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Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Drittes Quartal.

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vorher noch einen Akt der Dankbarkeit verrichtet zu haben. Sie beschloß,
Gustav Harkort ein Denkmal zu setzen. Seiner zu gedenken, glaubten die
Aktionäre beim Scheiden vor allem Ursache zu haben. Er hatte als Vorsitzender
des Direktoriums etwa dreißig Jahre lang, von der Erbauung der Bahn an
bis zu seinem Tode, die Geschäfte der Kompagnie mit Umsicht geleitet und war
nach Ansicht der Aktionäre diese lange Zeit hindurch für den Erfolg des Unter¬
nehmens -- für die Hohe der Dividenden -- von großer und glücklicher Be¬
deutung gewesen. Für Aktionäre war dieser Standpunkt ein sehr natürlicher.
Ihre Interessen siud geschäftlicher Art, und Niemand wird es mißbilligen, wenn
sie danach auch ihren Dank bemessen. Bei der Leipzig-Dresdner Eisenbahn-
Kompagnie darf man sich über einen solchen Akt der Dankbarkeit, der im letzten
Augenblick ihres Daseins noch geübt wurde, sogar besonders freuen; denn nicht
immer und nicht in allen Lagen gelangte bei ihr gleiche Gesinnung zum Aus¬
druck. Selbstverständlich aber durfte man erwarten, daß der rein private
Charakter, den der Dank der Aktionäre hatte, auch in dem Denkmal bewahrt
bleiben, daß das Denkmal auf dem Grund und Boden der Bahn errichtet
werden würde. Es ist dies nicht geschehen. Das Denkmal -- eine Kolofsal-
büste Gustav Harkort's aus weißem Marmor, auf einem hohen Syenitsockel
ruhend -- steht in den Promenadenanlagen Leipzig's dem Leipzig-Dresdner
Bahnhofe gegenüber; sie wurde vor etwa Jahresfrist der Stadt und der Öffent¬
lichkeit übergeben. Die Angelegenheit ist damit eine öffentliche geworden, und
auch das Publikum darf sich darüber eine Frage erlauben, umsomehr, als es
ein zweites Denkmal mit dem erwähnten nicht in völligen Einklang zu bringen
vermag.

Bald nach der Enthüllung des Harkort-Denkmals wurde ganz in seiner
Nähe zum Andenken an die Gründung der Leipzig - Dresdner Eisenbahn ein
hoher Porphyrobelisk errichtet. Er trägt an seiner vorderen Seite die Inschrift
"Leipzig-Dresdner Eisenbahn" und unter derselben auf einer Bronceplatte die
Worte: "Erste große Verkehrsbahn Deutschlands, erste Lveomvtivbahn Sachsens,
wurde angeregt 1833 durch Friedrich List, in's Leben gerufen durch Bürger
Leipzig's Albert Dufour-Feronee, Gustav Harkort, Carl Lampe, Wilhelm
Seyfferth". Auf den übrigen drei Seiten sind ebenfalls Platten angebracht:
die Hintere nennt uns Oberwasserbauinspeetor Kunze als den Erbauer der Bahn
und erzählt, daß am 1. März 1836 der erste Spatenstich gethan, am 7. April
1839 die Gesammtlinie eröffnet und am 1. Juli 1876 die Bahn an den Staat
übergeben wurde. Die beiden Seitenplatten bewahren der Nachwelt die Namen
der Mitglieder des ersten und letzten Direktoriums. Uns mag es gestattet sein,
sie zu vergessen. Die Säule wurde, soviel uus bekannt geworden, dnrch die Hoch¬
herzigkeit eines einzigen Aktionärs errichtet, der an der Begründung der Bahn


vorher noch einen Akt der Dankbarkeit verrichtet zu haben. Sie beschloß,
Gustav Harkort ein Denkmal zu setzen. Seiner zu gedenken, glaubten die
Aktionäre beim Scheiden vor allem Ursache zu haben. Er hatte als Vorsitzender
des Direktoriums etwa dreißig Jahre lang, von der Erbauung der Bahn an
bis zu seinem Tode, die Geschäfte der Kompagnie mit Umsicht geleitet und war
nach Ansicht der Aktionäre diese lange Zeit hindurch für den Erfolg des Unter¬
nehmens — für die Hohe der Dividenden — von großer und glücklicher Be¬
deutung gewesen. Für Aktionäre war dieser Standpunkt ein sehr natürlicher.
Ihre Interessen siud geschäftlicher Art, und Niemand wird es mißbilligen, wenn
sie danach auch ihren Dank bemessen. Bei der Leipzig-Dresdner Eisenbahn-
Kompagnie darf man sich über einen solchen Akt der Dankbarkeit, der im letzten
Augenblick ihres Daseins noch geübt wurde, sogar besonders freuen; denn nicht
immer und nicht in allen Lagen gelangte bei ihr gleiche Gesinnung zum Aus¬
druck. Selbstverständlich aber durfte man erwarten, daß der rein private
Charakter, den der Dank der Aktionäre hatte, auch in dem Denkmal bewahrt
bleiben, daß das Denkmal auf dem Grund und Boden der Bahn errichtet
werden würde. Es ist dies nicht geschehen. Das Denkmal — eine Kolofsal-
büste Gustav Harkort's aus weißem Marmor, auf einem hohen Syenitsockel
ruhend — steht in den Promenadenanlagen Leipzig's dem Leipzig-Dresdner
Bahnhofe gegenüber; sie wurde vor etwa Jahresfrist der Stadt und der Öffent¬
lichkeit übergeben. Die Angelegenheit ist damit eine öffentliche geworden, und
auch das Publikum darf sich darüber eine Frage erlauben, umsomehr, als es
ein zweites Denkmal mit dem erwähnten nicht in völligen Einklang zu bringen
vermag.

Bald nach der Enthüllung des Harkort-Denkmals wurde ganz in seiner
Nähe zum Andenken an die Gründung der Leipzig - Dresdner Eisenbahn ein
hoher Porphyrobelisk errichtet. Er trägt an seiner vorderen Seite die Inschrift
„Leipzig-Dresdner Eisenbahn" und unter derselben auf einer Bronceplatte die
Worte: „Erste große Verkehrsbahn Deutschlands, erste Lveomvtivbahn Sachsens,
wurde angeregt 1833 durch Friedrich List, in's Leben gerufen durch Bürger
Leipzig's Albert Dufour-Feronee, Gustav Harkort, Carl Lampe, Wilhelm
Seyfferth". Auf den übrigen drei Seiten sind ebenfalls Platten angebracht:
die Hintere nennt uns Oberwasserbauinspeetor Kunze als den Erbauer der Bahn
und erzählt, daß am 1. März 1836 der erste Spatenstich gethan, am 7. April
1839 die Gesammtlinie eröffnet und am 1. Juli 1876 die Bahn an den Staat
übergeben wurde. Die beiden Seitenplatten bewahren der Nachwelt die Namen
der Mitglieder des ersten und letzten Direktoriums. Uns mag es gestattet sein,
sie zu vergessen. Die Säule wurde, soviel uus bekannt geworden, dnrch die Hoch¬
herzigkeit eines einzigen Aktionärs errichtet, der an der Begründung der Bahn


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341829_157673/13>, abgerufen am 26.11.2024.