Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Zweites Quartal.

Bild:
<< vorherige Seite

Budget für 1878 festzustellen. Aber hier wartete ihrer eine neue Ueberraschung.
Ein Erlaß Tisza's vom 22. Dezember trug der Universität "zur Wissenschaft
und Darnachrichtung" auf, in den Voranschlag für 1877 nachträglich noch
2000 Gulden als Gehalt für den Komes-Obergespan einzustellen! Er verlieh
also einer Bestimmung, die er selber erst am 13. Januar 1878 gegen den
Willen des Eigenthümers getroffen oder, wie die ungarische Logik es auffaßte,
"bestätigt" und jedenfalls erst im Laufe des Jahres 1877 gefordert hatte,
rückwirkende Kraft auf eben dieses Jahr. Selbstverständlich weigerte die
Generalversammlung mit allen gegen zwei (romanische) Stimmen sich rund
heraus, dieser unerhörten Forderung nachzukommen (25. Januar). Da aber
inzwischen der Obergespan als Komes der Sachsen sich eigenmächtig eine Amts¬
wohnung im Nationalhause zu Hermannstadt bewilligt, ja sogar nicht Anstand
genommen hatte, ohne Erlaubniß der Eigenthümern:, der Universität, den
Berathungssaal und andere Räumlichkeiten des Hauses zu Zwecken der Komi¬
tatsverwaltung zu verwenden, so stellte am 26. Januar die Finanzkommission
die Anträge, sich gegen die "eigenmächtige Okkupation" und die "gegen ihren
Willen fortgesetzte Benützung dieser Wohnung zu verwahren und sodann den
Gebrauch des Gebäudes zu den der Universität fremden Zwecken zu untersagen."

Also einfach ihr Hausrecht gegen die Eindringlinge wollte die sächsische
Universität behaupten. Der Komes-Obergespan Friedrich Wächter war anderer
Ansicht. Er wandte zwar nichts ein gegen die Berathung und Annahme des
ersten Antrags, als aber der zweite zur Vorlesung kam, knüpfte er daran
folgende "merkwürdige Aeußerungen": "Ich lasse mir nichts untersagen; ich
bin nur Sr. Maj. dem Könige und dem Minister verantwortlich. Die Univer¬
sität würde zufolge dieses Antrages ihren Wirkungskreis überschreiten. Ich
habe als Amtschef (nämlich des Universitätsamts) die Verwendung dieser
Lokalitäten zu bestimmen. Ich verbiete daher die Berathung und Beschlu߬
fassung über diesen Kommissionsantrag. Was ich thue, werde ich zu verant¬
worten wissen. Ich werde zeigen, daß ich der Selbstüberhebung, welche sich
die Nationsuniversität mir gegenüber anmaßt, und den fortwährenden Nörge¬
leien ihrer Vorgesetzten Schranken zu setzen weiß."

Fürwahr, ebenso logisch als parlamentarisch! Herr Wächter beliebte ganz
zu vergessen, daß, wenn ein Fremder sich erdreisten wollte, über die Räume
eines Privathauses ohne oder gar gegen den Willen des rechtmäßigen Besitzers
in seinem Interesse zu verfügen, dieser Besitzer ihn von Rechtswegen aus dem
Hanse werfe" würde, und daß alsdann eine Berufung des Hinausgeworfenen
an die Regierung oder sonst welche Autorität nur dazu führen müßte, den
Akt der Selbsthilfe des Eigenthümers anzuerkennen als sein gutes Recht. Das
würde wenigstens anderwärts geschehen.


Budget für 1878 festzustellen. Aber hier wartete ihrer eine neue Ueberraschung.
Ein Erlaß Tisza's vom 22. Dezember trug der Universität „zur Wissenschaft
und Darnachrichtung" auf, in den Voranschlag für 1877 nachträglich noch
2000 Gulden als Gehalt für den Komes-Obergespan einzustellen! Er verlieh
also einer Bestimmung, die er selber erst am 13. Januar 1878 gegen den
Willen des Eigenthümers getroffen oder, wie die ungarische Logik es auffaßte,
„bestätigt" und jedenfalls erst im Laufe des Jahres 1877 gefordert hatte,
rückwirkende Kraft auf eben dieses Jahr. Selbstverständlich weigerte die
Generalversammlung mit allen gegen zwei (romanische) Stimmen sich rund
heraus, dieser unerhörten Forderung nachzukommen (25. Januar). Da aber
inzwischen der Obergespan als Komes der Sachsen sich eigenmächtig eine Amts¬
wohnung im Nationalhause zu Hermannstadt bewilligt, ja sogar nicht Anstand
genommen hatte, ohne Erlaubniß der Eigenthümern:, der Universität, den
Berathungssaal und andere Räumlichkeiten des Hauses zu Zwecken der Komi¬
tatsverwaltung zu verwenden, so stellte am 26. Januar die Finanzkommission
die Anträge, sich gegen die „eigenmächtige Okkupation" und die „gegen ihren
Willen fortgesetzte Benützung dieser Wohnung zu verwahren und sodann den
Gebrauch des Gebäudes zu den der Universität fremden Zwecken zu untersagen."

