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Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Zweites Quartal.

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Land" (Berlin, A. Duncker) und Lorenz Ritter's "Malerische Ansichten von
Nürnberg" (Berlin, Wasmuth) - - endlich aber, und nicht zum geringsten Theile,
die rasch zu großartiger Vollendung entwickelte Technik des photographischen
Pressendruckes, vom Publikum sofort mit einer dreisten, aber glücklichen Wort¬
bildung als "Lichtdruck" bezeichnet, und der dadurch ermöglichte Vergleich des
Lichtdruckes mit der Photographie, der in jeder Beziehung zu Gunsten des
ersteren ausfiel.

Der Lichtdruck theilt ja alle Vorzüge der Photographie. Mit minutiöser
Treue gibt er jedes Pünktchen und Strichelchen der Vorlage wieder und schafft
ein geradezu täuschendes Faksimile. Aber während es unsres Wissens bis jetzt
noch nicht gelungen ist, die photographische Kopie gegen die Einflüsse, welche
im Laufe der Zeit das Sonnenlicht darauf ausübt, absolut zu sichern, ist der
Lichtdruck von unveränderlicher Dauer, läßt sich leichter, schneller, bequemer und
folglich wohlfeiler herstellen, das Bild braucht nicht auf einen Untersatzkarton
aufgezogen zu werden, sondern es wird direkt auf den Karton oder das Papier
gedruckt, anstatt des lilabraunen Tones der Photographie kann der Lichtdruck
wie jeder Kupferstich vollständig schwarz hergestellt werden, und endlich, was
höchst wichtig ist, er vermeidet den porzellanartigen Glanz der Photographie
und eignet sich durch seinen weichen, sammetartigen Ton vortrefflich zur Ver¬
bindung mit dem Buchdruck und daher zur Buch-Illustration. Geradezu komisch
ist es, daß einzelne dieser Vorzüge, und gerade die wesentlichsten, anfangs gar
nicht als solche erkannt wurden. Mit den ersten Lichtbrücken glaubte man
möglichst getreu die Photographie nachahmen zu müssen; man spannte sie extra
auf und suchte ihnen künstlich den unangenehmen Glanz zu geben, den sie an
sich gar nicht haben. Man hatte eben so lange unter der blendenden Tyrannei
der Photographie gestanden, daß man die schwachen Seiten derselben schließlich
gar für wesentliche und nicht auszugebende Schönheiten hielt.

Nun ist zwischen Lichtdruck und Lichtdruck freilich auch noch ein Unterschied.
Vorläufig bekommt das Publikum vielfach noch recht unvollkommene Leistungen
desselben zu sehen, matte, verschwommene Bilder, die bei jeder andern Beleuch¬
tung, nur nicht bei Tageslicht aufgenommen zu sein scheinen. Die Aufnahmen
mögen aber ganz gut sein, der Druck taugt nichts. So mancher Photograph
arbeitet jetzt, um gewisse industrielle Aufträge ausführen zu können, nebenbei
auch mit der photographischen Presse, der die Technik nicht entfernt beherrscht,
und .so hat das Publikum im allgemeinen noch keine genügende Vorstellung
von der wirklichen Leistungsfähigkeit des Lichtdruckes. Gute Photographieen
hat heutzutage jeder gesehen, gute Lichtdrucke vielleicht die allerwenigsten. Wirk¬
lich hervorragende Leistungen werden im Lichtdrucke noch immer nur von einer
kleinen Anzahl von Anstalten in Deutschland geliefert, die man an den Fingern


Land" (Berlin, A. Duncker) und Lorenz Ritter's „Malerische Ansichten von
Nürnberg" (Berlin, Wasmuth) - - endlich aber, und nicht zum geringsten Theile,
die rasch zu großartiger Vollendung entwickelte Technik des photographischen
Pressendruckes, vom Publikum sofort mit einer dreisten, aber glücklichen Wort¬
bildung als „Lichtdruck" bezeichnet, und der dadurch ermöglichte Vergleich des
Lichtdruckes mit der Photographie, der in jeder Beziehung zu Gunsten des
ersteren ausfiel.

Der Lichtdruck theilt ja alle Vorzüge der Photographie. Mit minutiöser
Treue gibt er jedes Pünktchen und Strichelchen der Vorlage wieder und schafft
ein geradezu täuschendes Faksimile. Aber während es unsres Wissens bis jetzt
noch nicht gelungen ist, die photographische Kopie gegen die Einflüsse, welche
im Laufe der Zeit das Sonnenlicht darauf ausübt, absolut zu sichern, ist der
Lichtdruck von unveränderlicher Dauer, läßt sich leichter, schneller, bequemer und
folglich wohlfeiler herstellen, das Bild braucht nicht auf einen Untersatzkarton
aufgezogen zu werden, sondern es wird direkt auf den Karton oder das Papier
gedruckt, anstatt des lilabraunen Tones der Photographie kann der Lichtdruck
wie jeder Kupferstich vollständig schwarz hergestellt werden, und endlich, was
höchst wichtig ist, er vermeidet den porzellanartigen Glanz der Photographie
und eignet sich durch seinen weichen, sammetartigen Ton vortrefflich zur Ver¬
bindung mit dem Buchdruck und daher zur Buch-Illustration. Geradezu komisch
ist es, daß einzelne dieser Vorzüge, und gerade die wesentlichsten, anfangs gar
nicht als solche erkannt wurden. Mit den ersten Lichtbrücken glaubte man
möglichst getreu die Photographie nachahmen zu müssen; man spannte sie extra
auf und suchte ihnen künstlich den unangenehmen Glanz zu geben, den sie an
sich gar nicht haben. Man hatte eben so lange unter der blendenden Tyrannei
der Photographie gestanden, daß man die schwachen Seiten derselben schließlich
gar für wesentliche und nicht auszugebende Schönheiten hielt.

