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Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Zweites Quartal.

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führt worden, wird die Gesetzlichkeit jener Aenderungen auch nicht im mindesten
geschwächt; denn indem die Majorität durch ihr erwähntes widersetzliches Ver¬
halten die Ausübung des ihr, durch das Gesetz gewährten Rechtes freiwillig
abgelehnt hat, hat sie selbst auf diese Weise das gesetzliche Vertretungsrecht der
Generalversammlung der Minorität überlassen, und war daher auf diese Weise
die Minorität im Namen der Generalversammlung berufen, die fraglichen
Organisationsentwürfe innerhalb der Schranken meiner Bemerkungen und im
Geiste derselben zu verhandeln, und sie hat in Folge dessen die Organisirungs-
Vorschläge, von ihrem gesetzlichen Rechte Gebrauch machend, in der durch den
Vorsitzer der Generalversammlung mir gleichzeitig unterbreiteten Gestalt fest¬
zustellen." Dabei sollten auch einige Ausstellungen des Ministers an dem ein¬
gereichten Entwurf beseitigt werden.

Gehorsam führte die romanische Minorität -- zwei von vierzehn! -- auch
diesen Auftrag aus, ohne daß die sächsische Majorität sich daran betheiligte.
Auch wurde der so "verbesserte" Entwurf gar nicht zur Abstimmung gebracht,
weil nach der eigenartigen Rechtsanschauung des Ministers und des Ober¬
gespans die Mehrheit durch ihre Weigerung, den von ihr als unberechtigt auf¬
gefaßten Geboten der Behörden sich zu unterwerfen, ihr Recht zur Mitberathuug
"freiwillig abgelehnt" hatte, fondern einfach verlesen und sodann das ganze
Werk durch ministeriellen Erlaß vom 13. Januar 1878 bestätigt oder vielmehr
der widerstrebenden Generalversammlung aufgezwungen.

In diesem Sinne faßte auch die sächsische Mehrheit den ganzen Vorgang
auf. In einer zu Protokoll gegebenen Erklärung führte sie aus: Die Orga-
nisations - Statute seien auf ungesetzlichen Wege durch eine dem Sinne und
Wortlaute des Gesetzes von 1876 zuwiderlaufende Oktrohirung des Mini¬
steriums zu Stande gekommen, daher selbst ungesetzlich, überdies materiell mit
jenem Gesetz nicht im Einklang. Wenn nun auch nach Lage der Dinge der
Versuch, der Rechtsüberzeugung der Universität Eingang zu verschaffen, als
fruchtlos angesehen werden müsse, so können doch, fährt die Erklärung fort,
ihre Mitglieder "der Pflicht der ferneren Mitwirkung an der Vermögens-Ver-
waltung sich nicht entschlagen und werden daher in der Ausübung dieser Pflicht
verharren, wobei sie erklären:

1. ) daß sie daß Zustandekommen der bestätigten Statute als einen im
Gesetze begründeten Akt nicht anerkennen können;

2. ) sich gleichzeitig dagegen verwahren, daß aus ihrer ferneren Mitwirkung
an der Vermögens-Verwaltung eine Folgerung auf die Gesetzlichkeit und Rechts¬
beständigkeit der betreffenden Organisations-Statute zulässig sei."

Getreu dieser Anschauung erschienen die sächsischen Mitglieder auch in der
ordentlichen Generalversammlung, die am 27. Dezember zusammentrat, um das


führt worden, wird die Gesetzlichkeit jener Aenderungen auch nicht im mindesten
geschwächt; denn indem die Majorität durch ihr erwähntes widersetzliches Ver¬
halten die Ausübung des ihr, durch das Gesetz gewährten Rechtes freiwillig
abgelehnt hat, hat sie selbst auf diese Weise das gesetzliche Vertretungsrecht der
Generalversammlung der Minorität überlassen, und war daher auf diese Weise
die Minorität im Namen der Generalversammlung berufen, die fraglichen
Organisationsentwürfe innerhalb der Schranken meiner Bemerkungen und im
Geiste derselben zu verhandeln, und sie hat in Folge dessen die Organisirungs-
Vorschläge, von ihrem gesetzlichen Rechte Gebrauch machend, in der durch den
Vorsitzer der Generalversammlung mir gleichzeitig unterbreiteten Gestalt fest¬
zustellen." Dabei sollten auch einige Ausstellungen des Ministers an dem ein¬
gereichten Entwurf beseitigt werden.

Gehorsam führte die romanische Minorität — zwei von vierzehn! — auch
diesen Auftrag aus, ohne daß die sächsische Majorität sich daran betheiligte.
Auch wurde der so „verbesserte" Entwurf gar nicht zur Abstimmung gebracht,
weil nach der eigenartigen Rechtsanschauung des Ministers und des Ober¬
gespans die Mehrheit durch ihre Weigerung, den von ihr als unberechtigt auf¬
gefaßten Geboten der Behörden sich zu unterwerfen, ihr Recht zur Mitberathuug
»freiwillig abgelehnt" hatte, fondern einfach verlesen und sodann das ganze
Werk durch ministeriellen Erlaß vom 13. Januar 1878 bestätigt oder vielmehr
der widerstrebenden Generalversammlung aufgezwungen.

