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Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Erstes Quartal.

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züge, sowie die später bereits erwähnten weiteren nochmals recapituliren und
einen und den anderen neuen Punkt hinzufügen, so läßt sich etwa Folgendes
zusammenstellen:

1) Es werden nicht weitere Industriebetriebe von den provinziellen Ver¬
waltungen der Eisenbahnen übernommen werden müssen, als bereits von den
seitherigen Eisenbahnverwaltungen, seien es private, seien es staatliche, betrieben
wurden, denn es bleibt immer noch eine größere Anzahl von Nachfragenden
und Arbeitgebern, welche vielfach verschiedene Interessen haben und verschiedene
Rücksichten nehmen; es können also die Hütten-, Hohofen- und Walzwerke,
Maschinen- und Wagenbau-Anstalten u. s. w. in ihrer privaten Entwicklung
erhalten bleiben.

2) Es wird nicht ein unabsehbares Heer von Staatsbeamten und Staats¬
arbeitern dem Staate eine Last und eine Gefahr sein; denn die Provinzial-
beamten sind als die Privatbeamten einer Provinz zu betrachten.

3) Es wird eine lebendige Weiterentwicklung in unserem Eisenbahnwesen,
in den Constructionen, neuen Erfindungen :c. gesichert bleiben. Ein großer
Theil der Fortschritte in dieser Beziehung wird aus dem Wetteifer und der
Initiative der Fabriken hervorgehen, wodurch deren Stellung wieder eine viel¬
seitigere und lebensvollere wird.

4) Es wird nicht ein unter anderen Verhältnissen unvermeidlicher Sche¬
matismus das frische Leben einer großen Klasse unserer Mitbürger vergiften.

5) Es wird eine gewisse Concurrenz der Provinzen untereinander eintreten.
Auf diesen Punkt wollen wir noch etwas näher eingehen. Eine Concurrenz der
Provinzen darf nicht eintreten in den Tarifen; sie soll sich aber bethätigen
1) im Bau neuer Linien, Abkürzungslinien, günstigerer Betriebslinien; 2) in der
Art des Betriebes; 3) in der Art der Betriebsmittel. Wir müssen der Tariffrage
hier eine kurze Berücksichtigung zu Theil werden lassen. So gewiß als die Erhal¬
tung einer lebhaften Concurrenz innerhalb der gesammten Eisenbahnverwaltung in
allen übrigen Beziehungen eine unerläßliche Vorbedingung für eine günstige Weiter¬
entwicklung ist, so sicher muß die Concurrenz im Tarifwesen vollständig
beseitigt sein; der Wunsch, dieses Ziel zu erreichen, ist ja einer der Haupt¬
gründe, warum man zum allgemeinen Staatsbahnsystem greift. Es muß also
dem Gesammtstaate vorbehalten bleiben, einfache, durchgreifende Bestimmungen
über die Tarife aufzustellen, welche für alle Provinzen gleichmäßig gelten und
ebenso für die bestehenden, wie die neuzuerbauenden Bahnen. Hat der Staat
volle Freiheit, indem er durch die Rücksicht auf die Rechte der Privatbahnen
nicht mehr beschränkt ist, so wird es nicht allzuschwierig sein, zweckentsprechende
Normen zu finden, sei es, daß man Einheitssätze für den Betriebskilometer vor¬
schreibt, welche auf die Herstellungs- und Erwerbskosten einer Bahnanlage im


züge, sowie die später bereits erwähnten weiteren nochmals recapituliren und
einen und den anderen neuen Punkt hinzufügen, so läßt sich etwa Folgendes
zusammenstellen:

1) Es werden nicht weitere Industriebetriebe von den provinziellen Ver¬
waltungen der Eisenbahnen übernommen werden müssen, als bereits von den
seitherigen Eisenbahnverwaltungen, seien es private, seien es staatliche, betrieben
wurden, denn es bleibt immer noch eine größere Anzahl von Nachfragenden
und Arbeitgebern, welche vielfach verschiedene Interessen haben und verschiedene
Rücksichten nehmen; es können also die Hütten-, Hohofen- und Walzwerke,
Maschinen- und Wagenbau-Anstalten u. s. w. in ihrer privaten Entwicklung
erhalten bleiben.

2) Es wird nicht ein unabsehbares Heer von Staatsbeamten und Staats¬
arbeitern dem Staate eine Last und eine Gefahr sein; denn die Provinzial-
beamten sind als die Privatbeamten einer Provinz zu betrachten.

3) Es wird eine lebendige Weiterentwicklung in unserem Eisenbahnwesen,
in den Constructionen, neuen Erfindungen :c. gesichert bleiben. Ein großer
Theil der Fortschritte in dieser Beziehung wird aus dem Wetteifer und der
Initiative der Fabriken hervorgehen, wodurch deren Stellung wieder eine viel¬
seitigere und lebensvollere wird.

4) Es wird nicht ein unter anderen Verhältnissen unvermeidlicher Sche¬
matismus das frische Leben einer großen Klasse unserer Mitbürger vergiften.

