Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Zweites Quartal.wundeueu Theile des inneren Ohres liegt das vom Marchese Corli entdeckte Nachdem wir so bisher die wichtigen Beziehungen der menschlichen Hand, Die Beziehungen zwischen dem menschlichen Stimmorgan und der Kirchen¬ Endlich mögen von den in die Außenwelt projizirten menschlichen Organen wundeueu Theile des inneren Ohres liegt das vom Marchese Corli entdeckte Nachdem wir so bisher die wichtigen Beziehungen der menschlichen Hand, Die Beziehungen zwischen dem menschlichen Stimmorgan und der Kirchen¬ Endlich mögen von den in die Außenwelt projizirten menschlichen Organen <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0055" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/142010"/> <p xml:id="ID_161" prev="#ID_160"> wundeueu Theile des inneren Ohres liegt das vom Marchese Corli entdeckte<lb/> mikroskopische Gebilde, welches aus einigen tausend Fasern oder Stäbchen von<lb/> ungleicher Länge und Spannung besteht. Dieses sogenannte Corli'sche Organ<lb/> bildet nach Helmholtz' Untersuchungen eine Art regelmäßig abgestufter Besaitung,<lb/> wie wir eine solche an der Harfe und am Klavier kennen. Die 3000 auf ver¬<lb/> schiedene Töne abgestimmten Corli'schen Stäbchen entsprechen nämlich den<lb/> Klaviersaiten, und es ist jedes solcher Stäbchen mit akustischen Nerven verknüpft,<lb/> welche jedesmal mechanisch erregt werden und einen bestimmten einfachen Ton<lb/> empfinden, sobald das betreffende Stäbchen in Mitschwingungen versetzt wird.<lb/> Später hat Hansen die Ansicht ausgesprochen, daß nicht die Corli'schen Stäb¬<lb/> chen, sondern die Grundmembran (auf der sie befestigt sind) je nach der ver¬<lb/> schiedenen Breite ihrer Abschnitte auf verschiedene Töne abgestimmt sei.<lb/> Helmholtz schloß sich dieser Ansicht an und glaubte nur, daß die Corli'schen<lb/> Stäbchen, als relativ feste Gebilde, bestimmt seien, die Schwingungen der<lb/> Grundmembran auf eng abgegrenzte Bezirke des Nervenwulstes zu übertragen.<lb/> Der geniale Gedanke, fügt Kapp hinzu, vom Klavier aus der Lösung der<lb/> Aufgabe näher zu treten, bleibt unangefochten.</p><lb/> <p xml:id="ID_162"> Nachdem wir so bisher die wichtigen Beziehungen der menschlichen Hand,<lb/> des Auges und Ohres zu ihren in die Außenwelt projizirten technischen Nach¬<lb/> bildungen eingehender betrachtet haben, dürfen wir uns bei den übrigen Or¬<lb/> ganen kürzer fassen.</p><lb/> <p xml:id="ID_163"> Die Beziehungen zwischen dem menschlichen Stimmorgan und der Kirchen¬<lb/> orgel sind leicht verständlich. Der Lunge gleicht der Blasebalg, der Luftröhre<lb/> die Windlade, dem Kehlkopf die Pfeife, der Mund- und Nasenhöhle das An¬<lb/> satzrohr. Aus der Konstruktion der Orgel aber hat wiederum die Physiologie<lb/> die wissenschaftliche Erkenntniß des menschlichen Stimmorganes geschöpft. Die<lb/> Klappen und Ventile in den technisch konstruirten Pumpwerken sind unbewußt<lb/> nachgebildet dem organischen Pumpwerke — unserm Herzen; jene aber haben<lb/> wiederum dem wissenschaftlichen Verständniß des Herzmechcinismus gedient.