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Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Drittes Quartal.

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eiuen sehr regen Antheil genoimueu hatte; öffentlich wurde sein Name nicht
genannt. Das Denkmal ist gleichfalls der Stadt übergeben, es ist ein öffent¬
liches und mit vollem Recht; es feiert eine That, welche für Leipzig und
Sachsen, und nicht blos für diese, von der höchsten Bedeutung geworden ist.

Jener Aktionär, der die Leipziger Eisenbahnsäule errichtete, hat zugleich
der Gerechtigkeit einen Dienst geleistet, den wir geneigt sind, nicht gering
anzuschlagen. Es konnte nicht sehlen, daß durch ein öffentliches Denkmal für
Gustav Harkort beim Publikum sich die Meinung verbreitete, es habe in Harkort
den eigentlichen Begründer der Leipzig-Dresdner Eisenbahn und bei der An¬
regung, welche von diesem Unternehmen auf die Eisenbahnen Deutschland's
bekanntermaßen ausging, anch den Begründer der Eisenbahnära Deutschland's
zu erblicken und zu verehren. Die Eisenbcchnsüule ist geeignet, diesen Glauben
zu zerstören oder wenigstens auf sein richtiges Maß zurückzuführen. Sie nennt
mehrere Personen auf gleicher Stufe und mit gleichem Antheil an diesem ver¬
dienstvollen Werke und bringt einen Namen mit der Angelegenheit in Verbin¬
dung, der auch durch die sonstigen großen Thaten seines Trügers, praktische
wie theoretische, in Aller Gedächtniß fortlebt, den Namen Friedrich List.
Freilich ist das, was die Säule meldet: es sei die Anregung zum Ban der
Bahn von List ausgegangen, unbestimmt genug und nicht hinreichend, von dem
wahren Sachverhalt dem Publikum eine richtige Vorstellung zu geben; allein
der Umstand, daß List's Name von den übrigen getrennt und in größeren
Formen ausgeprägt wurde, mag einigermaßen dazu dienen, den richtigen Ma߬
stab für die Würdigung des genannten Namens dem Beschauer gleichsam sym¬
bolisch an die Hand zu geben. "Angeregt durch Friedrich List" kann mit Fug
und Recht über jedes Eisenbahnunternehmer Deutschland's gesetzt werden, das
im ersten Jahrzehnt des Eisenbahnbaues in Angriff genommen wurde. Für
die Leipzig-Dresdner Bahn aber that er mehr, und wir meinen, das Publikum
hat ein Recht darauf, genau über das unterrichtet zu werden, wofür von ihm
eine dankbare Erinnerung gefordert wird. Es hat ein Recht, zu verlangen,
daß es in der Verehrung seiner Wohlthäter uicht irregeführt und ihm nicht
Anerkennung sür Männer und Thaten künstlich abgenöthigt werde, die das
Glück verhältnißmäßig weniger Menschen förderten. So sind uns die beiden
Denkmäler wie eine laute Mahnung erschienen, uns wieder einmal daran zu
erinnern, was Friedrich List für die Sache der Eisenbahnen, und ganz beson¬
ders, was er für die Leipzig-Dresdner Bahn gethan hat.

Deutschland hat gegenwärtig das erste Stadium seines Eisenbahnbaues
hinter sich, und das zweite beginnt: die großen Verkehrsstraßen sind aus¬
gebaut, die Lokalbahneu werden in Angriff genommen. Diese Entwickelung
hat sich namentlich seit Anfang der sechziger Jahre äußerst leicht vollzogen.


eiuen sehr regen Antheil genoimueu hatte; öffentlich wurde sein Name nicht
genannt. Das Denkmal ist gleichfalls der Stadt übergeben, es ist ein öffent¬
liches und mit vollem Recht; es feiert eine That, welche für Leipzig und
Sachsen, und nicht blos für diese, von der höchsten Bedeutung geworden ist.

Jener Aktionär, der die Leipziger Eisenbahnsäule errichtete, hat zugleich
der Gerechtigkeit einen Dienst geleistet, den wir geneigt sind, nicht gering
anzuschlagen. Es konnte nicht sehlen, daß durch ein öffentliches Denkmal für
Gustav Harkort beim Publikum sich die Meinung verbreitete, es habe in Harkort
den eigentlichen Begründer der Leipzig-Dresdner Eisenbahn und bei der An¬
regung, welche von diesem Unternehmen auf die Eisenbahnen Deutschland's
bekanntermaßen ausging, anch den Begründer der Eisenbahnära Deutschland's
zu erblicken und zu verehren. Die Eisenbcchnsüule ist geeignet, diesen Glauben
zu zerstören oder wenigstens auf sein richtiges Maß zurückzuführen. Sie nennt
mehrere Personen auf gleicher Stufe und mit gleichem Antheil an diesem ver¬
dienstvollen Werke und bringt einen Namen mit der Angelegenheit in Verbin¬
dung, der auch durch die sonstigen großen Thaten seines Trügers, praktische
wie theoretische, in Aller Gedächtniß fortlebt, den Namen Friedrich List.
Freilich ist das, was die Säule meldet: es sei die Anregung zum Ban der
Bahn von List ausgegangen, unbestimmt genug und nicht hinreichend, von dem
wahren Sachverhalt dem Publikum eine richtige Vorstellung zu geben; allein
der Umstand, daß List's Name von den übrigen getrennt und in größeren
Formen ausgeprägt wurde, mag einigermaßen dazu dienen, den richtigen Ma߬
stab für die Würdigung des genannten Namens dem Beschauer gleichsam sym¬
bolisch an die Hand zu geben. „Angeregt durch Friedrich List" kann mit Fug
und Recht über jedes Eisenbahnunternehmer Deutschland's gesetzt werden, das
im ersten Jahrzehnt des Eisenbahnbaues in Angriff genommen wurde. Für
die Leipzig-Dresdner Bahn aber that er mehr, und wir meinen, das Publikum
hat ein Recht darauf, genau über das unterrichtet zu werden, wofür von ihm
eine dankbare Erinnerung gefordert wird. Es hat ein Recht, zu verlangen,
daß es in der Verehrung seiner Wohlthäter uicht irregeführt und ihm nicht
Anerkennung sür Männer und Thaten künstlich abgenöthigt werde, die das
Glück verhältnißmäßig weniger Menschen förderten. So sind uns die beiden
Denkmäler wie eine laute Mahnung erschienen, uns wieder einmal daran zu
erinnern, was Friedrich List für die Sache der Eisenbahnen, und ganz beson¬
ders, was er für die Leipzig-Dresdner Bahn gethan hat.

Deutschland hat gegenwärtig das erste Stadium seines Eisenbahnbaues
hinter sich, und das zweite beginnt: die großen Verkehrsstraßen sind aus¬
gebaut, die Lokalbahneu werden in Angriff genommen. Diese Entwickelung
hat sich namentlich seit Anfang der sechziger Jahre äußerst leicht vollzogen.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341829_157673/14>, abgerufen am 26.11.2024.