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Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Erstes Quartal.

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Jnstituts-Etats aus dem Extraordinarinm in das Ordinarinm des preußische"
Staatshaushalts, und am 2. März wurde das abgeänderte Statut vom deutschen
Kaiser in Versailles bestätigt. Dasselbe besagte im ersten Paragraphen: "Das
Institut ist preußische Staatsanstalt und hat sein Domieil in Berlin; die wissen¬
schaftliche Thätigkeit desselben aber concentrirt sich in Rom, wo regelmäßig
seine Schriften erscheinen." Mit der Berliner Akademie wurde das Institut
in der Weise verknüpft, daß eine aus fünf Akademikern und zwei Nicht-Akade¬
mikern bestehende Commission als Aufsichtsbehörde eingesetzt wurde.

Dieser Umwandlung folgte bald eine noch weiter greifende. Der Charakter der
Anstalt als einer preußischen hatte lediglich in der Dotirung und der Beauf¬
sichtigung durch die preußische Regierung bestanden. Im Uebrigen war sie im
Anfang international, nachher wesentlich deutsch gewesen, und es war nicht der
geringste Unterschied in der Behandlung der Mitglieder, Schüler und Stipen¬
diaten aus den verschiedensten deutschen Staaten gemacht worden. "Von den
Secretären, welchen Preußen den Gehalt zahlte, war kein einziger ein geborener
Preuße." Der Genuß der Reisestipendien war allen Deutschen, der Gebrauch
der Bibliothek allen Nationen gleichmäßig zugänglich gewesen. Es war nicht
mehr als natürlich, daß nach der Gründung des deutschen Reiches der Wunsch
auftauchte, das Institut zur Reichsanstalt gemacht zu sehen. Ein darauf ge¬
richteter Antrag fand ohne jeden Widerspruch im Juni 1873 die Genehmigung
des Reichstages, und ebenso gleichzeitig zwei andere Anträge: in Athen eine
Zweiganstalt des Instituts zu gründen und in Rom an die Stelle des alten
baufällig und eng gewordenen Gebäudes einen Neubau zu setzen.

Die Berliner Akademie behielt ihren Ehrenposten als wissenschaftliche
Protectorin der Anstalt; doch wurden den sieben Berliner Mitgliedern der
Direction vier auswärtige hinzugefügt. "Der Gesammtdireetion stand die
Cooptation ihrer nichtakademischen Mitglieder zu, ferner die Wahl der Seeretäre,
der Herausgeber größerer Svnderpublikationen und der Stipendiaten, die Ver¬
fügung über den Reservefonds und über die zu wissenschaftlichen Unternehmungen
bestimmten Summen, endlich die Prüfung der Jahresberichte und Rechnungen
der Secretäre... Die beiden römischen und der eine ätherische Secretär wurden
Reichsbeamte; der Wirkungskreis der Seeretäre blieb unverändert. Anstatt der
früheren zwei wurden vier reichlicher dotirte Stipendien für solche classische
Archäologen gegründet, welche an einer deutschen Universität den Doctorgrad
erworben oder vor einer deutschen Staatsbehörde die höhere Gymnasiallehrer¬
prüfung bestanden haben." Ein fünftes Stipendium wurde für christliche Ar¬
chäologie bestimmt. Die schon seit 1843 bestehende, früher von Gerhard und
Hübner redigirte "Archäologische Zeitung" wurde zum Organ des Institutes in
Deutschland gemacht und ebenso die lZxtuzwsris sxigrgxl^ca auf den Jnstitntsetat


Jnstituts-Etats aus dem Extraordinarinm in das Ordinarinm des preußische«
Staatshaushalts, und am 2. März wurde das abgeänderte Statut vom deutschen
Kaiser in Versailles bestätigt. Dasselbe besagte im ersten Paragraphen: „Das
Institut ist preußische Staatsanstalt und hat sein Domieil in Berlin; die wissen¬
schaftliche Thätigkeit desselben aber concentrirt sich in Rom, wo regelmäßig
seine Schriften erscheinen." Mit der Berliner Akademie wurde das Institut
in der Weise verknüpft, daß eine aus fünf Akademikern und zwei Nicht-Akade¬
mikern bestehende Commission als Aufsichtsbehörde eingesetzt wurde.

Dieser Umwandlung folgte bald eine noch weiter greifende. Der Charakter der
Anstalt als einer preußischen hatte lediglich in der Dotirung und der Beauf¬
sichtigung durch die preußische Regierung bestanden. Im Uebrigen war sie im
Anfang international, nachher wesentlich deutsch gewesen, und es war nicht der
geringste Unterschied in der Behandlung der Mitglieder, Schüler und Stipen¬
diaten aus den verschiedensten deutschen Staaten gemacht worden. „Von den
Secretären, welchen Preußen den Gehalt zahlte, war kein einziger ein geborener
Preuße." Der Genuß der Reisestipendien war allen Deutschen, der Gebrauch
der Bibliothek allen Nationen gleichmäßig zugänglich gewesen. Es war nicht
mehr als natürlich, daß nach der Gründung des deutschen Reiches der Wunsch
auftauchte, das Institut zur Reichsanstalt gemacht zu sehen. Ein darauf ge¬
richteter Antrag fand ohne jeden Widerspruch im Juni 1873 die Genehmigung
des Reichstages, und ebenso gleichzeitig zwei andere Anträge: in Athen eine
Zweiganstalt des Instituts zu gründen und in Rom an die Stelle des alten
baufällig und eng gewordenen Gebäudes einen Neubau zu setzen.