</p><lb/> <p xml:id="ID_164" next="#ID_165"> Endlich mögen von den in die Außenwelt projizirten menschlichen Organen<lb/> nur noch die Knochen in Betracht gezogen sein. Der „inneren Architektur der<lb/> Knochen" widmet Kapp das sechste Kapitel seines Buches. Es ist eine aus¬<lb/> gemachte Thatsache, sagt er, daß neuerdings in den Hoch-Eisenkonstruktionen des<lb/> Brückenbaues, besonders bei Eisenbahnen, gewisse Regeln der Architektur in<lb/> Anwendung gebracht worden sind, für welche Physiologie und Mathematik das<lb/> bisher durchaus unbekannte Vorbild in der Anordnung der Knochensubstanz<lb/> im thierischen Körper entdeckt haben. Wenn man nämlich einen Gliederknochen<lb/> nach seiner Längsrichtung durchsägt, so sieht man, daß die harte und feste<lb/> Rindensubstanz ein schwammiges Knochengewebe (die sogenannte SxonAioss,)</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0055]
wundeueu Theile des inneren Ohres liegt das vom Marchese Corli entdeckte
mikroskopische Gebilde, welches aus einigen tausend Fasern oder Stäbchen von
ungleicher Länge und Spannung besteht. Dieses sogenannte Corli'sche Organ
bildet nach Helmholtz' Untersuchungen eine Art regelmäßig abgestufter Besaitung,
wie wir eine solche an der Harfe und am Klavier kennen. Die 3000 auf ver¬
schiedene Töne abgestimmten Corli'schen Stäbchen entsprechen nämlich den
Klaviersaiten, und es ist jedes solcher Stäbchen mit akustischen Nerven verknüpft,
welche jedesmal mechanisch erregt werden und einen bestimmten einfachen Ton
empfinden, sobald das betreffende Stäbchen in Mitschwingungen versetzt wird.
Später hat Hansen die Ansicht ausgesprochen, daß nicht die Corli'schen Stäb¬
chen, sondern die Grundmembran (auf der sie befestigt sind) je nach der ver¬
schiedenen Breite ihrer Abschnitte auf verschiedene Töne abgestimmt sei.
Helmholtz schloß sich dieser Ansicht an und glaubte nur, daß die Corli'schen
Stäbchen, als relativ feste Gebilde, bestimmt seien, die Schwingungen der
Grundmembran auf eng abgegrenzte Bezirke des Nervenwulstes zu übertragen.
Der geniale Gedanke, fügt Kapp hinzu, vom Klavier aus der Lösung der
Aufgabe näher zu treten, bleibt unangefochten.
Nachdem wir so bisher die wichtigen Beziehungen der menschlichen Hand,
des Auges und Ohres zu ihren in die Außenwelt projizirten technischen Nach¬
bildungen eingehender betrachtet haben, dürfen wir uns bei den übrigen Or¬
ganen kürzer fassen.
Die Beziehungen zwischen dem menschlichen Stimmorgan und der Kirchen¬
orgel sind leicht verständlich. Der Lunge gleicht der Blasebalg, der Luftröhre
die Windlade, dem Kehlkopf die Pfeife, der Mund- und Nasenhöhle das An¬
satzrohr. Aus der Konstruktion der Orgel aber hat wiederum die Physiologie
die wissenschaftliche Erkenntniß des menschlichen Stimmorganes geschöpft. Die
Klappen und Ventile in den technisch konstruirten Pumpwerken sind unbewußt
nachgebildet dem organischen Pumpwerke — unserm Herzen; jene aber haben
wiederum dem wissenschaftlichen Verständniß des Herzmechcinismus gedient.
Endlich mögen von den in die Außenwelt projizirten menschlichen Organen
nur noch die Knochen in Betracht gezogen sein. Der „inneren Architektur der
Knochen" widmet Kapp das sechste Kapitel seines Buches. Es ist eine aus¬
gemachte Thatsache, sagt er, daß neuerdings in den Hoch-Eisenkonstruktionen des
Brückenbaues, besonders bei Eisenbahnen, gewisse Regeln der Architektur in
Anwendung gebracht worden sind, für welche Physiologie und Mathematik das
bisher durchaus unbekannte Vorbild in der Anordnung der Knochensubstanz
im thierischen Körper entdeckt haben. Wenn man nämlich einen Gliederknochen
nach seiner Längsrichtung durchsägt, so sieht man, daß die harte und feste
Rindensubstanz ein schwammiges Knochengewebe (die sogenannte SxonAioss,)
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