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Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Drittes Quartal.

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Auch in anderen Beziehungen hatte sich die Lage der Jesuiten so sehr verbessert,
daß der Pater Superior Ragueneau im Jahre 1649 dem Jesuitengeneral in
Rom schreiben konnte, eine Vermehrung der ihnen bewilligten Geldunterstützung
sei nicht nöthig. Nach demselben Schreiben trieben sie mit Erfolg Ackerbau,
so daß sie für drei Jahre Getreide in ihren Magazinen hatten. Die Jagd
und die Fischerei lieferten weitere Nahrungsmittel, und die Niederlassung besaß
Geflügel, Schweine und selbst Rinder.

Im März des Jahres 1649 befanden sich im Hnronenlande und dessen
Nachbarschaft 18 Jesuitenpriester, 4 Laienbrüder, 23 Männer französischer
Abkunft, die ohne Lohn dienten, 7 gemiethete Leute, 8 Soldaten und 4 Jungen.
Hiervon waren, 15 Priester in den verschiedenen Missionen beschäftigt, die
übrigen hielten sich dauernd in Sande Marie auf. Methode, Mannszucht,
Unterwürfigkeit beherrschten Alles. Einigen Leuten war die Hausarbeit zuge¬
wiesen, andern das Hospital, die Verstärkung der Festungswerke und die Be¬
stellung der Felder. Alle Laien verstanden sich auf den Gebrauch der Waffen.
Der Pater Superior leitete und beaufsichtigte das Ganze mit Hilfe zweier
anderen Priester. Zwei oder drei Mal im Jahre versammelten sich alle Priester
in Sande Marie zum Bericht über die letzte Vergangenheit und zur Berathung
über die nächste Zukunft. Wie die Zitadelle und das Magazin, fo war auch
die Stadt der Sitz einer reichen Gastfreundschaft. An jedem zweiten Sonnabend
sowie an hohen Festtagen strömten die Bekehrten von nahe und fern herbei,
um am Gottesdienste theilzunehmen und sich dann diesen Tag sowie die beiden
folgenden bewirthen zu lassen. Auch an andern Tagen waren Gäste willkommen,
und da jeder drei Mahlzeiten erhielt, so stellten sich während der Hungersnoth von
1647 gegen 3000 ein, und im folgenden Jahre verdoppelte sich diese Zahl. Auch
heidnische Indianer wurden aufgenommen und gespeist, durften aber des Nachts
nicht dableiben. Wie der Leib, bekam selbstverständlich anch die Seele reichliche
Nahrung, und nie verließ ein Christ oder Heide die Stadt, ohne ein Wort der
Belehrung und Ermahnung mit auf den Weg zu nehmen.

Alles stand also gut und versprach noch besser zu werden, als der Jro-
kesenkrieg sich den Grenzen näherte. Schon 1648 hatte es ein großes Unglück
gegeben. Eine Huronenflotte, mit 250 der besten Krieger bemannt, war nach
der französischen Kolonie Three Rivers abgegangen, um gegen Pelzwerk die den
Wilden unentbehrlich gewordenen Kessel, Messer und Beile einzutauschen. In
der Nähe des Ortes entdeckten sie eine Schaar von Irokesen, die von ihnen
sofort angegriffen und in die Flucht geschlagen wurde, wobei viele erschossen
und zu Gefangenen gemacht wurden. Es war ein schöner Triumph nach
manchen Niederlagen, als die Sieger nach Beendigung ihrer Geschäfte nach


Auch in anderen Beziehungen hatte sich die Lage der Jesuiten so sehr verbessert,
daß der Pater Superior Ragueneau im Jahre 1649 dem Jesuitengeneral in
Rom schreiben konnte, eine Vermehrung der ihnen bewilligten Geldunterstützung
sei nicht nöthig. Nach demselben Schreiben trieben sie mit Erfolg Ackerbau,
so daß sie für drei Jahre Getreide in ihren Magazinen hatten. Die Jagd
und die Fischerei lieferten weitere Nahrungsmittel, und die Niederlassung besaß
Geflügel, Schweine und selbst Rinder.

Im März des Jahres 1649 befanden sich im Hnronenlande und dessen
Nachbarschaft 18 Jesuitenpriester, 4 Laienbrüder, 23 Männer französischer
Abkunft, die ohne Lohn dienten, 7 gemiethete Leute, 8 Soldaten und 4 Jungen.
Hiervon waren, 15 Priester in den verschiedenen Missionen beschäftigt, die
übrigen hielten sich dauernd in Sande Marie auf. Methode, Mannszucht,
Unterwürfigkeit beherrschten Alles. Einigen Leuten war die Hausarbeit zuge¬
wiesen, andern das Hospital, die Verstärkung der Festungswerke und die Be¬
stellung der Felder. Alle Laien verstanden sich auf den Gebrauch der Waffen.
Der Pater Superior leitete und beaufsichtigte das Ganze mit Hilfe zweier
anderen Priester. Zwei oder drei Mal im Jahre versammelten sich alle Priester
in Sande Marie zum Bericht über die letzte Vergangenheit und zur Berathung
über die nächste Zukunft. Wie die Zitadelle und das Magazin, fo war auch
die Stadt der Sitz einer reichen Gastfreundschaft. An jedem zweiten Sonnabend
sowie an hohen Festtagen strömten die Bekehrten von nahe und fern herbei,
um am Gottesdienste theilzunehmen und sich dann diesen Tag sowie die beiden
folgenden bewirthen zu lassen. Auch an andern Tagen waren Gäste willkommen,
und da jeder drei Mahlzeiten erhielt, so stellten sich während der Hungersnoth von
1647 gegen 3000 ein, und im folgenden Jahre verdoppelte sich diese Zahl. Auch
heidnische Indianer wurden aufgenommen und gespeist, durften aber des Nachts
nicht dableiben. Wie der Leib, bekam selbstverständlich anch die Seele reichliche
Nahrung, und nie verließ ein Christ oder Heide die Stadt, ohne ein Wort der
Belehrung und Ermahnung mit auf den Weg zu nehmen.

Alles stand also gut und versprach noch besser zu werden, als der Jro-
kesenkrieg sich den Grenzen näherte. Schon 1648 hatte es ein großes Unglück
gegeben. Eine Huronenflotte, mit 250 der besten Krieger bemannt, war nach
der französischen Kolonie Three Rivers abgegangen, um gegen Pelzwerk die den
Wilden unentbehrlich gewordenen Kessel, Messer und Beile einzutauschen. In
der Nähe des Ortes entdeckten sie eine Schaar von Irokesen, die von ihnen
sofort angegriffen und in die Flucht geschlagen wurde, wobei viele erschossen
und zu Gefangenen gemacht wurden. Es war ein schöner Triumph nach
manchen Niederlagen, als die Sieger nach Beendigung ihrer Geschäfte nach


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341829_157673/417>, abgerufen am 27.07.2024.