Reiterportrait, ist ur¬
alt, repräsentirt den Meister aber viel vortheilhafter, als ein figurenreiches
Historienbild in kleineren Dimensionen, "Der große Kurfürst am Morgen vor der
Schlacht bei Fehrbellin", welches von einer gewissen Flausen und Buntheit des
Colorits nicht freizusprechen ist. Glücklicher hat diese Klippe Emil Hunden
auf einer Erinnerungstafel an die Kaiserparade bei Euskirchen (September 1877)
-- Kaiser Wilhelm führt das Königshusarenregiment der Kaiserin vor -- über¬
wunden. Trotz der Kleinheit der Figuren ist die größtmögliche Portraitähnlich¬
keit erzielt worden, und damit ist am Ende der Zweck solcher Darstellungen,
in welcher sich die künstlerische Phantasie keine Seitensprünge erlauben darf,
erreicht. Vautier, den man sonst immer unter den ersten Düsseldorfern zu
nennen gewohnt war, ist in den letzten Jahren leider etwas ins Hintertreffen
gerathen. Nicht etwa daß seine Erfindungkraft erlahmt, fein Humor trocken
geworden wäre oder seine Charakteristik von ihrer Vielseitigkeit etwas eingebüßt
hätte. Aber seine Farbe wird von Jahr zu Jahr stumpfer, und sein Colorck
verliert immer mehr an Haltung. Dadurch wird die Wirkung des einen der
ausgestellten Bilder, "Prozessirende Bauern", das sonst an originellen, echt
Vautierschen Zügen reich genug ist, schwer beeinträchtigt, und das andere Bild,
"Vor der Gemeinderathssitznng", wird obenein noch durch die lose Composition
geschädigt.

Aus der Reihe der jüngeren Düsseldorfer Genremaler hat sich in den


und gerade Werke von ihrer Hand wären so schwer ins Gewicht gefallen, daß
sich das Gesammtbild der Ausstellung zu Gunsten der Düsseldorfer nicht uner¬
heblich verändert haben würde.

Auch die außerakademische Künstlerschaft Düsseldorfs hat sich nicht in dem
Grade an der Ausstellung betheiligt, wie man nach dem Renommee ihrer Mit¬
glieder erwarten durfte. Von Andreas Ueberhand ist nur eine Serie älterer
Werke vorhanden, welche den Meister nicht auf der vollen Höhe seiner wahrhaft
phänomenalen Kraft zeigen. Dagegen hat Oswald Ueberhand in zwei neuen
italienischen Landschaften wiederum alle Reize feiner reichen Palette entfaltet.
In der Ansicht von Capri bei Sonnenuntergang erhebt sich die trefflich be¬
handelte Staffage im Vordergrunde wie gewöhnlich zu genreartiger Bedeutung-
Es ist bewunderungswürdig, mit welcher Zartheit und Feinheit die vorn ange¬
schlagenen kräftigen, tiefen Töne in der lichtvioletten Ferne ausklingen, ohne
daß sich eine Disharmonie einstellt. Das andere Bild, das Colosseum bei
Abendbeleuchtung, würde dem ersten ebenbürtig sein, wenn diese Beleuchtung
nicht von jener kupferrothen Sonne ausginge, welche nach den Aussagen der
Kenner nirgends anders auf der Welt als auf der Palette Oswald Acheubachs
auf- und untergeht.

Camphausens „Friedrich der Große", ein kolossales Reiterportrait, ist ur¬
alt, repräsentirt den Meister aber viel vortheilhafter, als ein figurenreiches
Historienbild in kleineren Dimensionen, „Der große Kurfürst am Morgen vor der
Schlacht bei Fehrbellin", welches von einer gewissen Flausen und Buntheit des
Colorits nicht freizusprechen ist. Glücklicher hat diese Klippe Emil Hunden
auf einer Erinnerungstafel an die Kaiserparade bei Euskirchen (September 1877)
— Kaiser Wilhelm führt das Königshusarenregiment der Kaiserin vor — über¬
wunden. Trotz der Kleinheit der Figuren ist die größtmögliche Portraitähnlich¬
keit erzielt worden, und damit ist am Ende der Zweck solcher Darstellungen,
in welcher sich die künstlerische Phantasie keine Seitensprünge erlauben darf,
erreicht. Vautier, den man sonst immer unter den ersten Düsseldorfern zu
nennen gewohnt war, ist in den letzten Jahren leider etwas ins Hintertreffen
gerathen. Nicht etwa daß seine Erfindungkraft erlahmt, fein Humor trocken
geworden wäre oder seine Charakteristik von ihrer Vielseitigkeit etwas eingebüßt
hätte. Aber seine Farbe wird von Jahr zu Jahr stumpfer, und sein Colorck
verliert immer mehr an Haltung. Dadurch wird die Wirkung des einen der
ausgestellten Bilder, „Prozessirende Bauern", das sonst an originellen, echt
Vautierschen Zügen reich genug ist, schwer beeinträchtigt, und das andere Bild,
„Vor der Gemeinderathssitznng", wird obenein noch durch die lose Composition
geschädigt.

Aus der Reihe der jüngeren Düsseldorfer Genremaler hat sich in den


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341831_157693/381>, abgerufen am 29.06.2024.