Also einfach ihr Hausrecht gegen die Eindringlinge wollte die sächsische
Universität behaupten. Der Komes-Obergespan Friedrich Wächter war anderer
Ansicht. Er wandte zwar nichts ein gegen die Berathung und Annahme des
ersten Antrags, als aber der zweite zur Vorlesung kam, knüpfte er daran
folgende „merkwürdige Aeußerungen": „Ich lasse mir nichts untersagen; ich
bin nur Sr. Maj. dem Könige und dem Minister verantwortlich. Die Univer¬
sität würde zufolge dieses Antrages ihren Wirkungskreis überschreiten. Ich
habe als Amtschef (nämlich des Universitätsamts) die Verwendung dieser
Lokalitäten zu bestimmen. Ich verbiete daher die Berathung und Beschlu߬
fassung über diesen Kommissionsantrag. Was ich thue, werde ich zu verant¬
worten wissen. Ich werde zeigen, daß ich der Selbstüberhebung, welche sich
die Nationsuniversität mir gegenüber anmaßt, und den fortwährenden Nörge¬
leien ihrer Vorgesetzten Schranken zu setzen weiß."

Fürwahr, ebenso logisch als parlamentarisch! Herr Wächter beliebte ganz
zu vergessen, daß, wenn ein Fremder sich erdreisten wollte, über die Räume
eines Privathauses ohne oder gar gegen den Willen des rechtmäßigen Besitzers
in seinem Interesse zu verfügen, dieser Besitzer ihn von Rechtswegen aus dem
Hanse werfe» würde, und daß alsdann eine Berufung des Hinausgeworfenen
an die Regierung oder sonst welche Autorität nur dazu führen müßte, den
Akt der Selbsthilfe des Eigenthümers anzuerkennen als sein gutes Recht. Das
würde wenigstens anderwärts geschehen.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0422" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/142377"/>
          <p xml:id="ID_1285" prev="#ID_1284"> Budget für 1878 festzustellen. Aber hier wartete ihrer eine neue Ueberraschung.<lb/>
Ein Erlaß Tisza's vom 22. Dezember trug der Universität &#x201E;zur Wissenschaft<lb/>
und Darnachrichtung" auf, in den Voranschlag für 1877 nachträglich noch<lb/>
2000 Gulden als Gehalt für den Komes-Obergespan einzustellen! Er verlieh<lb/>
also einer Bestimmung, die er selber erst am 13. Januar 1878 gegen den<lb/>
Willen des Eigenthümers getroffen oder, wie die ungarische Logik es auffaßte,<lb/>
&#x201E;bestätigt" und jedenfalls erst im Laufe des Jahres 1877 gefordert hatte,<lb/>
rückwirkende Kraft auf eben dieses Jahr. Selbstverständlich weigerte die<lb/>
Generalversammlung mit allen gegen zwei (romanische) Stimmen sich rund<lb/>
heraus, dieser unerhörten Forderung nachzukommen (25. Januar). Da aber<lb/>
inzwischen der Obergespan als Komes der Sachsen sich eigenmächtig eine Amts¬<lb/>
wohnung im Nationalhause zu Hermannstadt bewilligt, ja sogar nicht Anstand<lb/>
genommen hatte, ohne Erlaubniß der Eigenthümern:, der Universität, den<lb/>
Berathungssaal und andere Räumlichkeiten des Hauses zu Zwecken der Komi¬<lb/>
tatsverwaltung zu verwenden, so stellte am 26. Januar die Finanzkommission<lb/>
die Anträge, sich gegen die &#x201E;eigenmächtige Okkupation" und die &#x201E;gegen ihren<lb/>
Willen fortgesetzte Benützung dieser Wohnung zu verwahren und sodann den<lb/>
Gebrauch des Gebäudes zu den der Universität fremden Zwecken zu untersagen."</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1286"> Also einfach ihr Hausrecht gegen die Eindringlinge wollte die sächsische<lb/>
Universität behaupten. Der Komes-Obergespan Friedrich Wächter war anderer<lb/>
Ansicht. Er wandte zwar nichts ein gegen die Berathung und Annahme des<lb/>
ersten Antrags, als aber der zweite zur Vorlesung kam, knüpfte er daran<lb/>
folgende &#x201E;merkwürdige Aeußerungen": &#x201E;Ich lasse mir nichts untersagen; ich<lb/>
bin nur Sr. Maj. dem Könige und dem Minister verantwortlich. Die Univer¬<lb/>
sität würde zufolge dieses Antrages ihren Wirkungskreis überschreiten. Ich<lb/>
habe als Amtschef (nämlich des Universitätsamts) die Verwendung dieser<lb/>
Lokalitäten zu bestimmen. Ich verbiete daher die Berathung und Beschlu߬<lb/>
fassung über diesen Kommissionsantrag. Was ich thue, werde ich zu verant¬<lb/>
