scheint häufig genug die Vergötterung oder doch Beseelung der Gestirne, bald als Frucht andächtiger und poesievvller Erhebung des Gemüths uuter dem Ein¬ drucke des sternenbesäten Nachthimmels, bald nüchterner als eine Annahme vergleichenden, ergänzenden, von der Gottheit zur Erdenwelt allmählich abstei¬ genden Neflectirens. Auch Fechuers verwandte Ansicht ist theils durch jene Be¬ dürfnisse eines Gemüths, das nur mit lebendigen, beseelten Wesen zu thun haben will, theils durch den Gang seines Analogieverfahrens bedingt und getragen. Vor allem muß ihm hierbei daran gelegen sein, einzuschärfen, daß er unter dem Weltkörper nicht nur den mineralischen Träger organischen Lebens und beseelter Wesen verstehe, sondern den totalen Inbegriff des Daseins, welcher aus dem Träger und allem Getragenen sich zusammensetzt. "Erde" heißt ihm also nicht der bloße Erdball ohne Pflanzen, Thiere, Menschen, sondern das gestimmte Erdtafeln und Erdleben mit Allem, was auf jenem wächst, kreucht, fleucht, fühlt und denkt, was ja auch alles durch das Gesetz der Schwere ihm verhaftet bleibt. Pflanzen, Thiere, Menschen sind Glieder dieses allgemeinen Erdwesens, wie Felsen, Steine, Meere, Flüsse, Atmosphäre solche Glieder sind, nur selbständiger als diese, jedoch in einer Reihenfolge stufenweise und stetig zunehmender Selb¬ ständigkeit mit dem scheinbar todten verbunden. Dieses Reich niederer und höherer, ärmerer und reicherer Seelenwesen ist ein Reich von Gliedern eines Wesens, des Erdwesens, das sie alle an sich, in sich und unter sich hat. Der bewußte Geist und die empfindende Seele dieses Erdwesens umfaßt alle die Empfindungsobjecte und Bewußtseinsinhalte jener seiner Gliedwesen mit in sich: der Erdgeist weiß unser Wissen, sieht unser Sehen; unser Aller Inneres, das Innere aller seiner Geschöpfe, ist ihm als ein einheitliches Ganze Gegenstand seines Innern, seines übergreifend erinnernden Bewußtseins. So ist es hier ein über den Menschen hinaus auswärts gehendes Analogieverfahren, welches die "Tagesansicht" trägt, und leicht ist es nunmehr, auf gleichem Wege weiter nach oben, weiter ins immer allgemeinere und umfassendere zu gehen. Fechner hält sich nicht bei den Zwischenstadien auf. Im Grunde könnte ihn nichts hindern, vielmehr alles Bisherige fast nöthigen, auch von einem zusammen¬ fassenden Sonderbewußtsein einzelner Sonnensysteme und einem höheren Central- bewußsein, das mehrere Fixsternsysteme unter sich befaßte, zu sprechen. Er liebt statt dessen, die einzelnen Gestirne nur unter sich zu vergleichen und als ver¬ schiedene Individuen anzusehen von verschiedener Reife und Vollkommenheit, welche sämmtlich reichsunmittelbar zu dem allumfassenden göttlichen Bewußtsein stehen. "Der Abstand zwischen uns und Gott ist groß; sie sind eine Zwischen¬ stufe zwischen uns und Gott" (S. 31). So steigt "im Sinne der Tagesansicht über der Welt der einzelnen menschlichen Bewußtseinskreise eine höhere Welt in den Bewußtseinskreisen der Gestirne auf, und hat der hochentwickelte Menschen-
scheint häufig genug die Vergötterung oder doch Beseelung der Gestirne, bald als Frucht andächtiger und poesievvller Erhebung des Gemüths uuter dem Ein¬ drucke des sternenbesäten Nachthimmels, bald nüchterner als eine Annahme vergleichenden, ergänzenden, von der Gottheit zur Erdenwelt allmählich abstei¬ genden Neflectirens. Auch Fechuers verwandte Ansicht ist theils durch jene Be¬ dürfnisse eines Gemüths, das nur mit lebendigen, beseelten Wesen zu thun haben will, theils durch den Gang seines Analogieverfahrens bedingt und getragen. Vor allem muß ihm hierbei daran gelegen sein, einzuschärfen, daß er unter dem Weltkörper nicht nur den mineralischen Träger organischen Lebens und beseelter Wesen verstehe, sondern den totalen Inbegriff des Daseins, welcher aus dem Träger und allem Getragenen sich zusammensetzt. „Erde" heißt ihm also nicht der bloße Erdball ohne Pflanzen, Thiere, Menschen, sondern das gestimmte Erdtafeln und Erdleben mit Allem, was auf jenem wächst, kreucht, fleucht, fühlt und denkt, was ja auch alles durch das Gesetz der Schwere ihm verhaftet bleibt. Pflanzen, Thiere, Menschen sind Glieder dieses allgemeinen Erdwesens, wie Felsen, Steine, Meere, Flüsse, Atmosphäre solche Glieder sind, nur selbständiger als diese, jedoch in einer Reihenfolge stufenweise und stetig zunehmender Selb¬ ständigkeit mit dem scheinbar todten verbunden. Dieses Reich niederer und höherer, ärmerer und reicherer Seelenwesen ist ein Reich von Gliedern eines Wesens, des Erdwesens, das sie alle an sich, in sich und unter sich hat. Der bewußte Geist und die empfindende Seele