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Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Zweites Quartal.

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er wird ungünstig. Damit aber ist zugleich einerseits ein ungemein wirksamer
Sporn zum vermehrten Waarenexport gegeben und andererseits ein Hemmschuh
für den Import. Denn jeder Exporteur genießt nun neben dem gewöhnlichen
Gewinn vom Verkaufe seiner Waare noch einen Extraprofit von dem hohen
Wechselcours, er kann die Forderung ans Ausland, die er jetzt hat, theuerer
als zu anderen Zeiten verkaufen, während umgekehrt der Importeur einen ähn¬
lichen Verlust erleidet"). Gewinn und Verlust mögen gering sein, allein sie
sind sicher; und ein sicherer und überdies mühelos zu erwerbender Profit auch
nur von einem halben Procent thut, ebenso wie ein entsprechender Verlust, schon
eine gewaltige Wirkung. Ist nun aber die daraufhin erfolgte Vermehrung des
Exports, bez. die Verminderung des Imports uicht so beträchtlich, daß der
Unterschied dem Betrage der Summe, die ins Ausland geschickt werden soll,
gleichkommt, so wird der Wechselcours fort und fort steigen, bis es sich ver¬
lohnt, Geld in Metall zu exportiren. Die Ausfuhr von Geld, wenn es sich
nicht bloß um kleinere Quantitäten handelt, verursacht ein Steigen im Preise
dieses Artikels, d. h. also ein Sinken im Preise der Waaren, während im Aus¬
lande das Umgekehrte stattfindet. Also ein neuer mächtiger Antrieb zur Ver¬
mehrung des Exports und Verminderung des Imports von Waaren. Und
diese beiden Impulse, der hohe Wechselcours und der hohe Preis des Geldes
werden, beide sich sortgesetzt steigernd, so lange andauern, bis die Capitalüber¬
tragung vollendet ist, oder ganz und regelmäßig durch vermehrten Export von
Waaren gedeckt wird. Wenn die Zahlungen, die ein Volk dem Auslande macht,
in bestimmten Fristen wiederkehrende sind, in einem Jahre ungefähr soviel wie
in dem anderen, also etwa Zinsen von geliehenen Capitalien, regelmäßige Kon¬
tributionen und tgi., so werden sich in der Regel sehr bald Mittel und Wege
gefunden haben, um den ganzen Betrag durch vermehrte Ausfuhr zu decken,
und der Wechselcours sinkt dann wieder auf sein gewöhnliches Niveau zurück."")

Für Waaren, deren Ausfuhr auf Grund irgend welcher nicht durch die
natürliche Handelsbewegung veranlaßten Zahlungen ans Ausland erfolgt ist,
kann selbstverständlich keine entsprechende Einfuhr erkauft werden, es kommt
nichts dafür zurück -- wenigstens vorerst nicht, und was später geschehen mag,
wenn etwa geliehene Capitalien zu verzinsen oder zurückzuzahlen sind, kümmert
uns hier nicht; vorläufig ist jedenfalls das Geschäft zu Ende, und jeder hat,
was ihm gebührt, sobald die ausgeführten Waaren am Bestimmungsorte ange¬
langt und verkauft sind. Es ist also nur der Export des betreffenden Landes,




*) Vgl. I. Se, Mill, Vi-invixlos 05 l>o1. IZeo". III, 20, A 3.
**) Ein plötzliches Aufhören solcher Zahlungen würde dann freilich leicht schlimme
Krisen hervorrufen.

er wird ungünstig. Damit aber ist zugleich einerseits ein ungemein wirksamer
Sporn zum vermehrten Waarenexport gegeben und andererseits ein Hemmschuh
für den Import. Denn jeder Exporteur genießt nun neben dem gewöhnlichen
Gewinn vom Verkaufe seiner Waare noch einen Extraprofit von dem hohen
Wechselcours, er kann die Forderung ans Ausland, die er jetzt hat, theuerer
als zu anderen Zeiten verkaufen, während umgekehrt der Importeur einen ähn¬
lichen Verlust erleidet"). Gewinn und Verlust mögen gering sein, allein sie
sind sicher; und ein sicherer und überdies mühelos zu erwerbender Profit auch
nur von einem halben Procent thut, ebenso wie ein entsprechender Verlust, schon
eine gewaltige Wirkung. Ist nun aber die daraufhin erfolgte Vermehrung des
Exports, bez. die Verminderung des Imports uicht so beträchtlich, daß der
Unterschied dem Betrage der Summe, die ins Ausland geschickt werden soll,
gleichkommt, so wird der Wechselcours fort und fort steigen, bis es sich ver¬
lohnt, Geld in Metall zu exportiren. Die Ausfuhr von Geld, wenn es sich
nicht bloß um kleinere Quantitäten handelt, verursacht ein Steigen im Preise
dieses Artikels, d. h. also ein Sinken im Preise der Waaren, während im Aus¬
lande das Umgekehrte stattfindet. Also ein neuer mächtiger Antrieb zur Ver¬
mehrung des Exports und Verminderung des Imports von Waaren. Und
diese beiden Impulse, der hohe Wechselcours und der hohe Preis des Geldes
werden, beide sich sortgesetzt steigernd, so lange andauern, bis die Capitalüber¬
tragung vollendet ist, oder ganz und regelmäßig durch vermehrten Export von
Waaren gedeckt wird. Wenn die Zahlungen, die ein Volk dem Auslande macht,
in bestimmten Fristen wiederkehrende sind, in einem Jahre ungefähr soviel wie
in dem anderen, also etwa Zinsen von geliehenen Capitalien, regelmäßige Kon¬
tributionen und tgi., so werden sich in der Regel sehr bald Mittel und Wege
gefunden haben, um den ganzen Betrag durch vermehrte Ausfuhr zu decken,
und der Wechselcours sinkt dann wieder auf sein gewöhnliches Niveau zurück."")