Die Berliner Akademie behielt ihren Ehrenposten als wissenschaftliche
Protectorin der Anstalt; doch wurden den sieben Berliner Mitgliedern der
Direction vier auswärtige hinzugefügt. „Der Gesammtdireetion stand die
Cooptation ihrer nichtakademischen Mitglieder zu, ferner die Wahl der Seeretäre,
der Herausgeber größerer Svnderpublikationen und der Stipendiaten, die Ver¬
fügung über den Reservefonds und über die zu wissenschaftlichen Unternehmungen
bestimmten Summen, endlich die Prüfung der Jahresberichte und Rechnungen
der Secretäre... Die beiden römischen und der eine ätherische Secretär wurden
Reichsbeamte; der Wirkungskreis der Seeretäre blieb unverändert. Anstatt der
früheren zwei wurden vier reichlicher dotirte Stipendien für solche classische
Archäologen gegründet, welche an einer deutschen Universität den Doctorgrad
erworben oder vor einer deutschen Staatsbehörde die höhere Gymnasiallehrer¬
prüfung bestanden haben." Ein fünftes Stipendium wurde für christliche Ar¬
chäologie bestimmt. Die schon seit 1843 bestehende, früher von Gerhard und
Hübner redigirte „Archäologische Zeitung" wurde zum Organ des Institutes in
Deutschland gemacht und ebenso die lZxtuzwsris sxigrgxl^ca auf den Jnstitntsetat


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[0475] Jnstituts-Etats aus dem Extraordinarinm in das Ordinarinm des preußische« Staatshaushalts, und am 2. März wurde das abgeänderte Statut vom deutschen Kaiser in Versailles bestätigt. Dasselbe besagte im ersten Paragraphen: „Das Institut ist preußische Staatsanstalt und hat sein Domieil in Berlin; die wissen¬ schaftliche Thätigkeit desselben aber concentrirt sich in Rom, wo regelmäßig seine Schriften erscheinen." Mit der Berliner Akademie wurde das Institut in der Weise verknüpft, daß eine aus fünf Akademikern und zwei Nicht-Akade¬ mikern bestehende Commission als Aufsichtsbehörde eingesetzt wurde. Dieser Umwandlung folgte bald eine noch weiter greifende. Der Charakter der Anstalt als einer preußischen hatte lediglich in der Dotirung und der Beauf¬ sichtigung durch die preußische Regierung bestanden. Im Uebrigen war sie im Anfang international, nachher wesentlich deutsch gewesen, und es war nicht der geringste Unterschied in der Behandlung der Mitglieder, Schüler und Stipen¬ diaten aus den verschiedensten deutschen Staaten gemacht worden. „Von den Secretären, welchen Preußen den Gehalt zahlte, war kein einziger ein geborener Preuße." Der Genuß der Reisestipendien war allen Deutschen, der Gebrauch der Bibliothek allen Nationen gleichmäßig zugänglich gewesen. Es war nicht mehr als natürlich, daß nach der Gründung des deutschen Reiches der Wunsch auftauchte, das Institut zur Reichsanstalt gemacht zu sehen. Ein darauf ge¬ richteter Antrag fand ohne jeden Widerspruch im Juni 1873 die Genehmigung des Reichstages, und ebenso gleichzeitig zwei andere Anträge: in Athen eine Zweiganstalt des Instituts zu gründen und in Rom an die Stelle des alten baufällig und eng gewordenen Gebäudes einen Neubau zu setzen. Die Berliner Akademie behielt ihren Ehrenposten als wissenschaftliche Protectorin der Anstalt; doch wurden den sieben Berliner Mitgliedern der Direction vier auswärtige hinzugefügt. „Der Gesammtdireetion stand die Cooptation ihrer nichtakademischen Mitglieder zu, ferner die Wahl der Seeretäre, der Herausgeber größerer Svnderpublikationen und der Stipendiaten, die Ver¬ fügung über den Reservefonds und über die zu wissenschaftlichen Unternehmungen bestimmten Summen, endlich die Prüfung der Jahresberichte und Rechnungen der Secretäre... Die beiden römischen und der eine ätherische Secretär wurden Reichsbeamte; der Wirkungskreis der Seeretäre blieb unverändert. Anstatt der früheren zwei wurden vier reichlicher dotirte Stipendien für solche classische Archäologen gegründet, welche an einer deutschen Universität den Doctorgrad erworben oder vor einer deutschen Staatsbehörde die höhere Gymnasiallehrer¬ prüfung bestanden haben." Ein fünftes Stipendium wurde für christliche Ar¬ chäologie bestimmt. Die schon seit 1843 bestehende, früher von Gerhard und Hübner redigirte „Archäologische Zeitung" wurde zum Organ des Institutes in Deutschland gemacht und ebenso die lZxtuzwsris sxigrgxl^ca auf den Jnstitntsetat

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341831_157681/475>, abgerufen am 29.06.2024.