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Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Zweites Quartal.

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herzählen kann. Glücklicherweise sind größere buchhändlerische Unternehmungen,
wie wir sie hier namentlich im Auge haben, sast immer den rechten Händen
anvertraut worden-

Ein Sammlung wie Hendschel's "Skizzenbuch" würde heute unzweifelhaft
durch den Lichtdruck veröffentlicht werden. Gerade zur Herausgabe von Skizzen
und Handzeichnungen ist gar kein geeigneteres Verfahren denkbar. Die aller¬
wenigsten Zeichnungen sind ja heutzutage für den Holzschnitt gedacht. Geleistet
wird freilich vom Xylographen schließlich alles, was ihm zugemuthet wird, aber
daß dabei von dem Reiz des Originales viel, fehr viel verloren geht, ist eben
so sicher. Künstler, die sich nicht entschließen können, der Natur des Holz¬
schnittes sich anzubequemen und in dieser Beschränkung ihre Meisterschaft zu
zeigen, dürfen sich dann eben nicht beschweren, wenn ihre genialen Skizzen bei
der Ausführung durch den Holzschnitt zu kurz kommen. Man könnte sie ein
für alle Mal auf den Lichtdruck verweisen, wenn -- ja, wenn nur nicht pekuniäre
Rücksichten ansprachen, und wenn die Herstellung durch den Lichtdruck für den
Kalkül des Verlegers nicht ihre bestimmten Grenzen hätte, jenseits deren eben
verständiger Weise der Holzschnitt die Ausgabe der Vervielfältigung übernehmen
muß. Die Sache verhält sich einfach fo, daß bei kleineren Auflagen der Licht¬
druck verhältnißmäßig billiger, bei größeren verhültnißmäßig theurer zu stehen
kommt, als der Holzschnitt.

Zur Herausgabe von Handzeichnungen ist denn auch der ^Lichtdruck neuer¬
dings mehrfach verwendet worden. Ich erinnere nur an die Salonmappen, die
in den letzten drei Jahren regelmäßig die Weihnachtszeit gebracht hat: "Wander¬
mappe", "Jahrmarkt des Lebens" und "Künstlerheim" (sämmtlich bei Ackermann
in München). Wenn unsere Künstler gründlich eitel our.den, daß sie ihre manch¬
mal doch recht wohlfeilen Erfindungen, Bildchen, die, bescheiden in Holz ge¬
schnitten, in einem illustrirten Familienjournale am Platze waren, hier mit so
peinlicher Genauigkeit und in so glänzendem Gewände veröffentlicht fehen, ein
Wunder wäre es wahrlich nicht.

Eine höhere Aufgabe, die würdigste, die dem Lichtdruck bis jetzt gestellt worden
ist und ihm wohl überhaupt gestellt werden kann, besteht natürlich in der Repro¬
duktion von hervorragenden Handzeichnungen, Stichen, Radirungen und Form¬
schnitten alter Meister. Die Kunstwissenschaft und daneben namentlich auch unser
aus langem, tiefem Schlafe wieder erwachtes Kunstgewerbe hat in dieser Richtung
im Laufe weniger Jahre von der neuen Technik schon reichen Gewinn gezogen. Man
denke an die trefflichen Reproduktionen des vollständigen Kupferstichwerkes von
Dürer und der Silberstiftzeichnungen des älteren Holbein, die wir beide dem
Soltau'schen Verlag in Nürnberg verdanken (die ersteren aus der Osfizin von Ober¬
netter in München, die letzteren aus der von Frisch in Berlin), an das Pracht-


herzählen kann. Glücklicherweise sind größere buchhändlerische Unternehmungen,
wie wir sie hier namentlich im Auge haben, sast immer den rechten Händen
anvertraut worden-

Ein Sammlung wie Hendschel's „Skizzenbuch" würde heute unzweifelhaft
durch den Lichtdruck veröffentlicht werden. Gerade zur Herausgabe von Skizzen
und Handzeichnungen ist gar kein geeigneteres Verfahren denkbar. Die aller¬
wenigsten Zeichnungen sind ja heutzutage für den Holzschnitt gedacht. Geleistet
wird freilich vom Xylographen schließlich alles, was ihm zugemuthet wird, aber
daß dabei von dem Reiz des Originales viel, fehr viel verloren geht, ist eben
so sicher. Künstler, die sich nicht entschließen können, der Natur des Holz¬
schnittes sich anzubequemen und in dieser Beschränkung ihre Meisterschaft zu
zeigen, dürfen sich dann eben nicht beschweren, wenn ihre genialen Skizzen bei
der Ausführung durch den Holzschnitt zu kurz kommen. Man könnte sie ein
für alle Mal auf den Lichtdruck verweisen, wenn — ja, wenn nur nicht pekuniäre
Rücksichten ansprachen, und wenn die Herstellung durch den Lichtdruck für den
Kalkül des Verlegers nicht ihre bestimmten Grenzen hätte, jenseits deren eben
verständiger Weise der Holzschnitt die Ausgabe der Vervielfältigung übernehmen
muß. Die Sache verhält sich einfach fo, daß bei kleineren Auflagen der Licht¬
druck verhältnißmäßig billiger, bei größeren verhültnißmäßig theurer zu stehen
kommt, als der Holzschnitt.

Zur Herausgabe von Handzeichnungen ist denn auch der ^Lichtdruck neuer¬
dings mehrfach verwendet worden. Ich erinnere nur an die Salonmappen, die
in den letzten drei Jahren regelmäßig die Weihnachtszeit gebracht hat: „Wander¬
mappe", „Jahrmarkt des Lebens" und „Künstlerheim" (sämmtlich bei Ackermann
in München). Wenn unsere Künstler gründlich eitel our.den, daß sie ihre manch¬
mal doch recht wohlfeilen Erfindungen, Bildchen, die, bescheiden in Holz ge¬
schnitten, in einem illustrirten Familienjournale am Platze waren, hier mit so
peinlicher Genauigkeit und in so glänzendem Gewände veröffentlicht fehen, ein
Wunder wäre es wahrlich nicht.

Eine höhere Aufgabe, die würdigste, die dem Lichtdruck bis jetzt gestellt worden
ist und ihm wohl überhaupt gestellt werden kann, besteht natürlich in der Repro¬
duktion von hervorragenden Handzeichnungen, Stichen, Radirungen und Form¬
schnitten alter Meister. Die Kunstwissenschaft und daneben namentlich auch unser
aus langem, tiefem Schlafe wieder erwachtes Kunstgewerbe hat in dieser Richtung
im Laufe weniger Jahre von der neuen Technik schon reichen Gewinn gezogen. Man
denke an die trefflichen Reproduktionen des vollständigen Kupferstichwerkes von
Dürer und der Silberstiftzeichnungen des älteren Holbein, die wir beide dem
Soltau'schen Verlag in Nürnberg verdanken (die ersteren aus der Osfizin von Ober¬
netter in München, die letzteren aus der von Frisch in Berlin), an das Pracht-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341829_157663/527>, abgerufen am 28.12.2024.