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Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Erstes Quartal.

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zu geben versprach, beizufügen. In diesem Sinne ergingen die für Krause sehr
ehrenvollen Antwortschreiben.

Inzwischen konnte es nicht fehlen, daß sich auch abweichende Ansichten in
der Dresdner Loge geltend machten, und als sechs hochgestellte Mitglieder der¬
selben darauf antrugen, daß Krause und Moßdvrf aus der Loge zu entfernen
seien, wurde beschlossen, ein Comite zu wählen, welches eine Prüfung der dem¬
nächst erscheinenden Schrift vorzunehmen habe. Allein die entschiedene Stellung
Krauses, welcher bei der ganzen Angelegenheit immer nur seinen eignen Willen
mit unbeugsamer Festigkeit befolgt und schließlich sogar das Verlangen der Loge,
das Buch zur Beruhigung ihrer Mitglieder einem Comite zur Prüfung vorzu¬
legen, abgelehnt, dagegen das Buch nachher ohne weitere Anfrage an die Sub-
scribenten vertheilt hatte, steigerte die Aufregung, und obwohl alle, die das
Werk gelesen hatten, erklärten, daß sie nichts in demselben gefunden hätten,
was für eine Verletzung der maurerischen Verschwiegenheit und sonnt für strafbar
zu halten sei, kam es doch schließlich am 17. December 1810 in einer Meister¬
sitzung zu dem wunderlich stilisirten Mehrheitsbeschlusse: "daß die Brüder Krause
und Moßdorf, ohne Rücksicht auf irgend einen Antrag, wegen einer angekündigten,
aber noch Niemand bekannten Schrift von der Loge auszuschließen, sondern nur
erst nach genauer Prüfung sothanem Buches wegen einiger in demselben aufge¬
stellten Meinungen und Grundsätze auf unbestimmte Zeit aus der Loge ... zu
entfernen seien." Dieser Beschluß sollte also nicht als von den vorstellig ge¬
wordenen andern Logen veranlaßt, sondern als aus der eignen Initiative der
Dresdner Loge hervorgegangen erscheinen.

Es steht Nichtmaurern nicht zu, über diesen Beschluß abzusprechen; auch
persönliche Freunde waren, nicht sowohl in der Sache, als in der Form, um
die es sich, zwar nicht ausschließlich, aber doch in erster Linie handelte, gegen
Krause. So schrieb kurze Zeit nach Krauses Ausstoßung, als der ganze Heer¬
bann der conservativen, Krause feindlichen Freimaurer über denselben herfiel,
sein Freund Graf Geßler, eine treue, aufrichtige, aber praktische, realistische
Natur, folgenden drastischen Brief an ihn:

" ... Bei von der B. habe ich mit Verwunderung gehört, daß auch dieser schreit,
ohne sagen zu können: worüber. Ich bitte Sie dringend, geben Sie Sich mit dieser
Heerde Dummköpfe nicht mehr ab. Es hat ja von allen diesen armseligen Burschen
nicht einer eine deutliche Idee im Kopfe, und was ein bischen gescheut ist, geht so
bald heraus. Es kann mir wurmen, wenn ich sehe, mit was für schofeln Volk
Sie Sich herumzanken und vorwerfen lassen müssen, Sie hätten meineidig ihre Ge¬
heimnisse entweiht und bekannt gemacht. Von Gassenködern todtgebissen zu werden,
ist doch wahrlich ein erbärmlicher Tod. Es lacht Gottlob über die Geheimnisse
der Maurerei jeder, aber desto weniger wird man es Ihnen verzeihen, daß Sie


zu geben versprach, beizufügen. In diesem Sinne ergingen die für Krause sehr
ehrenvollen Antwortschreiben.

Inzwischen konnte es nicht fehlen, daß sich auch abweichende Ansichten in
der Dresdner Loge geltend machten, und als sechs hochgestellte Mitglieder der¬
selben darauf antrugen, daß Krause und Moßdvrf aus der Loge zu entfernen
seien, wurde beschlossen, ein Comite zu wählen, welches eine Prüfung der dem¬
nächst erscheinenden Schrift vorzunehmen habe. Allein die entschiedene Stellung
Krauses, welcher bei der ganzen Angelegenheit immer nur seinen eignen Willen
mit unbeugsamer Festigkeit befolgt und schließlich sogar das Verlangen der Loge,
das Buch zur Beruhigung ihrer Mitglieder einem Comite zur Prüfung vorzu¬
legen, abgelehnt, dagegen das Buch nachher ohne weitere Anfrage an die Sub-
scribenten vertheilt hatte, steigerte die Aufregung, und obwohl alle, die das
Werk gelesen hatten, erklärten, daß sie nichts in demselben gefunden hätten,
was für eine Verletzung der maurerischen Verschwiegenheit und sonnt für strafbar
zu halten sei, kam es doch schließlich am 17. December 1810 in einer Meister¬
sitzung zu dem wunderlich stilisirten Mehrheitsbeschlusse: „daß die Brüder Krause
und Moßdorf, ohne Rücksicht auf irgend einen Antrag, wegen einer angekündigten,
aber noch Niemand bekannten Schrift von der Loge auszuschließen, sondern nur
erst nach genauer Prüfung sothanem Buches wegen einiger in demselben aufge¬
stellten Meinungen und Grundsätze auf unbestimmte Zeit aus der Loge ... zu
entfernen seien." Dieser Beschluß sollte also nicht als von den vorstellig ge¬
wordenen andern Logen veranlaßt, sondern als aus der eignen Initiative der
Dresdner Loge hervorgegangen erscheinen.

Es steht Nichtmaurern nicht zu, über diesen Beschluß abzusprechen; auch
persönliche Freunde waren, nicht sowohl in der Sache, als in der Form, um
die es sich, zwar nicht ausschließlich, aber doch in erster Linie handelte, gegen
Krause. So schrieb kurze Zeit nach Krauses Ausstoßung, als der ganze Heer¬
bann der conservativen, Krause feindlichen Freimaurer über denselben herfiel,
sein Freund Graf Geßler, eine treue, aufrichtige, aber praktische, realistische
Natur, folgenden drastischen Brief an ihn:

„ ... Bei von der B. habe ich mit Verwunderung gehört, daß auch dieser schreit,
ohne sagen zu können: worüber. Ich bitte Sie dringend, geben Sie Sich mit dieser
Heerde Dummköpfe nicht mehr ab. Es hat ja von allen diesen armseligen Burschen
nicht einer eine deutliche Idee im Kopfe, und was ein bischen gescheut ist, geht so
bald heraus. Es kann mir wurmen, wenn ich sehe, mit was für schofeln Volk
Sie Sich herumzanken und vorwerfen lassen müssen, Sie hätten meineidig ihre Ge¬
heimnisse entweiht und bekannt gemacht. Von Gassenködern todtgebissen zu werden,
ist doch wahrlich ein erbärmlicher Tod. Es lacht Gottlob über die Geheimnisse
der Maurerei jeder, aber desto weniger wird man es Ihnen verzeihen, daß Sie


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341831_157681/213>, abgerufen am 03.07.2024.