In diesem Sinne faßte auch die sächsische Mehrheit den ganzen Vorgang
auf. In einer zu Protokoll gegebenen Erklärung führte sie aus: Die Orga-
nisations - Statute seien auf ungesetzlichen Wege durch eine dem Sinne und
Wortlaute des Gesetzes von 1876 zuwiderlaufende Oktrohirung des Mini¬
steriums zu Stande gekommen, daher selbst ungesetzlich, überdies materiell mit
jenem Gesetz nicht im Einklang. Wenn nun auch nach Lage der Dinge der
Versuch, der Rechtsüberzeugung der Universität Eingang zu verschaffen, als
fruchtlos angesehen werden müsse, so können doch, fährt die Erklärung fort,
ihre Mitglieder „der Pflicht der ferneren Mitwirkung an der Vermögens-Ver-
waltung sich nicht entschlagen und werden daher in der Ausübung dieser Pflicht
verharren, wobei sie erklären:

1. ) daß sie daß Zustandekommen der bestätigten Statute als einen im
Gesetze begründeten Akt nicht anerkennen können;

2. ) sich gleichzeitig dagegen verwahren, daß aus ihrer ferneren Mitwirkung
an der Vermögens-Verwaltung eine Folgerung auf die Gesetzlichkeit und Rechts¬
beständigkeit der betreffenden Organisations-Statute zulässig sei."

Getreu dieser Anschauung erschienen die sächsischen Mitglieder auch in der
ordentlichen Generalversammlung, die am 27. Dezember zusammentrat, um das


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[0421] führt worden, wird die Gesetzlichkeit jener Aenderungen auch nicht im mindesten geschwächt; denn indem die Majorität durch ihr erwähntes widersetzliches Ver¬ halten die Ausübung des ihr, durch das Gesetz gewährten Rechtes freiwillig abgelehnt hat, hat sie selbst auf diese Weise das gesetzliche Vertretungsrecht der Generalversammlung der Minorität überlassen, und war daher auf diese Weise die Minorität im Namen der Generalversammlung berufen, die fraglichen Organisationsentwürfe innerhalb der Schranken meiner Bemerkungen und im Geiste derselben zu verhandeln, und sie hat in Folge dessen die Organisirungs- Vorschläge, von ihrem gesetzlichen Rechte Gebrauch machend, in der durch den Vorsitzer der Generalversammlung mir gleichzeitig unterbreiteten Gestalt fest¬ zustellen." Dabei sollten auch einige Ausstellungen des Ministers an dem ein¬ gereichten Entwurf beseitigt werden. Gehorsam führte die romanische Minorität — zwei von vierzehn! — auch diesen Auftrag aus, ohne daß die sächsische Majorität sich daran betheiligte. Auch wurde der so „verbesserte" Entwurf gar nicht zur Abstimmung gebracht, weil nach der eigenartigen Rechtsanschauung des Ministers und des Ober¬ gespans die Mehrheit durch ihre Weigerung, den von ihr als unberechtigt auf¬ gefaßten Geboten der Behörden sich zu unterwerfen, ihr Recht zur Mitberathuug »freiwillig abgelehnt" hatte, fondern einfach verlesen und sodann das ganze Werk durch ministeriellen Erlaß vom 13. Januar 1878 bestätigt oder vielmehr der widerstrebenden Generalversammlung aufgezwungen. In diesem Sinne faßte auch die sächsische Mehrheit den ganzen Vorgang auf. In einer zu Protokoll gegebenen Erklärung führte sie aus: Die Orga- nisations - Statute seien auf ungesetzlichen Wege durch eine dem Sinne und Wortlaute des Gesetzes von 1876 zuwiderlaufende Oktrohirung des Mini¬ steriums zu Stande gekommen, daher selbst ungesetzlich, überdies materiell mit jenem Gesetz nicht im Einklang. Wenn nun auch nach Lage der Dinge der Versuch, der Rechtsüberzeugung der Universität Eingang zu verschaffen, als fruchtlos angesehen werden müsse, so können doch, fährt die Erklärung fort, ihre Mitglieder „der Pflicht der ferneren Mitwirkung an der Vermögens-Ver- waltung sich nicht entschlagen und werden daher in der Ausübung dieser Pflicht verharren, wobei sie erklären: 1. ) daß sie daß Zustandekommen der bestätigten Statute als einen im Gesetze begründeten Akt nicht anerkennen können; 2. ) sich gleichzeitig dagegen verwahren, daß aus ihrer ferneren Mitwirkung an der Vermögens-Verwaltung eine Folgerung auf die Gesetzlichkeit und Rechts¬ beständigkeit der betreffenden Organisations-Statute zulässig sei." Getreu dieser Anschauung erschienen die sächsischen Mitglieder auch in der ordentlichen Generalversammlung, die am 27. Dezember zusammentrat, um das

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341829_157663/421>, abgerufen am 29.12.2024.