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Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Erstes Quartal.

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haben, so gebührt ein beträchtlicher Theil des Verdienstes daran dem römischen
Institute. Auf Grund der im Auftrage der Centraldirection von A. Michaelis
verfaßten Festschrift geben wir im Nachstehenden eine Uebersicht der wichtigsten
Phasen seiner interessanten Geschichte.*)

Der Boden des alten Rom, von jeher anregend für kundige Geister und
empfängliche Gemüther, wurde es in ganz speciellen Sinne im Anfange dieses
Jahrhunderts, als die ersten wichtigen archäologischen Entdeckungen in Griechen¬
land die Augen von neuem auf die Kuustreste des Alterthums lenkten und
zugleich in Rom sich ein Kreis von Männern zusammenfand, die ein offenes
Auge dafür hatten. Während der Jahre seiner Thätigkeit als preußischer Ge¬
sandter war Niebuhr die Seele eines Kreises, der seine Aufmerksamkeit
speciell den Monumenten und der Topographie Roms zuwandte. Gemeinsam
mit Bunsen und dem Maler Platner begann er das große Werk der "Beschrei¬
bung der Stadt Rom". Als er 1823 Rom verließ, übernahm Eduard Gerhard,
der Schüler Boeckhs und Fr. A. Wolffs, einen Theil der Arbeit. Dieser, auch
mit Stackelberg, Panofka und Kestner, einem von "Lotte's" Söhnen, in enger
Verbindung und mit ihnen genieinsam auch den neapolitanischen und sicilischen
Antiken Aufmerksamkeit und Thätigkeit widmend, begann mit der unentbehrlichen
und grundlegenden Arbeit der Katalogisirung der wichtigsten Sammlungen,
denen er die erste umfassende und systematische Publikation von Bildwerken
solgen ließ. Mit Hilfe der Freunde von der "Hyperboräischen Gesellschaft"
-- so genannt mit besonderer Beziehung auf den von Stackelberg in Aufnahme
gebrachten Apollo-Cultus -- verwerthete er demnächst die bedeutenden Gräber¬
funde des südlichen Etruriens, namentlich die Figuren-Spiegel und die bemalten
Vasen. Das Bedürfniß, den so gewonnenen Resultaten eine größere und regel¬
mäßigere Verbreitung zu geben, führte Gerhard auf den Wunsch einer periodischen
Publikation der Funde und Entdeckungen. Der reiche und kunstsinnige junge
Herzog von Luynes, damals auf einer Reise in Italien begriffen und durch
Panofka mit dem Archävlogenkreise bekannt gemacht, begeisterte sich für die Idee
und unterstützte ihre Ausführung aufs freigebigste. Der nach mehreren Zwischen¬
fällen im Jahre 1828 festgesetzte Plan war der, die hyperboräisch-römische Ge¬
sellschaft zu einem europäischen Vereine zu erweitern, auf eigene Kosten eine
periodische Publikation zu veranstalten und der französische, italienische und latei¬
nische Aufsätze enthaltenden Zeitschrift große Kupfertafeln beizugeben, außerdem
in einem Bulletin regelmäßige Entdeckuugsberichte zu veranstalten. Außer
Luynes, Gerhard, Panofka, Stackelberg, Kestner hatten auch Welcker, Millingen,



*) Geschichte des deutschen archäologischen Instituts 182S-1L79. Fest¬
schrift hrsg, von der Centraldirection des archäologischen Instituts. Berlin, Asser K Co., 1879.

haben, so gebührt ein beträchtlicher Theil des Verdienstes daran dem römischen
Institute. Auf Grund der im Auftrage der Centraldirection von A. Michaelis
verfaßten Festschrift geben wir im Nachstehenden eine Uebersicht der wichtigsten
Phasen seiner interessanten Geschichte.*)

Der Boden des alten Rom, von jeher anregend für kundige Geister und
empfängliche Gemüther, wurde es in ganz speciellen Sinne im Anfange dieses
Jahrhunderts, als die ersten wichtigen archäologischen Entdeckungen in Griechen¬
land die Augen von neuem auf die Kuustreste des Alterthums lenkten und
zugleich in Rom sich ein Kreis von Männern zusammenfand, die ein offenes
Auge dafür hatten. Während der Jahre seiner Thätigkeit als preußischer Ge¬
sandter war Niebuhr die Seele eines Kreises, der seine Aufmerksamkeit
speciell den Monumenten und der Topographie Roms zuwandte. Gemeinsam
mit Bunsen und dem Maler Platner begann er das große Werk der „Beschrei¬
bung der Stadt Rom". Als er 1823 Rom verließ, übernahm Eduard Gerhard,
der Schüler Boeckhs und Fr. A. Wolffs, einen Theil der Arbeit. Dieser, auch
mit Stackelberg, Panofka und Kestner, einem von „Lotte's" Söhnen, in enger
Verbindung und mit ihnen genieinsam auch den neapolitanischen und sicilischen
Antiken Aufmerksamkeit und Thätigkeit widmend, begann mit der unentbehrlichen
und grundlegenden Arbeit der Katalogisirung der wichtigsten Sammlungen,
denen er die erste umfassende und systematische Publikation von Bildwerken
solgen ließ. Mit Hilfe der Freunde von der „Hyperboräischen Gesellschaft"
— so genannt mit besonderer Beziehung auf den von Stackelberg in Aufnahme
gebrachten Apollo-Cultus — verwerthete er demnächst die bedeutenden Gräber¬
funde des südlichen Etruriens, namentlich die Figuren-Spiegel und die bemalten
Vasen. Das Bedürfniß, den so gewonnenen Resultaten eine größere und regel¬
mäßigere Verbreitung zu geben, führte Gerhard auf den Wunsch einer periodischen
Publikation der Funde und Entdeckungen. Der reiche und kunstsinnige junge
Herzog von Luynes, damals auf einer Reise in Italien begriffen und durch
Panofka mit dem Archävlogenkreise bekannt gemacht, begeisterte sich für die Idee
und unterstützte ihre Ausführung aufs freigebigste. Der nach mehreren Zwischen¬
fällen im Jahre 1828 festgesetzte Plan war der, die hyperboräisch-römische Ge¬
sellschaft zu einem europäischen Vereine zu erweitern, auf eigene Kosten eine
periodische Publikation zu veranstalten und der französische, italienische und latei¬
nische Aufsätze enthaltenden Zeitschrift große Kupfertafeln beizugeben, außerdem
in einem Bulletin regelmäßige Entdeckuugsberichte zu veranstalten. Außer
Luynes, Gerhard, Panofka, Stackelberg, Kestner hatten auch Welcker, Millingen,



*) Geschichte des deutschen archäologischen Instituts 182S-1L79. Fest¬
schrift hrsg, von der Centraldirection des archäologischen Instituts. Berlin, Asser K Co., 1879.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341831_157681/420>, abgerufen am 22.07.2024.