dieses Erdwesens umfaßt alle die Empfindungsobjecte und Bewußtseinsinhalte jener seiner Gliedwesen mit in sich: der Erdgeist weiß unser Wissen, sieht unser Sehen; unser Aller Inneres, das Innere aller seiner Geschöpfe, ist ihm als ein einheitliches Ganze Gegenstand seines Innern, seines übergreifend erinnernden Bewußtseins. So ist es hier ein über den Menschen hinaus auswärts gehendes Analogieverfahren, welches die „Tagesansicht" trägt, und leicht ist es nunmehr, auf gleichem Wege weiter nach oben, weiter ins immer allgemeinere und umfassendere zu gehen. Fechner hält sich nicht bei den Zwischenstadien auf. Im Grunde könnte ihn nichts hindern, vielmehr alles Bisherige fast nöthigen, auch von einem zusammen¬ fassenden Sonderbewußtsein einzelner Sonnensysteme und einem höheren Central- bewußsein, das mehrere Fixsternsysteme unter sich befaßte, zu sprechen. Er liebt statt dessen, die einzelnen Gestirne nur unter sich zu vergleichen und als ver¬ schiedene Individuen anzusehen von verschiedener Reife und Vollkommenheit, welche sämmtlich reichsunmittelbar zu dem allumfassenden göttlichen Bewußtsein stehen. „Der Abstand zwischen uns und Gott ist groß; sie sind eine Zwischen¬ stufe zwischen uns und Gott" (S. 31). So steigt „im Sinne der Tagesansicht über der Welt der einzelnen menschlichen Bewußtseinskreise eine höhere Welt in den Bewußtseinskreisen der Gestirne auf, und hat der hochentwickelte Menschen-
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[0542]
scheint häufig genug die Vergötterung oder doch Beseelung der Gestirne, bald
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drucke des sternenbesäten Nachthimmels, bald nüchterner als eine Annahme
vergleichenden, ergänzenden, von der Gottheit zur Erdenwelt allmählich abstei¬
genden Neflectirens. Auch Fechuers verwandte Ansicht ist theils durch jene Be¬
dürfnisse eines Gemüths, das nur mit lebendigen, beseelten Wesen zu thun haben
will, theils durch den Gang seines Analogieverfahrens bedingt und getragen.
Vor allem muß ihm hierbei daran gelegen sein, einzuschärfen, daß er unter dem
Weltkörper nicht nur den mineralischen Träger organischen Lebens und beseelter
Wesen verstehe, sondern den totalen Inbegriff des Daseins, welcher aus dem
Träger und allem Getragenen sich zusammensetzt. „Erde" heißt ihm also nicht
der bloße Erdball ohne Pflanzen, Thiere, Menschen, sondern das gestimmte
Erdtafeln und Erdleben mit Allem, was auf jenem wächst, kreucht, fleucht, fühlt
und denkt, was ja auch alles durch das Gesetz der Schwere ihm verhaftet bleibt.
Pflanzen, Thiere, Menschen sind Glieder dieses allgemeinen Erdwesens, wie
Felsen, Steine, Meere, Flüsse, Atmosphäre solche Glieder sind, nur selbständiger
als diese, jedoch in einer Reihenfolge stufenweise und stetig zunehmender Selb¬
ständigkeit mit dem scheinbar todten verbunden. Dieses Reich niederer und
höherer, ärmerer und reicherer Seelenwesen ist ein Reich von Gliedern eines
Wesens, des Erdwesens, das sie alle an sich, in sich und unter sich hat. Der
bewußte Geist und die empfindende Seele dieses Erdwesens umfaßt alle die
Empfindungsobjecte und Bewußtseinsinhalte jener seiner Gliedwesen mit in sich:
der Erdgeist weiß unser Wissen, sieht unser Sehen; unser Aller Inneres, das
Innere aller seiner Geschöpfe, ist ihm als ein einheitliches Ganze Gegenstand
seines Innern, seines übergreifend erinnernden Bewußtseins. So ist es hier
ein über den Menschen hinaus auswärts gehendes Analogieverfahren, welches
die „Tagesansicht" trägt, und leicht ist es nunmehr, auf gleichem Wege weiter
nach oben, weiter ins immer allgemeinere und umfassendere zu gehen. Fechner
hält sich nicht bei den Zwischenstadien auf. Im Grunde könnte ihn nichts
hindern, vielmehr alles Bisherige fast nöthigen, auch von einem zusammen¬
fassenden Sonderbewußtsein einzelner Sonnensysteme und einem höheren Central-
bewußsein, das mehrere Fixsternsysteme unter sich befaßte, zu sprechen. Er liebt
statt dessen, die einzelnen Gestirne nur unter sich zu vergleichen und als ver¬
schiedene Individuen anzusehen von verschiedener Reife und Vollkommenheit,
welche sämmtlich reichsunmittelbar zu dem allumfassenden göttlichen Bewußtsein
stehen. „Der Abstand zwischen uns und Gott ist groß; sie sind eine Zwischen¬
stufe zwischen uns und Gott" (S. 31). So steigt „im Sinne der Tagesansicht
über der Welt der einzelnen menschlichen Bewußtseinskreise eine höhere Welt in
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Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341831_157679/542>, abgerufen am 24.01.2025.
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