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Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Erstes Quartal.

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solches plattes Zeug nicht geheim? gehalten haben, da Sie es einmal zu thun ver¬
sprochen hatten. Denn Sie mögen machen und singen und sagen, was Sie wollen,
dieß werden alle Langohre yaen von einem Ende Deutschlands zum andern. -- Ich
weiß nicht, macht mich das Wetter hypochondrisch oder ists sonst etwas: ich ver¬
wünsche aus Freundschaft und Anhänglichkeit für Sie Ihre ganze
maurerische Fehde zu allen Teufeln. Sie konnten in diesen Tempel der
Dummheit einen Lichtstrahl fallen lassen, aber das mußte anders angefangen werden,
ohne daß Sie compromittirt wurden. Ihre Freunde mögen zum Theil excellente
Leute sein, aber sie haben Sie aus Unverstand in schlimme Händel verwickelt.
Recht zu haben ist keine Kunst, aber recht schwer ist es oft, den
Schein des Rechts nicht wider sich zu haben. Ihr polternder Herr Moß-
dorf ist gerade der Mann, um Sie in den Verdacht einer Uebereilung zu bringen.
Folgen Sie meinem Rathe wenigstens darin: suchen Sie Sich mit Schröter zu ver¬
ständigen; mißlingt Ihnen das, oder sind Sie verreist, wenn Schröter hier ist, so
weiß ich nicht, was daraus werden wird. Sie haben in ein Wespennest gestört,
das Ihnen die Nase zerstechen und sich nun anderwärts anbauen wird. Denn so
lange die Welt stehen wird, möchte es wol immer nicht lauter Bienen, sondern
Hummeln, Hornissen, Wespen u. s. w. in Menge geben; es ist ja die Ordnung der
Natur. Leben Sie recht wohl Ihr Freund ^tetboxbiws."

Wohl hatte er Recht, der aufrichtige Freund, der in so unverblümter Weise
die Menschen zeichnete, wie sie sind, und so entschieden betonte, daß die niederen
und mittelmäßigen Geister den Ton angeben. Aber so wehmüthig es uns be¬
rührt, daß dem großen Wahrheitsucher nichts beschieden war für sein Streben,
als von denen, für welche er arbeitete, verkannt und -- er, der besser war als
sie alle -- grausamer als ein Bösewicht verfolgt und fast zu Tode gehetzt zu
werden, so ist es doch eine Genugthuung und ein Trost für ideale Naturen,
daß die Nachfahren seiner Verfolger ihn rehabilitirt und sein Andenken gesegnet
haben. Wenn sie die größten und thätigsten ihrer einstigen Bundesbrüder auf¬
zählen, so nennen sie mit an erster Stelle den Namen Krause, und sie thun
recht daran.

In wesentlicher Uebereinstimmung mit Graf Geßler schrieb um dieselbe
Zeit ein Freimaurer Götze aus Leipzig an Krause:

"Sie haben Sich viele Feinde durch die Herausgabe der drei ältesten Kunst¬
urkunden unter den Logenmcmreru zugezogen und auch manchen trefflichen und red¬
lich gesinnten Bruder wider sich eingenommen; damit haben Sie nun der Ausbrei¬
tung und Verwirklichung Ihrer Ideen wesentlichen Abbruch gethan. Warum beun¬
ruhigten Sie die Logennester? worin noch Niemand Honig fand, aber selten einer,
der sie störte, üngestochen davon kam. Warum machten Sie Gebräuche bekannt, die
schon so oft gedruckt sind, und ladeten den Vorwurf des Verraths auf sich? Es


solches plattes Zeug nicht geheim? gehalten haben, da Sie es einmal zu thun ver¬
sprochen hatten. Denn Sie mögen machen und singen und sagen, was Sie wollen,
dieß werden alle Langohre yaen von einem Ende Deutschlands zum andern. — Ich
weiß nicht, macht mich das Wetter hypochondrisch oder ists sonst etwas: ich ver¬
wünsche aus Freundschaft und Anhänglichkeit für Sie Ihre ganze
maurerische Fehde zu allen Teufeln. Sie konnten in diesen Tempel der
Dummheit einen Lichtstrahl fallen lassen, aber das mußte anders angefangen werden,
ohne daß Sie compromittirt wurden. Ihre Freunde mögen zum Theil excellente
Leute sein, aber sie haben Sie aus Unverstand in schlimme Händel verwickelt.
Recht zu haben ist keine Kunst, aber recht schwer ist es oft, den
Schein des Rechts nicht wider sich zu haben. Ihr polternder Herr Moß-
dorf ist gerade der Mann, um Sie in den Verdacht einer Uebereilung zu bringen.
Folgen Sie meinem Rathe wenigstens darin: suchen Sie Sich mit Schröter zu ver¬
ständigen; mißlingt Ihnen das, oder sind Sie verreist, wenn Schröter hier ist, so
weiß ich nicht, was daraus werden wird. Sie haben in ein Wespennest gestört,
das Ihnen die Nase zerstechen und sich nun anderwärts anbauen wird. Denn so
lange die Welt stehen wird, möchte es wol immer nicht lauter Bienen, sondern
Hummeln, Hornissen, Wespen u. s. w. in Menge geben; es ist ja die Ordnung der
Natur. Leben Sie recht wohl Ihr Freund ^tetboxbiws."

Wohl hatte er Recht, der aufrichtige Freund, der in so unverblümter Weise
die Menschen zeichnete, wie sie sind, und so entschieden betonte, daß die niederen
und mittelmäßigen Geister den Ton angeben. Aber so wehmüthig es uns be¬
rührt, daß dem großen Wahrheitsucher nichts beschieden war für sein Streben,
als von denen, für welche er arbeitete, verkannt und — er, der besser war als
sie alle — grausamer als ein Bösewicht verfolgt und fast zu Tode gehetzt zu
werden, so ist es doch eine Genugthuung und ein Trost für ideale Naturen,
daß die Nachfahren seiner Verfolger ihn rehabilitirt und sein Andenken gesegnet
haben. Wenn sie die größten und thätigsten ihrer einstigen Bundesbrüder auf¬
zählen, so nennen sie mit an erster Stelle den Namen Krause, und sie thun
recht daran.

In wesentlicher Uebereinstimmung mit Graf Geßler schrieb um dieselbe
Zeit ein Freimaurer Götze aus Leipzig an Krause:

„Sie haben Sich viele Feinde durch die Herausgabe der drei ältesten Kunst¬
urkunden unter den Logenmcmreru zugezogen und auch manchen trefflichen und red¬
lich gesinnten Bruder wider sich eingenommen; damit haben Sie nun der Ausbrei¬
tung und Verwirklichung Ihrer Ideen wesentlichen Abbruch gethan. Warum beun¬
ruhigten Sie die Logennester? worin noch Niemand Honig fand, aber selten einer,
der sie störte, üngestochen davon kam. Warum machten Sie Gebräuche bekannt, die
schon so oft gedruckt sind, und ladeten den Vorwurf des Verraths auf sich? Es


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341831_157681/214>, abgerufen am 03.07.2024.