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Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Drittes Quartal.

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mit vor Paris und nach Versailles zog, hatte er die schönste Gelegenheit, seine
Studien an dem glänzenden Centralpunkte des Rveoeozeitalters zu vervollstän¬
digen. Auf seinen Bildern findet sich denn auch alles Beiwerk, Stoffe, Möbel,
Geräthe, alles, was zur Folie der Figuren gehört, mit peinlicher Sorgfalt und
Sauberkeit durchgeführt. Seine Farbe ist nicht so leicht, pikant und duftig wie
diejenige Watteaus, der ihm offenbar als Vorbild gedient hat. Dafür ist aber
seine Charakteristik tiefer und eindringlicher. Die sujets seiner Bilder siud
nicht bedeutend: eine musikalische Unterhaltung, ein Cavalier, der im Vorzimmer
fil xasWQt eine hübsche Zofe küßt, eine Roeoevdämchen, welches im Park die
Marmorgruppe eines Satyrs, der eine Nymphe umarmt, sinnend betrachtet
u. tgi. in.; aber diese Nichtigkeiten sind hübsch und elegant vorgetragen und
mit liebenswürdigem Humor gewürzt.

Sein Bruder Friedrich Lossow, geboren 18.^7, gestorben 1872, ebenfalls
ein Schüler Pilotys, hat sich als Thiermaler einen Namen gemacht. Er Wichte
jedoch mit dem Zeichenstift gewandter als mit dein Pinsel Umzugehen und war
deshalb besonders für die Fliegenden Blätter, die Münchener Bilderbogen u. tgi.
thätig. Auch er nahm unter den Humoristen der Pilotyschule eine hervorra¬
gende Stelle ein.

Auch Eduard Kurzbauer, geboren am 2. Mai 1840 in Wien, gehört in
diesen Kreis, wenngleich seine Begabung bei weitem universeller ist als die der
eben geschilderten Künstler, welche er auch durch Tiefe, Ernst und Wahrheit der
Empfindung bedeutend überragt. Nächst Defregger und Gabriel Max verfügt
kein anderer Schüler Pilotys über fo reiche Gaben des Geistes wie Kurzbaner,
der leider seiner Kunst in der Blüthe seiner Kraft, eben erst auf der Höhe an¬
gelangt, entrissen wurde. Es verdient übrigens angemerkt zu werden, daß die
geistig regsamsten und selbständigsten Elemente der Pilotyschule aus Oesterreich
zugekommen sind. Kurzbauer trat mit seinem sechzehnten Jahre in eine litho¬
graphische Anstalt ein, um sich, da er auf der Schule Talent für das Zeichnen
bekundet hatte, zum Lithographen auszubilden. Sein Sinn ging jedoch höher
hinaus. Er wußte es bald dahin zu bringen, daß er in den Abendstunde" die
Akademie besuchte, und endlich dürfte er auch der Lithographie Valet sage:?, um
sich ganz dem Kunststudium zu widmen- Nachdem er die Akademie vier und
ein halbes Jahr lang besucht, fing er an, selbständige Bilder zu malen, ver¬
mochte aber nicht, die Aufmerksamkeit des Publikums oder, was mehr sagen
will, die der Käufer auf seine Arbeiten zu lenken. Erst im Jahre 1867 recht¬
fertigte er durch ein figurenreiches, gut evmpvuirtes Bild "Die Märchenerzäh¬
lerin" die von seinen Lehrern auf ihn gesetzten Hoffnungen, und da er dadurch
auch den Glauben an sich selbst wieder gewonnen hatte, begab er sich nach
München zu Piloty, um dort seinem Können auch die letzte technische Vollen-


mit vor Paris und nach Versailles zog, hatte er die schönste Gelegenheit, seine
Studien an dem glänzenden Centralpunkte des Rveoeozeitalters zu vervollstän¬
digen. Auf seinen Bildern findet sich denn auch alles Beiwerk, Stoffe, Möbel,
Geräthe, alles, was zur Folie der Figuren gehört, mit peinlicher Sorgfalt und
Sauberkeit durchgeführt. Seine Farbe ist nicht so leicht, pikant und duftig wie
diejenige Watteaus, der ihm offenbar als Vorbild gedient hat. Dafür ist aber
seine Charakteristik tiefer und eindringlicher. Die sujets seiner Bilder siud
nicht bedeutend: eine musikalische Unterhaltung, ein Cavalier, der im Vorzimmer
fil xasWQt eine hübsche Zofe küßt, eine Roeoevdämchen, welches im Park die
Marmorgruppe eines Satyrs, der eine Nymphe umarmt, sinnend betrachtet
u. tgi. in.; aber diese Nichtigkeiten sind hübsch und elegant vorgetragen und
mit liebenswürdigem Humor gewürzt.

Sein Bruder Friedrich Lossow, geboren 18.^7, gestorben 1872, ebenfalls
ein Schüler Pilotys, hat sich als Thiermaler einen Namen gemacht. Er Wichte
jedoch mit dem Zeichenstift gewandter als mit dein Pinsel Umzugehen und war
deshalb besonders für die Fliegenden Blätter, die Münchener Bilderbogen u. tgi.
thätig. Auch er nahm unter den Humoristen der Pilotyschule eine hervorra¬
gende Stelle ein.

Auch Eduard Kurzbauer, geboren am 2. Mai 1840 in Wien, gehört in
diesen Kreis, wenngleich seine Begabung bei weitem universeller ist als die der
eben geschilderten Künstler, welche er auch durch Tiefe, Ernst und Wahrheit der
Empfindung bedeutend überragt. Nächst Defregger und Gabriel Max verfügt
kein anderer Schüler Pilotys über fo reiche Gaben des Geistes wie Kurzbaner,
der leider seiner Kunst in der Blüthe seiner Kraft, eben erst auf der Höhe an¬
gelangt, entrissen wurde. Es verdient übrigens angemerkt zu werden, daß die
geistig regsamsten und selbständigsten Elemente der Pilotyschule aus Oesterreich
zugekommen sind. Kurzbauer trat mit seinem sechzehnten Jahre in eine litho¬
graphische Anstalt ein, um sich, da er auf der Schule Talent für das Zeichnen
bekundet hatte, zum Lithographen auszubilden. Sein Sinn ging jedoch höher
hinaus. Er wußte es bald dahin zu bringen, daß er in den Abendstunde« die
Akademie besuchte, und endlich dürfte er auch der Lithographie Valet sage:?, um
sich ganz dem Kunststudium zu widmen- Nachdem er die Akademie vier und
ein halbes Jahr lang besucht, fing er an, selbständige Bilder zu malen, ver¬
mochte aber nicht, die Aufmerksamkeit des Publikums oder, was mehr sagen
will, die der Käufer auf seine Arbeiten zu lenken. Erst im Jahre 1867 recht¬
fertigte er durch ein figurenreiches, gut evmpvuirtes Bild „Die Märchenerzäh¬
lerin" die von seinen Lehrern auf ihn gesetzten Hoffnungen, und da er dadurch
auch den Glauben an sich selbst wieder gewonnen hatte, begab er sich nach
München zu Piloty, um dort seinem Können auch die letzte technische Vollen-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341831_157693/132>, abgerufen am 23.07.2024.