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Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Erstes Quartal.

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den executiven Rath durch einige Abtrünnige von der vaterländischen Sache zu
vervollständigen, durch Jan Jouvert von Potschefstrom, Holtz Tusen von Middel-
burg und Marais von Pretoria; von den übrigen sechs für diese Behörde er¬
nannten hatten nur drei die Ernennung angenommen, White, Horsmcm und Ester-
huisen. Sir Garnet bot auch dem gefangen gehaltenen Pretorius einen Sitz
in der Executive an, den dieser aber sofort ausschlug. Da nun aber die
Legislative von Natal fortfuhr, mißfällige Beschlüsse zu fassen, da sie auf
Verantwortlichkeit des Ministeriums (der Executive) bestand, die Mittel zur
Unterhaltung einer ständigen brittischen Botschaft in Zululand verweigerte, die
Vereinigung von Zululaud mit Natal forderte und die Einführung einer Ver¬
mögenssteuer in Natal beschloß, so übertrug Sir Garnet das militärische
Commando in Transvaal an General Clifford, um als Reichscommissür auch
die Colonie Natal in Aufsicht nehmen zu können. Dieser war beiläufig von der
Regierung auch der Vorschlag gemacht, in ihr eine Station für solche politische
Verbrecher zu errichten, deren Sicherung die brittische Reichsregierung im
Interesse des Friedens für dienlich halten wird; mit anderen Worten: Natal
soll diejenigen Boers gefangen halten, die man zur Sicherung der brittischen
Herrschaft in Transvaal aufzuheben gedenkt. Die telegraphischen Nachrichten
vom Cap lassen es ungewiß, ob es Sir Garnet noch gelungen ist, oder ob
fein Nachfolger Clifford so viel über den gefangenen Pretorius vermocht
hat, daß dieser auf brittischen Pferden und unter brittischer Geleitsmann¬
schaft mit geheimen und confidentiellen Aufträgen eine Rundreise bei seinen
Landsleuten gemacht hat; gewiß ist, daß die Mission ihren Zweck verfehlt hat,
daß die Boers entschlossen sind, bei ihrem passiven Widerstande zu beharren,
daß sie jeden Verkehr mit den brittisch Gesinnten und mit den brittischen Mili¬
tär- und Civilbeamten vermeiden, daß sie ihre Vorräthe, ohne welche jene eine
schwere Existenz haben, zurückhalten, daß sie in ihrem wohlbedachten Wider¬
stande durch die täglich wachsende Sympathie ihrer Landsleute und der ein¬
sichtigen Einwohner der Capcolonie, der Orange-Republik und selbst der Natal-
cvlonie bestärkt werden und geduldig den 12. April, wo ihrem Beschlusse vom
W. December 1879 gemäß ihr Volksrath zusammentreten soll, erharren. Sir
Garnet ist nach Pietermaritzburg abgereist und hat seine Effecte" in Pretoria
verkaufen lassen. Pretorius ist nach Potschefstrom ins Gefängniß zurückgekehrt;
das in Aussicht stehende Gericht wegen Hochverraths erregt gar kein Interesse;
wenn es schrecken oder zu gewaltthätigen Vorgehen reizen sollte -- die Nach¬
richt war verbreitet, daß die Boers ihren Führer befreien wollten, um weitere
Gewaltmaßregeln zu entschuldigen --, so hat es seinen Zweck völlig verfehlt. Was
Pretorius auf seiner Rundreise seinen Landsleuten vorgeschlagen oder gerathen
hat, ist nicht bekannt geworden, und man kann daher nicht sagen, ob diese


den executiven Rath durch einige Abtrünnige von der vaterländischen Sache zu
vervollständigen, durch Jan Jouvert von Potschefstrom, Holtz Tusen von Middel-
burg und Marais von Pretoria; von den übrigen sechs für diese Behörde er¬
nannten hatten nur drei die Ernennung angenommen, White, Horsmcm und Ester-
huisen. Sir Garnet bot auch dem gefangen gehaltenen Pretorius einen Sitz
in der Executive an, den dieser aber sofort ausschlug. Da nun aber die
Legislative von Natal fortfuhr, mißfällige Beschlüsse zu fassen, da sie auf
Verantwortlichkeit des Ministeriums (der Executive) bestand, die Mittel zur
Unterhaltung einer ständigen brittischen Botschaft in Zululand verweigerte, die
Vereinigung von Zululaud mit Natal forderte und die Einführung einer Ver¬
mögenssteuer in Natal beschloß, so übertrug Sir Garnet das militärische
Commando in Transvaal an General Clifford, um als Reichscommissür auch
die Colonie Natal in Aufsicht nehmen zu können. Dieser war beiläufig von der
Regierung auch der Vorschlag gemacht, in ihr eine Station für solche politische
Verbrecher zu errichten, deren Sicherung die brittische Reichsregierung im
Interesse des Friedens für dienlich halten wird; mit anderen Worten: Natal
soll diejenigen Boers gefangen halten, die man zur Sicherung der brittischen
Herrschaft in Transvaal aufzuheben gedenkt. Die telegraphischen Nachrichten
vom Cap lassen es ungewiß, ob es Sir Garnet noch gelungen ist, oder ob
fein Nachfolger Clifford so viel über den gefangenen Pretorius vermocht
hat, daß dieser auf brittischen Pferden und unter brittischer Geleitsmann¬
schaft mit geheimen und confidentiellen Aufträgen eine Rundreise bei seinen
Landsleuten gemacht hat; gewiß ist, daß die Mission ihren Zweck verfehlt hat,
daß die Boers entschlossen sind, bei ihrem passiven Widerstande zu beharren,
daß sie jeden Verkehr mit den brittisch Gesinnten und mit den brittischen Mili¬
tär- und Civilbeamten vermeiden, daß sie ihre Vorräthe, ohne welche jene eine
schwere Existenz haben, zurückhalten, daß sie in ihrem wohlbedachten Wider¬
stande durch die täglich wachsende Sympathie ihrer Landsleute und der ein¬
sichtigen Einwohner der Capcolonie, der Orange-Republik und selbst der Natal-
cvlonie bestärkt werden und geduldig den 12. April, wo ihrem Beschlusse vom
W. December 1879 gemäß ihr Volksrath zusammentreten soll, erharren. Sir
Garnet ist nach Pietermaritzburg abgereist und hat seine Effecte» in Pretoria
verkaufen lassen. Pretorius ist nach Potschefstrom ins Gefängniß zurückgekehrt;
das in Aussicht stehende Gericht wegen Hochverraths erregt gar kein Interesse;
wenn es schrecken oder zu gewaltthätigen Vorgehen reizen sollte — die Nach¬
richt war verbreitet, daß die Boers ihren Führer befreien wollten, um weitere
Gewaltmaßregeln zu entschuldigen —, so hat es seinen Zweck völlig verfehlt. Was
Pretorius auf seiner Rundreise seinen Landsleuten vorgeschlagen oder gerathen
hat, ist nicht bekannt geworden, und man kann daher nicht sagen, ob diese


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341831_157681/503>, abgerufen am 04.07.2024.