Für Waaren, deren Ausfuhr auf Grund irgend welcher nicht durch die
natürliche Handelsbewegung veranlaßten Zahlungen ans Ausland erfolgt ist,
kann selbstverständlich keine entsprechende Einfuhr erkauft werden, es kommt
nichts dafür zurück — wenigstens vorerst nicht, und was später geschehen mag,
wenn etwa geliehene Capitalien zu verzinsen oder zurückzuzahlen sind, kümmert
uns hier nicht; vorläufig ist jedenfalls das Geschäft zu Ende, und jeder hat,
was ihm gebührt, sobald die ausgeführten Waaren am Bestimmungsorte ange¬
langt und verkauft sind. Es ist also nur der Export des betreffenden Landes,




*) Vgl. I. Se, Mill, Vi-invixlos 05 l>o1. IZeo». III, 20, A 3.
**) Ein plötzliches Aufhören solcher Zahlungen würde dann freilich leicht schlimme
Krisen hervorrufen.
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[0142] er wird ungünstig. Damit aber ist zugleich einerseits ein ungemein wirksamer Sporn zum vermehrten Waarenexport gegeben und andererseits ein Hemmschuh für den Import. Denn jeder Exporteur genießt nun neben dem gewöhnlichen Gewinn vom Verkaufe seiner Waare noch einen Extraprofit von dem hohen Wechselcours, er kann die Forderung ans Ausland, die er jetzt hat, theuerer als zu anderen Zeiten verkaufen, während umgekehrt der Importeur einen ähn¬ lichen Verlust erleidet"). Gewinn und Verlust mögen gering sein, allein sie sind sicher; und ein sicherer und überdies mühelos zu erwerbender Profit auch nur von einem halben Procent thut, ebenso wie ein entsprechender Verlust, schon eine gewaltige Wirkung. Ist nun aber die daraufhin erfolgte Vermehrung des Exports, bez. die Verminderung des Imports uicht so beträchtlich, daß der Unterschied dem Betrage der Summe, die ins Ausland geschickt werden soll, gleichkommt, so wird der Wechselcours fort und fort steigen, bis es sich ver¬ lohnt, Geld in Metall zu exportiren. Die Ausfuhr von Geld, wenn es sich nicht bloß um kleinere Quantitäten handelt, verursacht ein Steigen im Preise dieses Artikels, d. h. also ein Sinken im Preise der Waaren, während im Aus¬ lande das Umgekehrte stattfindet. Also ein neuer mächtiger Antrieb zur Ver¬ mehrung des Exports und Verminderung des Imports von Waaren. Und diese beiden Impulse, der hohe Wechselcours und der hohe Preis des Geldes werden, beide sich sortgesetzt steigernd, so lange andauern, bis die Capitalüber¬ tragung vollendet ist, oder ganz und regelmäßig durch vermehrten Export von Waaren gedeckt wird. Wenn die Zahlungen, die ein Volk dem Auslande macht, in bestimmten Fristen wiederkehrende sind, in einem Jahre ungefähr soviel wie in dem anderen, also etwa Zinsen von geliehenen Capitalien, regelmäßige Kon¬ tributionen und tgi., so werden sich in der Regel sehr bald Mittel und Wege gefunden haben, um den ganzen Betrag durch vermehrte Ausfuhr zu decken, und der Wechselcours sinkt dann wieder auf sein gewöhnliches Niveau zurück."") Für Waaren, deren Ausfuhr auf Grund irgend welcher nicht durch die natürliche Handelsbewegung veranlaßten Zahlungen ans Ausland erfolgt ist, kann selbstverständlich keine entsprechende Einfuhr erkauft werden, es kommt nichts dafür zurück — wenigstens vorerst nicht, und was später geschehen mag, wenn etwa geliehene Capitalien zu verzinsen oder zurückzuzahlen sind, kümmert uns hier nicht; vorläufig ist jedenfalls das Geschäft zu Ende, und jeder hat, was ihm gebührt, sobald die ausgeführten Waaren am Bestimmungsorte ange¬ langt und verkauft sind. Es ist also nur der Export des betreffenden Landes, *) Vgl. I. Se, Mill, Vi-invixlos 05 l>o1. IZeo». III, 20, A 3. **) Ein plötzliches Aufhören solcher Zahlungen würde dann freilich leicht schlimme Krisen hervorrufen.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341831_157679/142>, abgerufen am 22.07.2024.