Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Drittes Quartal.

Bild:
<< vorherige Seite

Letzteres ist wohl der Art der Ausführung zuzuschreiben, die, wie es scheint, in
Wachsfarben erfolgt ist. Wo es sich, wie bei der Bearbeitung des glühenden
Eisens und bei der Darstellung von Hoch- und Schmelzöfen mit ihren glüh¬
rothen Reflexen, um specifisch coloristische Effecte handelt, kann eine solche Technik
selbstverständlich nicht genügen. Unter der grellen Beleuchtung sehen die rußi¬
gen Gestalten der Schmiede wie Carricaturen aus, und dieser Eindruck wird
noch dadurch verstärkt, daß bei manchen von ihnen die Extremitäten unnatürlich
lang ausgefallen sind. Auch die Erinnerung an die Meisterschaft, mit welcher
Adolf Menzel das Innere eines solchen Puddlingwerkes mit seinem sinnverwir¬
renden Gestänge dargestellt hat, kommt hinzu, um den Versuch Albert Baurs,
das gleiche Problem zu lösen, als völlig mißglückt erscheinen zu lassen.

In der Kunsthalle sieht man von seiner Hand außer einem Genrebilde aus
altrömischer Zeit "Ein junger Poet", welches nach jahrelanger Wanderung nun
Wohl endlich zur Ruhe kommen könnte, ein figurenreiches Gemälde, dessen Stoff
der evangelischen Geschichte entlehnt ist: "Die Versiegelung des Grabes Christi,"
welche in Gegenwart römischer Krieger durch die Hohenpriester vollzogen wird.
Dies Bild, welches schon im vorigen Jahre ans der Münchener Ausstellung
M sehen war, zeigt uns den Künstler mit seinen bekannten Vorzügen und
Schwächen, als ausgezeichneten Coloristen, der namentlich die schillernde Ober¬
fläche der Gegenstände, alles Stoffliche, wie die Rüstungen der Soldaten, die
Gewänder der Priester und Frauen, die Felsen u. tgi. mit jener Virtuosität
Zu behandeln weiß, die zumeist an den archäologischen Genrebildern Alma
Tademas bewundert wird. Das Gemälde zeigt uns aber auch von neuem, wie
die ganze künstlerische Thätigkeit Baurs nicht auf dem Impulse einer genialen,
intuitiver Kraft, sondern auf der mühsamen Arbeit des Verstandes basirt, die
namentlich in der kühl berechneten Komposition oder vielmehr Aneinanderreihung
der Gestalten sichtbar wird.

Von den jüngeren Schülern der Akademie sind E. te Peerdt, der sich später
an Bendemann anschloß und jüngst durch eine Duellscene unter dem sensatio¬
nellen Titel "Um nichts!" bekannt geworden ist, Carl Mücke, Carl Sohn,
C. Wünnenberg, C. Kiesel, C. Heyden, F. Neuhaus, durch Bilder vertreten,
welche weniger durch ihren geistigen Gehalt anziehen als durch ihre technische Vir¬
tuosität befriedigen. Und es ist immerhin schon etwas, wenn wir constatiren können,
daß in Düsseldorf noch gut gemalt wird. Nach dieser Richtung steht das
Durchschnittsniveau der Düsseldorfer Maler bedeutend höher als das der
Berliner. Trotz des wenig erhebenden Gesammteindrucks der Ausstellung habe
ich bei weitem weniger Stümper- und Dilettantenarbeit bemerkt als auf einer
Ausstellung, in welcher Berliner Künstler das Uebergewicht haben.

Kirberg und Bvkelmcmn, letzterer ein Privntschüler Sohns, fehlen gänzlich,


Letzteres ist wohl der Art der Ausführung zuzuschreiben, die, wie es scheint, in
Wachsfarben erfolgt ist. Wo es sich, wie bei der Bearbeitung des glühenden
Eisens und bei der Darstellung von Hoch- und Schmelzöfen mit ihren glüh¬
rothen Reflexen, um specifisch coloristische Effecte handelt, kann eine solche Technik
selbstverständlich nicht genügen. Unter der grellen Beleuchtung sehen die rußi¬
gen Gestalten der Schmiede wie Carricaturen aus, und dieser Eindruck wird
noch dadurch verstärkt, daß bei manchen von ihnen die Extremitäten unnatürlich
lang ausgefallen sind. Auch die Erinnerung an die Meisterschaft, mit welcher
Adolf Menzel das Innere eines solchen Puddlingwerkes mit seinem sinnverwir¬
renden Gestänge dargestellt hat, kommt hinzu, um den Versuch Albert Baurs,
das gleiche Problem zu lösen, als völlig mißglückt erscheinen zu lassen.