Nun ist zwischen Lichtdruck und Lichtdruck freilich auch noch ein Unterschied.
Vorläufig bekommt das Publikum vielfach noch recht unvollkommene Leistungen
desselben zu sehen, matte, verschwommene Bilder, die bei jeder andern Beleuch¬
tung, nur nicht bei Tageslicht aufgenommen zu sein scheinen. Die Aufnahmen
mögen aber ganz gut sein, der Druck taugt nichts. So mancher Photograph
arbeitet jetzt, um gewisse industrielle Aufträge ausführen zu können, nebenbei
auch mit der photographischen Presse, der die Technik nicht entfernt beherrscht,
und .so hat das Publikum im allgemeinen noch keine genügende Vorstellung
von der wirklichen Leistungsfähigkeit des Lichtdruckes. Gute Photographieen
hat heutzutage jeder gesehen, gute Lichtdrucke vielleicht die allerwenigsten. Wirk¬
lich hervorragende Leistungen werden im Lichtdrucke noch immer nur von einer
kleinen Anzahl von Anstalten in Deutschland geliefert, die man an den Fingern


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[0526] Land" (Berlin, A. Duncker) und Lorenz Ritter's „Malerische Ansichten von Nürnberg" (Berlin, Wasmuth) - - endlich aber, und nicht zum geringsten Theile, die rasch zu großartiger Vollendung entwickelte Technik des photographischen Pressendruckes, vom Publikum sofort mit einer dreisten, aber glücklichen Wort¬ bildung als „Lichtdruck" bezeichnet, und der dadurch ermöglichte Vergleich des Lichtdruckes mit der Photographie, der in jeder Beziehung zu Gunsten des ersteren ausfiel. Der Lichtdruck theilt ja alle Vorzüge der Photographie. Mit minutiöser Treue gibt er jedes Pünktchen und Strichelchen der Vorlage wieder und schafft ein geradezu täuschendes Faksimile. Aber während es unsres Wissens bis jetzt noch nicht gelungen ist, die photographische Kopie gegen die Einflüsse, welche im Laufe der Zeit das Sonnenlicht darauf ausübt, absolut zu sichern, ist der Lichtdruck von unveränderlicher Dauer, läßt sich leichter, schneller, bequemer und folglich wohlfeiler herstellen, das Bild braucht nicht auf einen Untersatzkarton aufgezogen zu werden, sondern es wird direkt auf den Karton oder das Papier gedruckt, anstatt des lilabraunen Tones der Photographie kann der Lichtdruck wie jeder Kupferstich vollständig schwarz hergestellt werden, und endlich, was höchst wichtig ist, er vermeidet den porzellanartigen Glanz der Photographie und eignet sich durch seinen weichen, sammetartigen Ton vortrefflich zur Ver¬ bindung mit dem Buchdruck und daher zur Buch-Illustration. Geradezu komisch ist es, daß einzelne dieser Vorzüge, und gerade die wesentlichsten, anfangs gar nicht als solche erkannt wurden. Mit den ersten Lichtbrücken glaubte man möglichst getreu die Photographie nachahmen zu müssen; man spannte sie extra auf und suchte ihnen künstlich den unangenehmen Glanz zu geben, den sie an sich gar nicht haben. Man hatte eben so lange unter der blendenden Tyrannei der Photographie gestanden, daß man die schwachen Seiten derselben schließlich gar für wesentliche und nicht auszugebende Schönheiten hielt. Nun ist zwischen Lichtdruck und Lichtdruck freilich auch noch ein Unterschied. Vorläufig bekommt das Publikum vielfach noch recht unvollkommene Leistungen desselben zu sehen, matte, verschwommene Bilder, die bei jeder andern Beleuch¬ tung, nur nicht bei Tageslicht aufgenommen zu sein scheinen. Die Aufnahmen mögen aber ganz gut sein, der Druck taugt nichts. So mancher Photograph arbeitet jetzt, um gewisse industrielle Aufträge ausführen zu können, nebenbei auch mit der photographischen Presse, der die Technik nicht entfernt beherrscht, und .so hat das Publikum im allgemeinen noch keine genügende Vorstellung von der wirklichen Leistungsfähigkeit des Lichtdruckes. Gute Photographieen hat heutzutage jeder gesehen, gute Lichtdrucke vielleicht die allerwenigsten. Wirk¬ lich hervorragende Leistungen werden im Lichtdrucke noch immer nur von einer kleinen Anzahl von Anstalten in Deutschland geliefert, die man an den Fingern

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341829_157663/526>, abgerufen am 28.12.2024.