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Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Erstes Quartal.

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Letronne u. a. ihre Mitwirkung zugesagt. Das Werk sollte in Paris erscheinen
und den Titel Journal uirivsrsöl <Zs führen.

Es kam nicht zur Ausführung, weil Panofka durch seinen Weggang von
Paris der Sache entzogen wurde. Dies schreckte jedoch Gerhard nicht ab; viel¬
mehr faßte er nun den Plan, Rom selbst zum Sitze des neuen Unternehmens
zu machen. Während er noch bemüht war, Bunsens hauptsächlich aus seiner
diplomatischen Stellung hervorgehende Bedenken zu zerstreuen, kam der damalige
Kronprinz von Preußen, der spätere König Friedrich Wilhelm IV., nach Rom.
Das Ereigniß war ein wichtiges für die Römer und Italiener, und es wurde
von entscheidender Bedeutung für das Unternehmen der Archäologen. Der geist¬
volle und kunstsinnige Fürst, mächtig ergriffen von dem Zauber Roms und der
zahllosen Zeugen des Alterthums, ließ sich bald für den Plan Gerhards inter-
essiren und bei einem Besuche von Pozzuoli -- es war gegen Ende des Jahres
1828 -- von diesem den Protector - Namen, wie er später scherzend sich aus¬
drückte, "abquetschen". In Rom bestätigte er seine Zusage ausdrücklich; Bunsen
übernahm die Leitung, und so konnte mit freudigen Hoffnungen zur Constitui-
rung der Gesellschaft geschritten werden.

Dies geschah am 9. December 1828 im Palazzo Cassarelli auf dem Capitol,
der von Bunsens Zeit an bis auf den heutigen Tag der Sitz der preußischen
-- jetzt deutschen -- Gesandtschaft geblieben ist. Außer Bunsen nahmen Gerhard,
Kestner, Fea und Thorwaldsen an der constituirenden Besprechung Theil.

Obwohl die letzteren beiden der päpstlichen Commission für die Alterthümer
angehörten, so erfolgte doch gerade von Seiten der päpstlichen archäologischen
Akademie -- nicht der Regierung -- eine Art von Opposition gegen das mit
Unrecht als eine ungehörige Concurrenz betrachtete Unternehmen. Von den zum
Beitritt ausgeforderten Italienern lehnte der Cardinal Angelo Mai sofort ab;
die Veteranen Guattani, F. A. Visconti, sowie Cardinali, Nibby und Millingen
unterzeichneten gemeinsam mit den Stiftern am 2. Januar 1879 das Stiftungs¬
programm, auf welchem als auswärtige Mitglieder noch Panofka in Neapel
und Stackelberg in Paris, sowie Rumohr in Florenz und Welcker in Bonn
figurirten. In Folge der Gegenvorstellungen des Prälaten Nicolai, des Präsi¬
denten der päpstlichen Akademie, zogen sich die Italiener außer Fea und Nibby
wieder zurück, während die Regierung des Papstes, sowie die von Neapel die
werthvollste Unterstützung gewährten.

Der Zweck des Instituts sollte sein, die archäologischen Funde und Ent¬
deckungen zu sammeln, zu beschreiben und bekannt zu machen, damit sie vor
dem Verlorengehen bewahrt und für die Forschung schnell nutzbar gemacht
würden. Das Untersuchungsgebiet sollte in erster Linie Italien und Griechen¬
land, die Art der Sammlung die der Correspondenz sein, weshalb der Verein


Letronne u. a. ihre Mitwirkung zugesagt. Das Werk sollte in Paris erscheinen
und den Titel Journal uirivsrsöl <Zs führen.

Es kam nicht zur Ausführung, weil Panofka durch seinen Weggang von
Paris der Sache entzogen wurde. Dies schreckte jedoch Gerhard nicht ab; viel¬
mehr faßte er nun den Plan, Rom selbst zum Sitze des neuen Unternehmens
zu machen. Während er noch bemüht war, Bunsens hauptsächlich aus seiner
diplomatischen Stellung hervorgehende Bedenken zu zerstreuen, kam der damalige
Kronprinz von Preußen, der spätere König Friedrich Wilhelm IV., nach Rom.
Das Ereigniß war ein wichtiges für die Römer und Italiener, und es wurde
von entscheidender Bedeutung für das Unternehmen der Archäologen. Der geist¬
volle und kunstsinnige Fürst, mächtig ergriffen von dem Zauber Roms und der
zahllosen Zeugen des Alterthums, ließ sich bald für den Plan Gerhards inter-
essiren und bei einem Besuche von Pozzuoli — es war gegen Ende des Jahres
1828 — von diesem den Protector - Namen, wie er später scherzend sich aus¬
drückte, „abquetschen". In Rom bestätigte er seine Zusage ausdrücklich; Bunsen
übernahm die Leitung, und so konnte mit freudigen Hoffnungen zur Constitui-
rung der Gesellschaft geschritten werden.

Dies geschah am 9. December 1828 im Palazzo Cassarelli auf dem Capitol,
der von Bunsens Zeit an bis auf den heutigen Tag der Sitz der preußischen
— jetzt deutschen — Gesandtschaft geblieben ist. Außer Bunsen nahmen Gerhard,
Kestner, Fea und Thorwaldsen an der constituirenden Besprechung Theil.

Obwohl die letzteren beiden der päpstlichen Commission für die Alterthümer
angehörten, so erfolgte doch gerade von Seiten der päpstlichen archäologischen
Akademie — nicht der Regierung — eine Art von Opposition gegen das mit
Unrecht als eine ungehörige Concurrenz betrachtete Unternehmen. Von den zum
Beitritt ausgeforderten Italienern lehnte der Cardinal Angelo Mai sofort ab;
die Veteranen Guattani, F. A. Visconti, sowie Cardinali, Nibby und Millingen
unterzeichneten gemeinsam mit den Stiftern am 2. Januar 1879 das Stiftungs¬
programm, auf welchem als auswärtige Mitglieder noch Panofka in Neapel
und Stackelberg in Paris, sowie Rumohr in Florenz und Welcker in Bonn
figurirten. In Folge der Gegenvorstellungen des Prälaten Nicolai, des Präsi¬
denten der päpstlichen Akademie, zogen sich die Italiener außer Fea und Nibby
wieder zurück, während die Regierung des Papstes, sowie die von Neapel die
werthvollste Unterstützung gewährten.

Der Zweck des Instituts sollte sein, die archäologischen Funde und Ent¬
deckungen zu sammeln, zu beschreiben und bekannt zu machen, damit sie vor
dem Verlorengehen bewahrt und für die Forschung schnell nutzbar gemacht
würden. Das Untersuchungsgebiet sollte in erster Linie Italien und Griechen¬
land, die Art der Sammlung die der Correspondenz sein, weshalb der Verein


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341831_157681/421>, abgerufen am 25.08.2024.