In der Kunsthalle sieht man von seiner Hand außer einem Genrebilde aus
altrömischer Zeit „Ein junger Poet", welches nach jahrelanger Wanderung nun
Wohl endlich zur Ruhe kommen könnte, ein figurenreiches Gemälde, dessen Stoff
der evangelischen Geschichte entlehnt ist: „Die Versiegelung des Grabes Christi,"
welche in Gegenwart römischer Krieger durch die Hohenpriester vollzogen wird.
Dies Bild, welches schon im vorigen Jahre ans der Münchener Ausstellung
M sehen war, zeigt uns den Künstler mit seinen bekannten Vorzügen und
Schwächen, als ausgezeichneten Coloristen, der namentlich die schillernde Ober¬
fläche der Gegenstände, alles Stoffliche, wie die Rüstungen der Soldaten, die
Gewänder der Priester und Frauen, die Felsen u. tgi. mit jener Virtuosität
Zu behandeln weiß, die zumeist an den archäologischen Genrebildern Alma
Tademas bewundert wird. Das Gemälde zeigt uns aber auch von neuem, wie
die ganze künstlerische Thätigkeit Baurs nicht auf dem Impulse einer genialen,
intuitiver Kraft, sondern auf der mühsamen Arbeit des Verstandes basirt, die
namentlich in der kühl berechneten Komposition oder vielmehr Aneinanderreihung
der Gestalten sichtbar wird.

Von den jüngeren Schülern der Akademie sind E. te Peerdt, der sich später
an Bendemann anschloß und jüngst durch eine Duellscene unter dem sensatio¬
nellen Titel „Um nichts!" bekannt geworden ist, Carl Mücke, Carl Sohn,
C. Wünnenberg, C. Kiesel, C. Heyden, F. Neuhaus, durch Bilder vertreten,
welche weniger durch ihren geistigen Gehalt anziehen als durch ihre technische Vir¬
tuosität befriedigen. Und es ist immerhin schon etwas, wenn wir constatiren können,
daß in Düsseldorf noch gut gemalt wird. Nach dieser Richtung steht das
Durchschnittsniveau der Düsseldorfer Maler bedeutend höher als das der
Berliner. Trotz des wenig erhebenden Gesammteindrucks der Ausstellung habe
ich bei weitem weniger Stümper- und Dilettantenarbeit bemerkt als auf einer
Ausstellung, in welcher Berliner Künstler das Uebergewicht haben.