worten wissen. Ich werde zeigen, daß ich der Selbstüberhebung, welche sich<lb/>
die Nationsuniversität mir gegenüber anmaßt, und den fortwährenden Nörge¬<lb/>
leien ihrer Vorgesetzten Schranken zu setzen weiß."</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1287"> Fürwahr, ebenso logisch als parlamentarisch! Herr Wächter beliebte ganz<lb/>
zu vergessen, daß, wenn ein Fremder sich erdreisten wollte, über die Räume<lb/>
eines Privathauses ohne oder gar gegen den Willen des rechtmäßigen Besitzers<lb/>
in seinem Interesse zu verfügen, dieser Besitzer ihn von Rechtswegen aus dem<lb/>
Hanse werfe» würde, und daß alsdann eine Berufung des Hinausgeworfenen<lb/>
an die Regierung oder sonst welche Autorität nur dazu führen müßte, den<lb/>
Akt der Selbsthilfe des Eigenthümers anzuerkennen als sein gutes Recht. Das<lb/>
würde wenigstens anderwärts geschehen.</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0422] Budget für 1878 festzustellen. Aber hier wartete ihrer eine neue Ueberraschung. Ein Erlaß Tisza's vom 22. Dezember trug der Universität „zur Wissenschaft und Darnachrichtung" auf, in den Voranschlag für 1877 nachträglich noch 2000 Gulden als Gehalt für den Komes-Obergespan einzustellen! Er verlieh also einer Bestimmung, die er selber erst am 13. Januar 1878 gegen den Willen des Eigenthümers getroffen oder, wie die ungarische Logik es auffaßte, „bestätigt" und jedenfalls erst im Laufe des Jahres 1877 gefordert hatte, rückwirkende Kraft auf eben dieses Jahr. Selbstverständlich weigerte die Generalversammlung mit allen gegen zwei (romanische) Stimmen sich rund heraus, dieser unerhörten Forderung nachzukommen (25. Januar). Da aber inzwischen der Obergespan als Komes der Sachsen sich eigenmächtig eine Amts¬ wohnung im Nationalhause zu Hermannstadt bewilligt, ja sogar nicht Anstand genommen hatte, ohne Erlaubniß der Eigenthümern:, der Universität, den Berathungssaal und andere Räumlichkeiten des Hauses zu Zwecken der Komi¬ tatsverwaltung zu verwenden, so stellte am 26. Januar die Finanzkommission die Anträge, sich gegen die „eigenmächtige Okkupation" und die „gegen ihren Willen fortgesetzte Benützung dieser Wohnung zu verwahren und sodann den Gebrauch des Gebäudes zu den der Universität fremden Zwecken zu untersagen." Also einfach ihr Hausrecht gegen die Eindringlinge wollte die sächsische Universität behaupten. Der Komes-Obergespan Friedrich Wächter war anderer Ansicht. Er wandte zwar nichts ein gegen die Berathung und Annahme des ersten Antrags, als aber der zweite zur Vorlesung kam, knüpfte er daran folgende „merkwürdige Aeußerungen": „Ich lasse mir nichts untersagen; ich bin nur Sr. Maj. dem Könige und dem Minister verantwortlich. Die Univer¬ sität würde zufolge dieses Antrages ihren Wirkungskreis überschreiten. Ich habe als Amtschef (nämlich des Universitätsamts) die Verwendung dieser Lokalitäten zu bestimmen. Ich verbiete daher die Berathung und Beschlu߬ fassung über diesen Kommissionsantrag. Was ich thue, werde ich zu verant¬ worten wissen. Ich werde zeigen, daß ich der Selbstüberhebung, welche sich die Nationsuniversität mir gegenüber anmaßt, und den fortwährenden Nörge¬ leien ihrer Vorgesetzten Schranken zu setzen weiß." Fürwahr, ebenso logisch als parlamentarisch! Herr Wächter beliebte ganz zu vergessen, daß, wenn ein Fremder sich erdreisten wollte, über die Räume eines Privathauses ohne oder gar gegen den Willen des rechtmäßigen Besitzers in seinem Interesse zu verfügen, dieser Besitzer ihn von Rechtswegen aus dem Hanse werfe» würde, und daß alsdann eine Berufung des Hinausgeworfenen an die Regierung oder sonst welche Autorität nur dazu führen müßte, den Akt der Selbsthilfe des Eigenthümers anzuerkennen als sein gutes Recht. Das würde wenigstens anderwärts geschehen.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341829_157663
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341829_157663/422
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341829_157663/422>, abgerufen am 20.10.2024.