5) Es wird eine gewisse Concurrenz der Provinzen untereinander eintreten.
Auf diesen Punkt wollen wir noch etwas näher eingehen. Eine Concurrenz der
Provinzen darf nicht eintreten in den Tarifen; sie soll sich aber bethätigen
1) im Bau neuer Linien, Abkürzungslinien, günstigerer Betriebslinien; 2) in der
Art des Betriebes; 3) in der Art der Betriebsmittel. Wir müssen der Tariffrage
hier eine kurze Berücksichtigung zu Theil werden lassen. So gewiß als die Erhal¬
tung einer lebhaften Concurrenz innerhalb der gesammten Eisenbahnverwaltung in
allen übrigen Beziehungen eine unerläßliche Vorbedingung für eine günstige Weiter¬
entwicklung ist, so sicher muß die Concurrenz im Tarifwesen vollständig
beseitigt sein; der Wunsch, dieses Ziel zu erreichen, ist ja einer der Haupt¬
gründe, warum man zum allgemeinen Staatsbahnsystem greift. Es muß also
dem Gesammtstaate vorbehalten bleiben, einfache, durchgreifende Bestimmungen
über die Tarife aufzustellen, welche für alle Provinzen gleichmäßig gelten und
ebenso für die bestehenden, wie die neuzuerbauenden Bahnen. Hat der Staat
volle Freiheit, indem er durch die Rücksicht auf die Rechte der Privatbahnen
nicht mehr beschränkt ist, so wird es nicht allzuschwierig sein, zweckentsprechende
Normen zu finden, sei es, daß man Einheitssätze für den Betriebskilometer vor¬
schreibt, welche auf die Herstellungs- und Erwerbskosten einer Bahnanlage im


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[0416] züge, sowie die später bereits erwähnten weiteren nochmals recapituliren und einen und den anderen neuen Punkt hinzufügen, so läßt sich etwa Folgendes zusammenstellen: 1) Es werden nicht weitere Industriebetriebe von den provinziellen Ver¬ waltungen der Eisenbahnen übernommen werden müssen, als bereits von den seitherigen Eisenbahnverwaltungen, seien es private, seien es staatliche, betrieben wurden, denn es bleibt immer noch eine größere Anzahl von Nachfragenden und Arbeitgebern, welche vielfach verschiedene Interessen haben und verschiedene Rücksichten nehmen; es können also die Hütten-, Hohofen- und Walzwerke, Maschinen- und Wagenbau-Anstalten u. s. w. in ihrer privaten Entwicklung erhalten bleiben. 2) Es wird nicht ein unabsehbares Heer von Staatsbeamten und Staats¬ arbeitern dem Staate eine Last und eine Gefahr sein; denn die Provinzial- beamten sind als die Privatbeamten einer Provinz zu betrachten. 3) Es wird eine lebendige Weiterentwicklung in unserem Eisenbahnwesen, in den Constructionen, neuen Erfindungen :c. gesichert bleiben. Ein großer Theil der Fortschritte in dieser Beziehung wird aus dem Wetteifer und der Initiative der Fabriken hervorgehen, wodurch deren Stellung wieder eine viel¬ seitigere und lebensvollere wird. 4) Es wird nicht ein unter anderen Verhältnissen unvermeidlicher Sche¬ matismus das frische Leben einer großen Klasse unserer Mitbürger vergiften. 5) Es wird eine gewisse Concurrenz der Provinzen untereinander eintreten. Auf diesen Punkt wollen wir noch etwas näher eingehen. Eine Concurrenz der Provinzen darf nicht eintreten in den Tarifen; sie soll sich aber bethätigen 1) im Bau neuer Linien, Abkürzungslinien, günstigerer Betriebslinien; 2) in der Art des Betriebes; 3) in der Art der Betriebsmittel. Wir müssen der Tariffrage hier eine kurze Berücksichtigung zu Theil werden lassen. So gewiß als die Erhal¬ tung einer lebhaften Concurrenz innerhalb der gesammten Eisenbahnverwaltung in allen übrigen Beziehungen eine unerläßliche Vorbedingung für eine günstige Weiter¬ entwicklung ist, so sicher muß die Concurrenz im Tarifwesen vollständig beseitigt sein; der Wunsch, dieses Ziel zu erreichen, ist ja einer der Haupt¬ gründe, warum man zum allgemeinen Staatsbahnsystem greift. Es muß also dem Gesammtstaate vorbehalten bleiben, einfache, durchgreifende Bestimmungen über die Tarife aufzustellen, welche für alle Provinzen gleichmäßig gelten und ebenso für die bestehenden, wie die neuzuerbauenden Bahnen. Hat der Staat volle Freiheit, indem er durch die Rücksicht auf die Rechte der Privatbahnen nicht mehr beschränkt ist, so wird es nicht allzuschwierig sein, zweckentsprechende Normen zu finden, sei es, daß man Einheitssätze für den Betriebskilometer vor¬ schreibt, welche auf die Herstellungs- und Erwerbskosten einer Bahnanlage im

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341831_157681/416>, abgerufen am 25.08.2024.