Kirberg und Bvkelmcmn, letzterer ein Privntschüler Sohns, fehlen gänzlich,


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0380" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/147474"/>
          <p xml:id="ID_1070" prev="#ID_1069"> Letzteres ist wohl der Art der Ausführung zuzuschreiben, die, wie es scheint, in<lb/>
Wachsfarben erfolgt ist. Wo es sich, wie bei der Bearbeitung des glühenden<lb/>
Eisens und bei der Darstellung von Hoch- und Schmelzöfen mit ihren glüh¬<lb/>
rothen Reflexen, um specifisch coloristische Effecte handelt, kann eine solche Technik<lb/>
selbstverständlich nicht genügen. Unter der grellen Beleuchtung sehen die rußi¬<lb/>
gen Gestalten der Schmiede wie Carricaturen aus, und dieser Eindruck wird<lb/>
noch dadurch verstärkt, daß bei manchen von ihnen die Extremitäten unnatürlich<lb/>
lang ausgefallen sind. Auch die Erinnerung an die Meisterschaft, mit welcher<lb/>
Adolf Menzel das Innere eines solchen Puddlingwerkes mit seinem sinnverwir¬<lb/>
renden Gestänge dargestellt hat, kommt hinzu, um den Versuch Albert Baurs,<lb/>
das gleiche Problem zu lösen, als völlig mißglückt erscheinen zu lassen.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1071"> In der Kunsthalle sieht man von seiner Hand außer einem Genrebilde aus<lb/>
altrömischer Zeit &#x201E;Ein junger Poet", welches nach jahrelanger Wanderung nun<lb/>
Wohl endlich zur Ruhe kommen könnte, ein figurenreiches Gemälde, dessen Stoff<lb/>
der evangelischen Geschichte entlehnt ist: &#x201E;Die Versiegelung des Grabes Christi,"<lb/>
welche in Gegenwart römischer Krieger durch die Hohenpriester vollzogen wird.<lb/>
Dies Bild, welches schon im vorigen Jahre ans der Münchener Ausstellung<lb/>
M sehen war, zeigt uns den Künstler mit seinen bekannten Vorzügen und<lb/>
Schwächen, als ausgezeichneten Coloristen, der namentlich die schillernde Ober¬<lb/>
fläche der Gegenstände, alles Stoffliche, wie die Rüstungen der Soldaten, die<lb/>
Gewänder der Priester und Frauen, die Felsen u. tgi. mit jener Virtuosität<lb/>
Zu behandeln weiß, die zumeist an den archäologischen Genrebildern Alma<lb/>
Tademas bewundert wird. Das Gemälde zeigt uns aber auch von neuem, wie<lb/>
die ganze künstlerische Thätigkeit Baurs nicht auf dem Impulse einer genialen,<lb/>
intuitiver Kraft, sondern auf der mühsamen Arbeit des Verstandes basirt, die<lb/>
namentlich in der kühl berechneten Komposition oder vielmehr Aneinanderreihung<lb/>
der Gestalten sichtbar wird.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1072"> Von den jüngeren Schülern der Akademie sind E. te Peerdt, der sich später<lb/>
an Bendemann anschloß und jüngst durch eine Duellscene unter dem sensatio¬<lb/>
nellen Titel &#x201E;Um nichts!" bekannt geworden ist, Carl Mücke, Carl Sohn,<lb/>
C. Wünnenberg, C. Kiesel, C. Heyden, F. Neuhaus, durch Bilder vertreten,<lb/>
welche weniger durch ihren geistigen Gehalt anziehen als durch ihre technische Vir¬<lb/>
tuosität befriedigen. Und es ist immerhin schon etwas, wenn wir constatiren können,<lb/>
daß in Düsseldorf noch gut gemalt wird. Nach dieser Richtung steht das<lb/>
Durchschnittsniveau der Düsseldorfer Maler bedeutend höher als das der<lb/>
Berliner. Trotz des wenig erhebenden Gesammteindrucks der Ausstellung habe<lb/>
ich bei weitem weniger Stümper- und Dilettantenarbeit bemerkt als auf einer<lb/>
Ausstellung, in welcher Berliner Künstler das Uebergewicht haben.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1073" next="#ID_1074"> Kirberg und Bvkelmcmn, letzterer ein Privntschüler Sohns, fehlen gänzlich,</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0380] Letzteres ist wohl der Art der Ausführung zuzuschreiben, die, wie es scheint, in Wachsfarben erfolgt ist. Wo es sich, wie bei der Bearbeitung des glühenden Eisens und bei der Darstellung von Hoch- und Schmelzöfen mit ihren glüh¬ rothen Reflexen, um specifisch coloristische Effecte handelt, kann eine solche Technik selbstverständlich nicht genügen. Unter der grellen Beleuchtung sehen die rußi¬ gen Gestalten der Schmiede wie Carricaturen aus, und dieser Eindruck wird noch dadurch verstärkt, daß bei manchen von ihnen die Extremitäten unnatürlich lang ausgefallen sind. Auch die Erinnerung an die Meisterschaft, mit welcher Adolf Menzel das Innere eines solchen Puddlingwerkes mit seinem sinnverwir¬ renden Gestänge dargestellt hat, kommt hinzu, um den Versuch Albert Baurs, das gleiche Problem zu lösen, als völlig mißglückt erscheinen zu lassen. In der Kunsthalle sieht man von seiner Hand außer einem Genrebilde aus altrömischer Zeit „Ein junger Poet", welches nach jahrelanger Wanderung nun Wohl endlich zur Ruhe kommen könnte, ein figurenreiches Gemälde, dessen Stoff der evangelischen Geschichte entlehnt ist: „Die Versiegelung des Grabes Christi," welche in Gegenwart römischer Krieger durch die Hohenpriester vollzogen wird. Dies Bild, welches schon im vorigen Jahre ans der Münchener Ausstellung M sehen war, zeigt uns den Künstler mit seinen bekannten Vorzügen und Schwächen, als ausgezeichneten Coloristen, der namentlich die schillernde Ober¬ fläche der Gegenstände, alles Stoffliche, wie die Rüstungen der Soldaten, die Gewänder der Priester und Frauen, die Felsen u. tgi. mit jener Virtuosität Zu behandeln weiß, die zumeist an den archäologischen Genrebildern Alma Tademas bewundert wird. Das Gemälde zeigt uns aber auch von neuem, wie die ganze künstlerische Thätigkeit Baurs nicht auf dem Impulse einer genialen, intuitiver Kraft, sondern auf der mühsamen Arbeit des Verstandes basirt, die namentlich in der kühl berechneten Komposition oder vielmehr Aneinanderreihung der Gestalten sichtbar wird. Von den jüngeren Schülern der Akademie sind E. te Peerdt, der sich später an Bendemann anschloß und jüngst durch eine Duellscene unter dem sensatio¬ nellen Titel „Um nichts!" bekannt geworden ist, Carl Mücke, Carl Sohn, C. Wünnenberg, C. Kiesel, C. Heyden, F. Neuhaus, durch Bilder vertreten, welche weniger durch ihren geistigen Gehalt anziehen als durch ihre technische Vir¬ tuosität befriedigen. Und es ist immerhin schon etwas, wenn wir constatiren können, daß in Düsseldorf noch gut gemalt wird. Nach dieser Richtung steht das Durchschnittsniveau der Düsseldorfer Maler bedeutend höher als das der Berliner. Trotz des wenig erhebenden Gesammteindrucks der Ausstellung habe ich bei weitem weniger Stümper- und Dilettantenarbeit bemerkt als auf einer Ausstellung, in welcher Berliner Künstler das Uebergewicht haben. Kirberg und Bvkelmcmn, letzterer ein Privntschüler Sohns, fehlen gänzlich,

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341831_157693
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341831_157693/380
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341831_157693/380>, abgerufen am 01.07.2024.