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Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Drittes Quartal.

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In Folge dessen sieht es das Publikum, das heute an der volkswirtschaftlichen
Tragweite der Eisenbahnen ja nicht den geringsten Zweisel mehr hegt, mit
Recht als eine leichte Sache an, eine neue Bahn zu entwerfen und auszubauen,
und hat alle Vorstellung verloren für die mannigfaltigen und großen Schwierig¬
keiten, für die tausend philiströsen Vorurtheile und Bedenken, welche die
Eisenbahnen in Deutschland anfangs zu besiegen hatten. Die hochweisen Er¬
güsse und die engherzigen Spötteleien, welche uns die Tagesblätter aus dem
Anfange der dreißiger Jahre aufbewahrt haben, mit Beschaulichkeit und An¬
dacht gelesen, find im Stande, uns annähernd ein Bild davon zu geben-und
uns in jene Zeiten zu versetzen, die uns in vieler Beziehung so nahe, in dieser
einen Beziehung, welche den Verkehr betrifft, so sern liegen. Erinnern wir
uns dann auch noch der Kleinstaaterei und Kleinstüdterei, so haben wir den
ganzen deutschen Kleinkram jener Tage zusammen und befinden uns auf dem
Boden, auf welchem der Vorkämpfer eines nationalen deutschen Transport-
systems zu wirken und -- zu leiden hatte.

List war genöthigt worden, sein Vaterland zu verlassen, der europäische
Kontinent hatte für ihn keine heimatliche Stätte mehr. Er wanderte nach
den Vereinigten Staaten von Nordamerika aus. Dies war im Jahre 1825.
Drüben lebte er in Reading mit literarischen Arbeiten beschäftigt. Bei einem
Ausflüge in's Gebirge machte er zufällig die Entdeckung eines bedeutenden
Kohlenlagers. Da wurden die Pläne früherer Jahre wieder in ihm lebendig.
Er warf die literarische Thätigkeit, die in Amerika wenig galt, bei Seite, um
ganz für die Verwerthung seiner Entdeckung arbeiten zu können. In kurzer
Zeit war es ihm gelungen, eine sür jene Zeit bedeutende Aktiengesellschaft zu
gründen, welche den Zweck hatte, jene von ihm entdeckten ungemein reichen
Kohlenminen anzukaufen, abzuhauen und dnrch gute Verkehrswege mit Absatz¬
gebieten in Verbindung zu setzen. Es war gerade die Zeit, als man in Eng¬
land und Amerika anfing, die ersten Eisenbahnen zu bauen. Diese und jene
kleine Strecke war bereits dem Verkehr übergeben, so in England die Stvckton-
Darlington-Bahn, in Amerika die kleine Ouiney-Bahn in der Nähe von
Boston, welche nur für den Transport von Bausteinen diente. Kein Wunder,
daß List sofort den Gedanken anregte, die Kohlenminen durch eine Eisenbahn
mit dem nächsten Kanäle und so mit volkreichen Städten, besonders mit Phil¬
adelphia in Verbindung zu bringen. Der Vorschlag wurde angenommen, die
Bahn gebaut. Sie verband die Minen von Tcunaqua mit dem Schuylkill-Kanal,
lief das Schnylkillthal entlang und hatte eine Länge von 22 Meilen.

List hatte sich schon lange vor dieser Zeit mit dem Gedanken getragen,
Eisenbahnen in's Leben zu rufen. Als er auf dem hohen Asperg eine monate¬
lange unfreiwillige Muße genoß, hatte er den Plan zu einer Bahn für den


Grenzboten III. 1S79. 2

In Folge dessen sieht es das Publikum, das heute an der volkswirtschaftlichen
Tragweite der Eisenbahnen ja nicht den geringsten Zweisel mehr hegt, mit
Recht als eine leichte Sache an, eine neue Bahn zu entwerfen und auszubauen,
und hat alle Vorstellung verloren für die mannigfaltigen und großen Schwierig¬
keiten, für die tausend philiströsen Vorurtheile und Bedenken, welche die
Eisenbahnen in Deutschland anfangs zu besiegen hatten. Die hochweisen Er¬
güsse und die engherzigen Spötteleien, welche uns die Tagesblätter aus dem
Anfange der dreißiger Jahre aufbewahrt haben, mit Beschaulichkeit und An¬
dacht gelesen, find im Stande, uns annähernd ein Bild davon zu geben-und
uns in jene Zeiten zu versetzen, die uns in vieler Beziehung so nahe, in dieser
einen Beziehung, welche den Verkehr betrifft, so sern liegen. Erinnern wir
uns dann auch noch der Kleinstaaterei und Kleinstüdterei, so haben wir den
ganzen deutschen Kleinkram jener Tage zusammen und befinden uns auf dem
Boden, auf welchem der Vorkämpfer eines nationalen deutschen Transport-
systems zu wirken und — zu leiden hatte.

List war genöthigt worden, sein Vaterland zu verlassen, der europäische
Kontinent hatte für ihn keine heimatliche Stätte mehr. Er wanderte nach
den Vereinigten Staaten von Nordamerika aus. Dies war im Jahre 1825.
Drüben lebte er in Reading mit literarischen Arbeiten beschäftigt. Bei einem
Ausflüge in's Gebirge machte er zufällig die Entdeckung eines bedeutenden
Kohlenlagers. Da wurden die Pläne früherer Jahre wieder in ihm lebendig.
Er warf die literarische Thätigkeit, die in Amerika wenig galt, bei Seite, um
ganz für die Verwerthung seiner Entdeckung arbeiten zu können. In kurzer
Zeit war es ihm gelungen, eine sür jene Zeit bedeutende Aktiengesellschaft zu
gründen, welche den Zweck hatte, jene von ihm entdeckten ungemein reichen
Kohlenminen anzukaufen, abzuhauen und dnrch gute Verkehrswege mit Absatz¬
gebieten in Verbindung zu setzen. Es war gerade die Zeit, als man in Eng¬
land und Amerika anfing, die ersten Eisenbahnen zu bauen. Diese und jene
kleine Strecke war bereits dem Verkehr übergeben, so in England die Stvckton-
Darlington-Bahn, in Amerika die kleine Ouiney-Bahn in der Nähe von
Boston, welche nur für den Transport von Bausteinen diente. Kein Wunder,
daß List sofort den Gedanken anregte, die Kohlenminen durch eine Eisenbahn
mit dem nächsten Kanäle und so mit volkreichen Städten, besonders mit Phil¬
adelphia in Verbindung zu bringen. Der Vorschlag wurde angenommen, die
Bahn gebaut. Sie verband die Minen von Tcunaqua mit dem Schuylkill-Kanal,
lief das Schnylkillthal entlang und hatte eine Länge von 22 Meilen.

List hatte sich schon lange vor dieser Zeit mit dem Gedanken getragen,
Eisenbahnen in's Leben zu rufen. Als er auf dem hohen Asperg eine monate¬
lange unfreiwillige Muße genoß, hatte er den Plan zu einer Bahn für den


Grenzboten III. 1S79. 2
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341829_157673/15>, abgerufen am 26.11.2024.